Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
einen grellen Ton ausstieß, der seine Gefährten zur Abfahrt mahnte. Sie kamen mit dem ganzen Dorf in langen Familienprocessionen herab, mit Bündeln und Schachteln beladen, nach der Sitte, wie man einen Vetter vom Lande aufs Marktschiff begleitet. Bei dem Einschiffen riefen ihnen die Angehörigen unter dem Lebewohl die gewöhnlichen unschätzbaren Warnungen zu, nicht zu ertrinken und sich gut zu verwahren – und bald hatten die Schiffenden die grünen Gestade Pavonia’s aus den Augen.
Zuerst berührten sie die beiden reizenden Inseln, die Communipaw fast gegenüberliegen, dann Governors-Island, welches jetzt stark befestigt ist. Um keinen Preis wären sie hier an’s Land gestiegen, da sie die Insel für den Aufenthalt von Geistern und Dämonen hielten, die in diesen Tagen durch das wilde, heidnische Land ihr Wesen trieben.
Grade kam eine Schaar von herrlichen Braunfischen oder Meerschweinen daher geschwommen, sie drehten die glatten Seiten nach der Sonne und spieen das salzige Element in funkelnden Strahlen aus. Der weise Oloff war hierüber sehr erfreut. «Dies,» – rief er, «weissagt uns Gutes – denn der Braunfisch ist ein fettes, wolconditionirtes Thier – ein Burgemeister unter den Fischen – sein Anblick deutet auf Gemächlichkeit, Ueberfluß und Glück – ich betrachte diesen runden, fetten Fisch mit Bewunderung, und zweifle nicht, daß er ein Unterpfand des guten Erfolges unserer Fahrt ist.» So redend, ließ er das kleine Geschwader diesen Rathsherrn der Gewässer folgen.
Sie wandten sich demnach links, in die Straße, die jetzt East-River genannt wird. Die rasche Strömung ergriff den Kübel des Commodore mit einer Heftigkeit, deren sich die nur an Canalfahrten gewöhnten Niederländer nicht versehen hatten; um so mehr glaubte Van Kortlandt in dem Schutz einer unsichtbaren Macht den Braunfischen nachzufliegen.
So flogen sie denn um die Corlears-Spitze (Corlears-Haken) und indem sie die reiche, gewundene Bai von Wallabout zur Rechten ließen, trieben sie in einem prächtigen Wasserspiegel, mit Küsten von erfrischendem Grün. Wie sie sich nun in diesem heitern, sonnigen Teich recht wohl zu fühlen begannen, sahen sie plötzlich in der Entfernung eine Gruppe bemalter Wilden, emsig mit Fischen beschäftigt; sie schienen mehr die unbekannten Gottheiten des Ortes und ihr zierliches Kanot schaukelte leicht wie eine Feder auf der sanftwallenden Fläche der Bai.
Die Gemüther der Helden von Communipaw geriethen in nicht geringes Entsetzen. Aber zum Glück stand am Bord des Commodore-Bootes ein tapfrer Mann, Hendrik Kip, welches soviel wie Hans Hasenfuß bedeutet. Kaum sah er diese heidnischen Schelme, als er vor lauter Ungeduld zu zittern anfing, und obgleich sie noch eine gute Viertelstunde entfernt waren, ergriff er den neben ihm liegenden Muskedonner, wandte den Kopf weg und feuerte mit großer Unerschrockenheit der lieben Sonne ins Gesicht. Das schwer geladene Gewehr prallte zurück und gab ihm einen argen Stoß, so daß er ins Boot plumpte und die Beine gen Himmel streckte. Aber die Wirkung des donnernden Geschützes war so groß, daß die wilden Waldmenschen erschreckt die Flucht ergriffen und eiligst in eine der tiefen Einfahrten von Long-Island zurückruderten.
Dieser entscheidende Sieg erfüllte die kühnen Seefahrer mit neuem Muth, und sie gaben der umgebenden Bai, der Heldenthat zu Ehren, den Namen Kip’s-Bai, den sie noch jetzt trägt.
Der gute Van Kortlandt schwärmte schon in süßen Träumen von den weiten Wiesen, den Salzsümpfen und den unabsehlichen Kohlfeldern, als die Ebbe eintrat, die ihn schier aus diesem Lande der Verheißung hinweggetragen hätte, wenn er nicht sogleich zum Landen commandirt hätte. Dies geschah bei den Felsenhöhen von Bellevüe, wo unser wackerer Rath für das Wohl der Republick gut ißt und trinkt, auch die Schildkröten mästet, die bei feierlichen Gelegenheiten geschlachtet werden.
Hier, auf der grünen Wiese, am Rande eines Flüßchens, das unter dem hohen Grase funkelnd dahinrann, erfrischten sie sich wieder und genossen die mitgebrachten reichlichen Vorräthe, worauf sie in ernstliche Berathungen eingingen. Dies war das erste Rathsessen zu Bellevüe und der Tradition zufolge ist hier auch der Ursprung der großen Feindschaft zwischen den Häusern Hardenbroeck und Tenbroeck zu suchen, die nachmals von so entscheidendem Einfluß auf den Bau der Stadt war. Der herzhafte Hardenbroeck, entzückt über die Salzsümpfe der Kip-Bai, rieth dorthin
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