Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
heimsuchen wollten, aber Judith hatten sie fest im Griff, und sie weigerten sich, ihre Umklammerung zu lockern. Es würde schwierig werden, denn sie würde es ihm so schwer wie möglich machen, mit ihr zusammen zu sein.
Er wollte sie ganz und gar. Er setzte alles für sie aufs Spiel. Sein Leben. Seinen Seelenfrieden. Dieses winzige Stückchen Menschlichkeit, das er vor seinen Ausbildern verborgen hatte. Es war nicht mehr als ein dünnes Scheibchen, aber es war da, es war echt und es war das Einzige, was noch von Stefan Prakenskij übrig war. Und eben das vertraute er ihrem Gewahrsam an. Für sie würde er seine echten Gefühle aufs Spiel setzen und er würde sich nicht damit begnügen, dass sie ihm weniger gab. Im Austausch für seine Seele würde sie ihm ihre Seele anvertrauen. Ja, verdammter Mist, dieses eine Mal in seinem Leben würde er dieser verfluchte Ritter in der schimmernden Rüstung sein, ob sie glaubte, es zu wollen, oder nicht.
Sie stand da und sah so tragisch und so herzerweichend schön aus, dass er ihr unmöglich widerstehen konnte. Er zog sie in seine Arme, während die Kolibris zwischen den leuchtend bunten Trompetenblumen herumschwirrten, und brachte seinen Mund an ihr Ohr, damit seine Lippen beim Flüstern diese vollendete kleine verführerische Muschel streiften.
»Weine nicht, denn sonst bleibt mir keine andere Wahl, als dein Held zu sein und dich vor dir selbst zu retten.« Seine Zähne bissen zart in ihr Ohrläppchen und zogen daran.
Er hoffte, dass die Kolibris kein Bestandteil von Levs Überwachungssystem waren, denn er würde sie wieder küssen und hoffen, Judith würde sie beide davor bewahren, dass die Dinge zu sehr außer Kontrolle gerieten. Er kannte den Humor seines Bruders nicht allzu gut, konnte sich aber durchaus vorstellen, dass er diese kleinen scharfen Schnäbel auf seine Haut loslassen würde. Deshalb stieß er Judith rückwärts tiefer in die Deckung der großen Trompetenbaumgewächse, und schon während er das tat, senkte sich sein Mund auf ihre Lippen.
Er fühlte die Verschiebung unter seinen Füßen, die Verstärkung seiner Sinne, bis sie alle geschärft waren, als ihr Geist ungehindert floss. Um sie herum flackerte Kraft auf, durchzuckte ihn und trug noch mehr zu der Glut bei, die durch seinen Körper strömte. Elektrische Funken ließen seine Haut knistern. Er fühlte die plötzliche Steigerung seiner eigenen übersinnlichen Gaben und wusste, dass ihr Geist schnell mit seinem Geist verschmolz. Seine linke Handfläche brannte in der Mitte und er ließ den Kuss abreißen, packte ihre linke Hand und hob ihre Handfläche hoch.
Judith wirkte verwirrt und etwas ängstlich. »Was tust du da?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er aufrichtig und stieß Luft zwischen sie, während er seine linke Handfläche an ihre hielt.
Sie schrie auf und riss ihre Hand zurück, hielt sie dicht an sich und sah ihn mit einem schockierten Gesichtsausdruck an.
»Lass mal sehen.«
Seine Finger legten sich sehr sanft um ihr Handgelenk, während er von ihrer Hand Besitz ergriff. Als sie Widerstand leistete, gab er ihrem Handgelenk einen unerbittlichen Ruck, denn er wusste, wie weit er sich bereits von Thomas Vincents Drehbuch entfernt hatte und dass er demnächst schleunigst sehen musste, wie er das wieder zurechtbog. Stefan führte zu jedem Zeitpunkt das uneingeschränkte Kommando, wogegen Thomas sorgsam darauf achten würde, Judith zu nichts zu drängen.
Er drehte ihre Hand um und sah das Brandmal dort, zwei Kreise, die miteinander verflochten waren. Die Kreise erschienen ihm im ersten Moment wie eine offene Wunde, als seien sie frisch eingebrannt, doch als er mit seinem Daumen darüberstrich, verblasste das Mal. Er stieß heilende Luft in ihre Richtung. Dieses Mal hatte er bisher nur ein einziges Mal gesehen, als Kind auf der Hand seiner Mutter, als sein Vater aufgeblickt und sie vom anderen Ende des Zimmers aus geheimnisvoll angelächelt hatte.
»Was ist passiert? Das war doch bloß Luft.« Sie blickte zu ihm auf und sah ihm fest in die Augen. »Oder nicht?«
»Wovor fürchtest du dich so sehr, Judith?«, fragte er noch einmal, doch diesmal war es eine sanfte Aufforderung.
Sie zog ihre Handfläche zurück und rieb sie mit einem Stirnrunzeln an dem Jeansstoff auf ihrem Oberschenkel. Als er eine Hand ausstreckte, um eine kleine Falte zwischen ihren Augen glattzustreichen, wich sie zurück. »Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich kein guter Mensch bin, Thomas. Ich war dir gegenüber
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