Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
sie keine Schwierigkeiten haben, jedes der Elemente zu ihrem Vorteil zu nutzen. Jetzt sah er die erstaunlichen Gärten, die zahllosen Gemüsereihen und die Haine und Baumgruppen noch einmal in einem ganz anderen Licht.
Gemeinsam mussten sie unglaubliche Macht besitzen, insbesondere, da sich Judiths Geist durch jede der Gaben wob. Eine von ihnen war eng mit der Erde verbunden: Lexi. Sie würde Dinge wachsen und gedeihen lassen.
»Ich kann kaum glauben, was ihr hier geleistet habt.«
Sie wies auf einen kleinen, offenen geländegängigen Wagen. »Den können wir benutzen, um zum Kernstück der Farm zu gelangen. Lexi hat den Traktor kürzlich auf einem neuen Feld benutzt. Sie hat gesagt, dort könnten wir damit rumspielen, ohne irgendwelche Pflanzen zu gefährden.«
»Hat sie immer gleich Angst um ihre Pflanzen, wenn man mit dem Traktor fährt?«
Sie schnaubte verächtlich. »Sie hat auf deine mangelnden Fähigkeiten angespielt, nicht auf meine.«
Echtes Gelächter fühlte sich ganz erstaunlich an. Diese Frau hatte ihn mehr Dinge zum ersten Mal erleben lassen, als er für möglich gehalten hatte. Einander zu necken war ihm vollkommen fremd, und doch stellte er fest, dass es ihm riesigen Spaß machte. »Ich warne Sie, Miss Henderson, ich lerne sehr schnell.«
»Das werden wir ja sehen.«
Er ertappte sich dabei, dass er die Vorteile gegeneinander abwog, um zu entscheiden, ob er sich erst mal ungeschickt anstellen sollte oder gleich angeben durfte. Dann überließ er ihr den Fahrersitz und setzte sich in dem türlosen Fahrzeug neben sie. »Dann ist Lexi also eine echte Farmerin und du malst.«
»Vergiss meine Kaleidoskope nicht«, sagte Judith. »Ich liebe meine Kaleidoskope.«
»Du bist die Künstlerin. Erzähl mir etwas über Rikki. Du hast gesagt, sie sei verheiratet. Was tut sie?«
»Sie ist Seeigeltaucherin. Sie liebt das Meer.«
Der Stolz in ihrer Stimme entging ihm nicht. Sie hatte eine Schwäche für Lexi, aber Rikki lag ihr sehr am Herzen. Ihre Augen leuchteten auf und sie verströmte Wärme und Glück. Er gestattete seinem Geist, ihren noch ein Weilchen länger in sich aufzunehmen, um ihre Freude zu fühlen, wenn sie über ihre Schwestern sprach.
»Das ist ein seltsamer Beruf.« Eine Affinität zum Meer. Zum Wasser. Stefan sah sich auf der Farm um und betrachtete die gedeihenden Pflanzen, und dann blickte er zum Himmel auf. Ein Wasserelement wäre in der Lage, Regenfälle zu beeinflussen und der Farm zu dringend benötigtem Wasser zu verhelfen, damit alles gedieh.
»Du meinst, für eine Frau?«
Er grinste, als er eine Spur von Schärfe aus ihrem Tonfall heraushörte, und stieß sie mit seiner Schulter an. »Judith, du bist eine verkappte Feministin, stimmt’s? Nein, ich meinte damit, dass ich nie auch nur auf den Gedanken gekommen bin, Seeigeltaucher zu werden. Sag mir die Wahrheit. Hast du etwa jemals mit dem Gedanken gespielt?«
Sie brach in schallendes Gelächter aus. »Nein, natürlich nicht. Rikki ist autistisch. Sie braucht das Meer, wie der Rest von uns Luft braucht. Der Druck des Wassers und die zurückgezogene Lebensweise – davon fühlt sie sich angesprochen. Aber du sollest sie sehen, Thomas, wenn sie in ihrem Boot oder im Wasser ist. Dann ist sie einfach unglaublich.«
»Autistisch.«
Stefan versuchte sich vorzustellen, wie das wäre. Welcher verfluchte Wurm könnte so tief sinken, eine autistische Frau auszunutzen, um sich hinter ihr zu verstecken? Der Teufel sollte seinen Bruder holen. Rikki musste draußen auf dem Meer gewesen sein, als die Yacht, auf der Lev gearbeitet hatte, untergegangen war. Sie musste ihn aufgegriffen haben, und da er gründlich in der Kunst des Überlebens ausgebildet worden war, hatte Lev sich schnell angepasst und die arme, arglose Frau davon überzeugt, dass er sie liebte. Stefan war wütend auf seinen Bruder, weil er sie geheiratet hatte.
»Ist ihr Ehemann ebenfalls autistisch?«
Ein Schatten glitt über sie, und als er aufblickte, sah er eine Vogelschar, die über ihren Köpfen kreiste.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Ich weiß nicht viel über Autismus«, gestand er. »Ich dachte mir nur, vielleicht könnten zwei Menschen, die auf ähnliche Weise anders sind als die meisten Leute, einander finden.«
»Danke, dass du nicht behindert gesagt hast. Rikki ist anders, aber ihr fehlt nichts, sie ist gesund, sie ist im Einklang mit sich selbst und sie ist ein wunderbarer Mensch. Zum Glück ist ihr Mann auch dieser Meinung. Er ist nicht autistisch, aber
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