Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
sehr aufrichtig. Ich will dich nicht verletzen.«
»Dann befürchtest du also, du wirst mich auf irgendeine Weise verletzen?«
Sie schluckte und ihr Blick wandte sich von seinen Augen ab. »Ja.«
Ihre Stimme war gesenkt und kaum mehr als ein Hauch. Er fühlte, wie Traurigkeit auf ihn einstürmte, bis er innerlich Schmerzen empfand und wusste, dass nicht er, sondern sie es war, die das Gefühl erzeugte.
Er ignorierte ihre stumme Zurückweisung und stellte sich dicht vor sie, drang in ihren persönlichen Raum ein und nahm ihr Gesicht in seine Hände. »Ich bin erwachsen, Judith. Du brauchst mich nicht zu beschützen und ich will auch gar nicht von dir beschützt werden. Ich kann sehr wohl auf mich selbst und die Meinen aufpassen. Sehen wir einfach, wohin es uns führt, und nimm zur Kenntnis, dass ich ordnungsgemäß gewarnt worden bin.«
Ihre dunklen Augen sahen ihn forschend an. »Es gibt Mächte, die …« Sie ließ ihren Satz abreißen, holte Atem und versuchte es noch einmal. »Du könntest körperliche Schäden davontragen, Thomas, nicht nur emotionale Verletzungen, als ob das noch nicht schlimm genug wäre. Ich darf nicht zulassen, dass es dazu kommt.«
Er beugte sich zu ihr vor und küsste ihren erotischen Mund. Sie machte sich Sorgen um ihn. Sorgen. Dieses Wissen ließ eine Woge von Glück in ihm aufschäumen. Er hatte bisher niemanden gehabt, der sich Sorgen um ihn machte. »Es wird nicht dazu kommen, Judith. Lass uns jetzt einfach mit dem Traktor fahren und alles andere für den Moment vergessen. Wir sind auf deiner Farm, die Vögel singen und das Wetter ist ideal. Wir haben diesen Moment für uns und der Rest der Welt ist weit weg.«
»Bist du sicher?«
»Absolut sicher. Außerdem hast du es mir versprochen.« Er küsste sie wieder und kehrte dann auf den Pfad zurück, den sie eingeschlagen hatten.
Judith zögerte und rieb ihre Hand wieder an ihrem Oberschenkel, als juckte sie. Seine eigene Handfläche juckte nicht wirklich – es war eher ein Brennen. Judith kam an seine Seite und verflocht ihre Finger mit seinen. Sie liefen über den gewundenen Pfad, der sich in den nächsten Kreis des Gartens hinausschlängelte, eine lockere Bepflanzung mit kunstvoll platziertem Ahorn und Trauerweiden und dazwischen, mit einer Vielzahl von Farnen an beiden Ufern, ein plätschernder Bach, der in die weitläufigen Gärten einbezogen worden war.
Sowie sie aus dem Schutz der Trompetenbaumgewächse in die offene Landschaft hinaustraten, sprang Stefans innere Warnanlage an und lief auf Hochtouren. Sie waren nicht allein. Jemand pirschte sich in diesem kleinen Paradies, das Judith erschaffen hatte, an sie heran, und ihm war das recht. Stefan Prakenskij konnte mit Schlangen im Garten fertigwerden.
7.
W er lebt sonst noch hier, Judith?«, fragte Stefan. Sein Plauderton zeigte kein allzu großes Interesse, sondern lediglich den Versuch, sich über ein unverfängliches Thema zu unterhalten.
»Die Farm hat zweiundfünfzig Hektar und jede von uns hat zwei Hektar für sich, damit wir unsere eigenen privaten Häuser haben. Es gibt sechs Häuser hier.« Sie zögerte einen Moment, doch er bezweifelte, dass es jemand anderem aufgefallen wäre. »Meine Schwester Rikki ist verheiratet.« Ihre Stimme legte Tempo zu. »Wir haben einen zentralen Treffpunkt, wo wir grillen und trainieren. Mittlerweile haben wir einen ziemlich guten Trainingsraum. Lissa legt großen Wert auf gute Gesundheit von Körper und Geist. Sie hat sich da richtig reingekniet.«
Sie war schnell darüber hinweggegangen, dass Rikki verheiratet war. Würde Lev so weit gehen, um seine Spuren zu verwischen? Er wäre nicht der Erste gewesen, der das tat, doch die Resultate waren immer für beide Parteien verheerend gewesen. Einen so schrecklichen Fehler würde er doch bestimmt nicht machen. Wenn allerdings sein Leben davon abhing … Stefan fluchte tonlos. Natürlich würde Lev jede Frau ausnutzen, um am Leben zu bleiben. Er hätte gar keine andere Wahl gehabt.
Er ging ein kalkuliertes Risiko ein. »Vielleicht solltest du mir sagen, welche Themen tabu sind, Judith, damit ich hier keine Fehler mache. Natürlich interessiere ich mich für dein Zuhause und für deine Familie, aber wenn dir nicht wohl dabei zumute ist, irgendwelche persönlichen Dinge preiszugeben, werde ich mich bemühen, es zu verstehen.« Das war eindeutig ein Manöver aus Stefan Prakenskijs Repertoire – sie in die Ecke zu drängen –, etwas, das Thomas Vincent nie auch nur in Betracht ziehen
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