Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Philosophen, welche die Vorsehung für ihren Unterhalt besteuern und ein freies unbelastetes Besitzthum in der Sonne haben, wie Diogenes. Seine Kleidung war, seinen Vermögensumständen gemäß, stark mit Franzen eingefaßt, sein Helm war das Fragment eines Hutes in der Gestalt eines Zuckerhutes, und er trieb die Verachtung gegen die Mode so weit, daß man behauptet, er habe die Rudera seines Hemdes, das wie ein Schnupftuch hinten aus den zerrissenen Beinkleidern heraussah, nie waschen lassen, außer durch den milden Regen des Himmels. So sah man ihn oft sich mit einer Heerde von Philosophen am Mittage am großen Canal in Amsterdam sonnen. Wie der Adel in Europa nannte er sich Kortlandt (frei übersetzt: Herr von Habenichts) von den Landgütern, die im Monde lagen.
Bei dem Namen des zweiten Helden müssen wir doch wieder die Mythologie etwas zu Hülfe nehmen. Er hieß Van Zandt oder frei übersetzt vom Koth . Er war wie Triptolemus, Themis, die Cyklopen und die Titanen, ein Sohn der Erde. Diese heidnische Vermuthung erhält ihre Bestätigung in seiner athletischen Gestalt, denn er war ein langer, dürrer Kerl, gegen sechs Fuß hoch, mit einem erstaunlich harten Kopf. Er theilt mit unsern angesehensten, reichsten Leuten den gesegneten Ursprung – vom Mist.
Von dem dritten Helden ist nur eine schwache Andeutung auf die Nachwelt gekommen, wornach er ein hartnäckiges, eigensinniges, dickes, lärmendes, kleines Kerlchen war und gewöhnlich bocklederne Hosen trug; man hieß ihn vertraulich Harden-Broeck oder Zäh-Hosen .
Zehn-Hosen machte die Zahl der Abenteurer voll. Der Name «Ten-Broeck» konnte auf die Vermuthung leiten, als ob er die Sitte eingeführt, zehn Paar Hosen anzuziehen. Aber eine bessere Conjectur ist, daß Ten ein verdorbenes Tin oder Thin, dünn, ist, woher man schließt, daß er ein armer Teufel gewesen, der grade nicht die besten Beinkleider gehabt, und den man auch für den Verfasser jener wahrhaft philosophischen Stanze hält:
«So laßt und denn, Brüder, um Schätze nicht losen,
Hinweg mit dem Filistertand;
Ein fröhlicher Sinn und ein dünnes Paar Hosen
Geh’n frisch über Meer und Land!»
Diese übernatürliche Gabe war in seinem Dorfe eben so hoch geschätzt, wie bei den erleuchtetsten Nationen des Alterthums. Aehnlich dem klugen Ulysses, war er allemal besser mit dem Schlafen, als mit dem Wachen berathen, woher er denn auch den Namen Oloffe der Träumer erhielt.
Nach geschehener Auswahl der Mannschaft, sowie nach dringender Ermahnung an alle, ihr Haus zu bestellen, rüstete Oloff sich mit seinen Gefährten zur Reise.
Viertes Kapitel.
Wie die Helden von Communipaw nach dem Höllenthor reisten, und wie sie dort empfangen wurden.
Und nun begann das jungfräuliche Roth des Morgens im Osten sich zu verbreiten, und bald schoß die aufsteigende Sonne aus goldnem und purpurnem Wolkenmeere ihre fröhligen Strahlen auf die blechenen Wetterhähne von Communipaw. Es war die köstliche Jahreszeit, wo die Natur, aus der starren Knechtschaft des alten Winters erlöst, wie ein blühendes Mädchen von der Tyrannei eines filzigen, alten Vaters, mit tausend Reizen aufknospend, in die Arme des jugendkräftigen Lenzes sinkt. Jeder Strauch und jeder Blüthenhain ertönte von bräutlichen Melodieen, selbst die Insecten, die den Thau sogen, der das zarte Gras der Wiesen beperlte, stimmten in das fröhliche Brautlied mit ein; furchtsam regte sich die Blüthengestalt der Jungfrau, die Turteltaube zog durchs Gefild, und das Herz des Mannes schmolz dahin in Zärtlichkeit. O, süßer Theokrit, hätte ich dein Haberrohr, womit du einst die lachenden Ebenen Siciliens entzücktest – oder, milder Bion, deine Hirtenpfeife, an der sich die glücklichen Schäfer der lesbischen Insel so oft ergötzten, dann dürfte ich es wagen, mit sanfter Bukole oder nachlässigem Idyll die ländlichen Schönheiten dieser Scene zu feiern – so aber habe ich, um meine Begeisterung zu beflügeln, nur diesen stumpfen Gänsekiel, muß alle Spiele der Phantasie fahren lassen und meine Bahn in niedrer Prose fortsetzen, mich tröstend mit der Aussicht, zwar nicht so süß in das Ohr des Lesers einzudringen, doch mit jungfräulicher Schüchternheit mich seinem besseren Urtheil empfehlen zu dürfen, wenn ich mich in das keusche, einfache Gewand der Wahrheit kleide.
Kaum hatten die ersten Strahlen des gnädigen Phöbus die Fenster Communipaws vergoldet, als der weise Van Kortlandt aus seinem Schloß hervortrat, eine Muschelschale ergriff und
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