Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
und ähnlicher Höllenerfindungen.
Einige Dichter, deren es in den Neuen-Niederlanden eine Menge gibt, benutzten das Verschwinden Wilhelms des Eigensinnigen in der Geschichte zu der Fiction, daß er gleich Romulus an den Himmel versetzt worden und in jenem kleinen feurigen Stern an der linken Scheere des Krebses glänze, während Andre, eben so phantasiereich, ihm das Schicksal Arthurs von der Tafelrunde geben, den die alten wälischen Barden nach dem lieblichen Feenland entführen lassen, wo er in alter Kraft und Herrlichkeit lebt, bis er einst zurückkehrt, um das Ritterthum, die Ehre und die unbefleckte Treue seiner Zeit wiederherzustellen, und ganz Britannien wieder zu regieren, wie auch Merlin der Zauberer weissagt [Fußnote: Diese Sagen treffen mit denen von Friedrich Barbarossa zusammen, der im Kyffhäuserberg wieder erwachen und sein Reich auf’s Neue antreten soll. – Anm. d. Uebers. ] .
Das alles aber sind Spinnengewebe der Phantasie, von jenen träumerischen Schelmen, den Poeten erfunden, denen meine ernsthaften Leser keinen Glauben beimessen werden. Zweien andern Ueberlieferungen kann ich eben so wenig Glauben schenken; die eine rührt von einem alten oder vielmehr apocryphischen Geschichtschreiber her und besagt, er habe durch den unversehenen Schlag eines Windmühlenflügels seinen Tod gefunden – ein späterer Schriftsteller aber meinte, er habe das Unglück gehabt den Hals abzustürzen und als Opfer eines philosophischen Experimentes zu enden, dem er schon mehrere Jahre nachgesonnen, daß er nämlich versucht habe, von dem Gaubloch des Stadtthurms aus Schwalben zu fangen, indem er ihnen Salz auf den Schwanz streuen wollte.
Die wahrscheinlichste Auskunft über sein Ende liegt in einer alten dunklen Ueberlieferung, daß die beständigen Sorgen, Reizungen und Aergernisse sein Hirn in so fortwährende Ofenhitze versetzt hätten, bis er, wie eine holländische Familienpfeife, die ihre drei Generationen von wackeren Rauchern durchlebt, völlig ausgebrannt sey. Auf solche Weise erfuhr Wilhelm der Eigensinnige eine Art von animalischer Verbrennung, die wie ein Binsenlicht verging, so daß der Tod, als er das Flämmchen vollends ausblies, kaum noch so viel übrig ließ, daß man es begraben konnte.
Fünftes Buch.
Erster Theil der Regierung Peter Stuyvesants und seine Händel mit den Amphictyonen.
Erstes Kapitel.
Erster Theil der Regierung Peter Stuyvesants und seine Händel mit den Amphictyonen.
Für einen tiefdenkenden Philosophen, wie ich bin, muß es eine Kleinigkeit seyn, zu wissen, was andre mit ihren Blicken nicht halbwegs durchdringen, daß nichts klarer und ausgemachter seyn kann, als daß der Tod eines großen Mannes etwas ganz Unerhebliches ist. Schon Plinius verglich auf diese Art die Welt mit einer wechselnden Schaubühne. Weise folgen den Weisen auf den Fersen nach; so wie ein Held von seinem Siegskarrn fällt, steigt ein andrer hinauf, und von dem stolzesten Potentaten heißt es immer nur: er ging zu seinen Vätern und sein Nachfolger regierte an seiner Statt.
Ich wette zehn gegen eins, daß wenigstens gar keine Thränen vergossen wurden, wo es von dem Verlust eines großen Mannes heißt, er habe die ganze Nation in Thränen versenkt, und daß höchstens die armselige Feder eines hungrigen Autors ihre schwarzen Thränen geweint hat. Der Geschichtschreiber, der Biograph, der Dichter, diese Leute sind es, welche die Bürde des Jammerns auf sich nehmen – gütige Seelen! – die wie die Leichenbesorger in England das ganze Leid auf sich nehmen – die ein Volk mit Seufzern aufblasen, die es nie gehabt, und mit Thränen überschwemmen, die ihm nie zu vergießen einfielen. Während dieser patriotische Schriftsteller weint und heult, in Prosa, Versen und Reimen, und die Thränen der allgemeinen Trauer in sein Buch einsammelt, wie in ein Thränenglas, ist es mehr als wahrscheinlich, daß seine Mitbürger essen und trinken, fiedeln und tanzen, indem sie gar nichts von dem in ihrem Namen erhobenen Jammer wissen.
Die ruhmwürdigsten Helden, welche je Nationen vernichtet haben, könnten unter dem Schutt ihrer Monumente unbekannt vermodern, wenn nicht der Geschichtschreiber sie unter seine Protection nähme und der Nachwelt ihre Namen überlieferte – und wieviel auch der ritterliche William Kieft trieb, lärmte und tummelte, während das Schicksal einer ganzen Colonie in seinen Händen lag, darf ich doch fragen, ob er nicht dieser authentischen Geschichte seinen ganzen Ruhm verdankt.
Sein
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