Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Gesichtsausdruck zeigte sich jetzt wieder eine Spur von Traurigkeit und er fühlte, wie ihre Stimmung abstürzte und sie von Grauen erfüllt wurde – und folglich auch er. Hier gab es Ärger, und zwar nicht nur den, den er mitgebracht hatte.
»Weshalb solltet ihr nicht bleiben können?«
Sie warf auf diese typisch weibliche Art ihr Haar über ihre Schulter zurück. Die Geste erschien ihm plötzlich sexy, ein Aufruf, reiner Versuchung zu erliegen. Er stellte fest, dass er ihren Hals, ihr Profil, diese langen Wimpern und ihren sinnlichen Mund ansah.
Judiths Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Lass das. Diesmal bist du es, nicht ich.«
Er grinste sie an und war erstaunt über die echten Gefühle, die gemeinsam mit der Glut durch sein Inneres strömten. »Tut mir leid. Du bist so verflucht schön, Judith. Ich werde jetzt wirklich versuchen, mich zu benehmen.«
»Streng dich mehr an«, schalt sie ihn aus. »Ich erwarte von dir, dass du mir hilfst.«
»Glaube mir, Süße, ich helfe dir. Wenn es nach mir ginge …« Er ließ seinen Satz in der Luft hängen und beobachtete die Röte, die langsam unter ihrer Haut aufstieg und sie verlockend glühen ließ. »Lenk mich ab. Erzähl mir, warum du glaubst, ihr könntet dieses kleine Paradies verlassen, das du gemeinsam mit deinen Schwestern erschaffen hast, denn wenn ich hier leben würde, könnte mich nichts zum Fortgehen bewegen.«
Etliche Krähen stießen laute Rufe aus, das unverwechselbare Krächzen, das fast wie ein Tadel klang. Winzige Kolibris bewegten sich von Blume zu Blume und kleine Flügel bewegten sich so schnell durch die Luft, dass er den Klang hören konnte, als sie um seinen Kopf herumschwirrten und seinem Gesicht bedrohlich nahe kamen. Seine Schulter streifte ihre und er zog sie etwas näher an sich und unter den Schutz seiner Schulter. Sie war groß, aber er war größer, und es war ein ganz natürlicher Wunsch, sie vor den umherschwirrenden Vögeln zu beschützen.
Sie schwieg lange Zeit, während sie dem verschlungenen Weg durch die Blumen und Sträucher folgten, der zu den äußeren Gärten führte. Ihm fiel auf, dass die verschiedenen Blumensorten in breiten einfarbigen Reihen angepflanzt waren. Dadurch entstanden spektakuläre Regenbögen und wogende Felder leuchtender Farben. Den kürzeren Stängeln folgten größere Sträucher, Felder von Rhododendron in jedem Farbton. Sie wuchsen in die Höhe und in die Breite und bildeten einen Schutzschild um ihre inneren Gärten herum. Gewaltige Trompetenbaumgewächse mit rosa, weißen, roten und goldgelben Blüten umgaben das Haus mit einer weiteren Schutzschicht. Überall tummelten sich Schmetterlinge und Hummeln und wetteiferten miteinander um den süßen, klebrigen Nektar der lockenden Blüten.
Seine Hand schloss sich fester um ihre und brachte sie dazu, inmitten der hoch aufragenden Farbenpracht stehen zu bleiben. »Du brauchst es mir nicht zu sagen, aber ich kann fühlen, wie sehr es dir zusetzt. Vielleicht kann ich dir helfen.«
Mit steifen Schultern stand sie vor ihm und schüttelte den Kopf; ein kleines unechtes Lächeln stand auf ihrem Gesicht, als sie sich weigerte, zu ihm aufzublicken. »Wir haben uns gerade erst kennen gelernt, Thomas. Da möchte ich dir nicht meine Probleme aufhalsen.«
»Du kennst mich gut genug. Ich sehe dich, Judith, sogar die Seiten von dir, die du vor dem Rest der Welt verbirgst. Die du sogar vor deiner Familie verbirgst. Ich habe erkannt, dass du ein Geistelement bist.« Er holte Atem und schnitt ihr den Weg durch den Dschungel von Trompetenbaumgewächsen ab. »War es ein Mann, der dich verletzt hat? Du nimmst dich sorgsam in Acht, Judith. Du lässt mich dich in meinen Armen halten und ich weiß, dass du es mir erlauben würdest, Sex mit dir zu haben, aber du würdest dich niemals von mir lieben lassen. Du willst keine Liebe. War es ein anderer Mann?«
Sie blinzelte mehrfach rasch hintereinander und sein Herz blieb stehen. Sie war den Tränen nah; sie schnürten ihre Kehle zu und brannten hinter ihren Augen. Er fühlte sie so deutlich, als sei er derjenige, der jeden Moment weinen würde. Die Geister ihrer Vergangenheit waren sehr nah gekommen, standen zwischen ihnen, hielten ihn fern und zwangen ihn, Abstand zu ihr zu halten, stumme Gespenster, die es ihm unmöglich machten, sie zu haben.
Stefan fürchtete sich nicht vor Gespenstern; es gab zu viele davon in seiner Vergangenheit, um sich jemals Sorgen wegen dieser unsichtbaren Erscheinungen zu machen, die ihn
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