Huff, Tanya
zurenken. „Noch so ein Partner auf Zeit
wie der letzte, und ich hätte mir auch sechs Wochen freigenommen."
„Wer zum Teufel hat hier die ganzen Ringe von
seinem Kaffeebecher auf meinem Tisch verteilt?"
„Andererseits", fuhr Dave nachdenklich fort, während
Celluci laut stark alle Kollegen bezichtigte, seine
Sachen in Unordnung gebracht zu haben, „war es hier ohne dich doch sehr
viel ruhiger."
„Willst du dir eins von denen
kaufen, Mike?"
„Was?" Celluci blickte von der
Taschenbuchauslage hoch und sah sei nen Partner finster an.
„Du starrst das Buch jetzt seit fünf Minuten an. Ich dachte,
vielleicht suchst du was Leichtes zum
Lesen." Dave griff um Cellucis Kopf herum nach dem Buch, auf dessen Cover
ein blonder Hüne eine halbnackte Brü nette
in den Armen hielt. „,Mit vollen Segeln dem Schicksal entgegen, von Elizabeth
Fitzroy. Sieht aus wie ein Bestseller. Da denkt man nun, man kennt
seinen Kumpel...", Dave drehte das Buch um und betrachte te die Rückseite, „... und auch seinen Geschmack,
und dann so was. Was denkst du? Kriegt Captain Roxbourough am Ende die
süße Veronica? Oder steht das von vornherein fest?"
„Himmel,
Dave, wir sind hier in einem Einkaufszentrum! Vielleicht sieht dich jemand." Celluci packte das Buch
und schob es zurück in die Auslage.
„Hey, du hast doch angehalten um zu stöbern",
beschwerte sich Dave, als sich die beiden Detectives wieder in
Gang setzten. „Du warst es doch..."
„Ich kenne die Autorin, reicht dir das?
Und nun Themenwechsel."
„Du kennst eine Schriftstellerin? Und ich dachte, du
kannst nicht mal lesen." Sie sahen einer Gruppe
männlicher Teenager zu, die vorbeischlenderte, um dann in einem Sportgeschäft
zu verschwinden. „Wie ist sie so? Lebt sie in
Toronto?"
Er
ist ein Vampir. Er lebt in Vancouver. „Themenwechsel, hab' ich
gesagt!"
Überall in der Stadt traf er auf Teile von Vicki - die
Gegend, in der sie gewohnt hatte, ihr Lieblingscafe, eine
Prostituierte, die sie einmal verhaf tet hatte - all das nagte an Cellucis
Fähigkeit, mit den Dingen fertig zu werden. Jetzt fand er auch noch Teilchen
von Fitzroy, und jedes Mal, wenn er auf
dieses verdammte Buch stieß, war das wie Salz auf seine Wunden. Glücklicherweise konnte er den Schmerz
inzwischen besser ver stecken.
Er hatte selbst den Polizeipsychologen davon überzeugt,
daß es ihm wieder gut ginge.
„...
und in Vancouver gehen die Morde im Stanley Park weiter. Noch ein stadtbekannter Drogendealer wurde in der Nähe
des Teehauses am
Ferguson Point gefunden. Wie
auch bei den drei vorangegangenen Fäl len scheint es, als sei der Kopf vom Rumpf gerissen
worden, und aus zu verlässigen
Quellen im Büro des Staatsanwalts wissen wir, daß sich auch diesmal kein Blut mehr im Körper des
Opfers befand."
Celluci packte das Aluminium der Bierdose
fester und zerdrückte sie. Unverwandt starrte er auf den Bildschirm und merkte
gar nicht, wie die Flüssigkeit ihm über die Hand auf den Teppich tropfte.
„Die Polizei steht nach wie vor vor einem
Rätsel, und einer der Beam ten, die in der Mordnacht das Teehaus unter Beobachtung
hielten, gab offen zu, daß er nichts
gesehen hat. Spekulationen in der Presse reichen von der Ankunft einer neuen mächtigen Mafiagruppe im Bezirk Vancou ver, die gegen die Konkurrenz vorgeht, bis zu der
Vermutung, das legen däre Wesen Big
Foot könne erzürnt dort im Park sein Unwesen treiben.
In Edmont..."
Kein Blut mehr. Celluci drehte den Ton ab
und starrte unverwandt auf den Nachrichtensprecher der CBC, der
nun ohne ihn und unhörbar wei ter die Nachrichten von nationaler
Bedeutung verlas. Kein Big Foot, ein Vampir. Ein
neuer, ganz junger Vampir, der lernt, seinen Hunger zu stil len.
Man reißt wohl den Kopf ab, um die ersten unbeholfenen, in der Raserei
entstandenen Spuren von Fangzähnen zu verdecken. Fitzroy war dazu
stark genug. Dann den toten Drogendealer im Park liegenzulassen, als Mahnmal
sozusagen, das trug eindeutig Vickis Handschrift.
„Gottverdammte Bürgerwehrvampire!"
murmelte der Detective hinter Zähnen, die er so heftig
zusammengebissen hatte, daß es in seinen Schläfen zu pochen begann. Ehe
Fitzroy aufgetaucht war, hatte Vicki noch gewußt, daß Recht und Gesetz zu den
wenigen Konzepten zählten, mit denen sich Chaos in Schach halten ließ. Damals
hätte sie - mochte sie noch so sehr gewünscht haben, ein paar
von den Kakerlaken, die auf zwei Bei nen durch die Gossen
ihrer Stadt schlichen, einen Kopf kürzer zu machen - die Justiz niemals
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