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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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engstem Raum standen sich die beiden Nase an Nase gegenüber.
    Henrys Augen tränten in der plötzlichen Helligkeit und er
zischte: „Bist du mir gefolgt?"
    Der Geist verschwand wortlos.

Vier
    Vicki lag mit angespannten Sinnen im Dunkeln und forschte
nach Anzeichen für die Anwesenheit eines Geistes. Laut Henry hätte sie Kälte
und ein eindeutiges Gefühl der Verunsicherung spüren müssen. Angeblich war es
unmöglich, den Geist nicht mitzubekommen.
    „Warum kriege ich ihn dann nicht mit?" murmelte sie
verärgert, stützte sich auf den Ellbogen und knipste die Nachttischlampe an.
    Im Zimmer lag Henrys Geruch; ansonsten war es leer.
    Draußen vor der Tür, in der Wohnung, klingelte das
Telefon.
    „Wer hat angerufen?"
    Celluci legte den flachen, fast formlosen, hochmodernen
Hörer wieder zurück auf die Gabel. „Henry", sagte er, ohne sich
umzudrehen.
    „Wenn er wissen will, welche Frage ich dem Gespenst
gestellt habe, hat er Pech gehabt." Vicki lehnte sich mit der Schulter an
die Wohnzimmerwand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Unser
übersinnlicher Freund ist nicht aufgetaucht."
    „Aufgetaucht schon." Mike holte tief Luft und atmete
ganz langsam wieder aus. Alles war mit einem Mal sehr viel komplizierter
geworden. „Er ist Henry gefolgt. Ist ihm heute abend erschienen, wie
gehabt."
    „Scheiße. Was jetzt?"
    „Er kommt zurück."
    „Hierher?"
    „Hierher."
    Vicki richtete sich auf, und ihre Stimme wurde lauter.
„Was erwartet er nun von mir?"
    „Das hat er nicht gesagt." Mit ausgebreiteten Händen
wandte sich Mike endlich zu Vicki um. Sie trug ein übergroßes Herrenhemd, hatte
sich aber nicht die Mühe gemacht, die Knöpfe zu schließen. Celluci war einen
Moment lang abgelenkt, schob dieses Gefühl aber energisch beiseite und fügte
grimmig hinzu: „Ich sehe das so: Wir haben die Wahl. Entweder wir gehen heim,
oder wir bleiben, und du kriegst die Chance zu beweisen, daß du doch recht
hattest."
    Vicki kniff die Augen zusammen. „Falls du das vergessen
haben solltest: Wir haben bereits bewiesen, daß Henry recht hatte. Wir können
nicht zusammen sein, ohne aneinanderzugeraten."
    Celluci seufzte und lehnte sich mit der rechten Hüfte an
den Eßtisch. „Vicki, auch wir beide können nicht Zusammensein, ohne uns zu
streiten, aber das hindert uns nicht daran, es trotzdem zu tun. Wenn du meinst,
Fitzroy kann mit seinem Problem nicht allein fertig werden - wobei ich dir übrigens
zustimmen würde, falls es dich interessiert -, dann müßt ihr beide irgendwie
miteinander klarkommen."
    „Wie sollen wir mit einem biologischen Imperativ
klarkommen?"
    „Du bist doch diejenige, die immer gesagt hat, du würdest
dich nicht von biologischen Gegebenheiten beherrschen lassen."
    Sie zögerte einen Augenblick und blickte dann zu Boden.
„Ich habe mich geirrt."
    Es war Mike nie schwergefallen, Vickis Gedanken zu
erraten, und ihre kürzlich vollzogene Metamorphose hatte daran nichts geändert.
Wenn sie bereit war, einen Irrtum einzugestehen, ohne daß dazu eine mehrstündige
hitzige Debatte nötig war, in deren Verlauf ihr ein Dutzend handfester Beweise
vorgelegt werden mußte, dann zeigte das, wie sehr ihre Niederlage im Kampf mit
Henry ihr Weltbild ins Wanken gebracht hatte, nämlich weitaus stärker, als
Celluci bisher angenommen hatte. Es wurde Zeit, dieses Weltbild wieder gerade
zu rücken. „Er hat den Kampf mit Absicht heraufbeschworen. Er hatte nicht vor,
euch beiden die Chance zu geben, miteinander auszukommen."
    Vickis Blick löste sich abrupt vom Hartholzmuster des
Parkettfußbodens, und sie blickte dem Freund direkt ins Gesicht. Ihre Augen
funkelten. „Weißt du das genau?"
    „Das hat er zugegeben, ehe er abfuhr."
    „Aber du sagst es mir erst jetzt?"
    „Aber hallo!" Mike hob beide Hände auf Brusthöhe -
bestenfalls eine symbolische Verteidigungsgeste. „Ich bin hier nicht der
Böse!"
    „Nein." Mit zusammengebissenen Zähnen rang Vicki
darum, sich den Kampf, wie er wirklich stattgefunden hatte, noch einmal vor
Augen zu führen, ihn von all den Gefühlen zu befreien, mit denen die Ereignisse
des frühen Abends in ihrem Kopf verknüpft waren.
    „Du hast darauf bestanden, wir könnten
zusammenarbeiten", hielt er ihr spöttisch entgegen.

„Könnten wir auch, wenn du dein Fürst-der-Finsternis-Gehabe
einstellen und ein paar Schritte zurückweichen würdest."
    „Oh, dieser lausige Huren..." Alle Flüche der Welt
schienen irgendwie unangemessen. Vickis Hände ballten sich zu Fäusten.

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