Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Ende verursachte keine Bewegung in der Stadt Neu-Amsterdam oder deren Umgebung; die Erde erzitterte nicht, noch schossen die Sterne aus ihren Kreisen – der Himmel war nicht schwarz verhüllt, wie die Poeten es bei den letzten Momenten eines sterbenden Helden weißmachen wollen – die Felsen (diese hartherzigen Schurken!) zerschmolzen nicht in Thränen, und auch die Bäume ließen nicht die Köpfe in stummer Trauer hängen; und was die Sonne betrifft, so lag diese in der folgenden Nacht eben so lang zu Bett und machte grade dasselbe Gesicht, als sie aufstand, wie sonst. Das gute Völkchen von Neu-Amsterdam erklärte ein für allemal, daß er ein sehr emsiger, thätiger, aufbrausender, kleiner Gouverneur gewesen, «der Vater seines Landes» – «das edelste Werk Gottes» – «ein Mann, wie man, kurz gesagt, keinen mehr finden wird» – diese und andre freundliche Redensarten gab es, wie man sie gewöhnlich bei dem Tode eines großen Mannes hört, und dann rauchten sie ihre Pfeifen, dachten nicht weiter an ihn, und Peter Stuyvesant regierte an seiner Statt.
Peter Stuyvesant war der letzte und wie der berühmte Wouter Van Twiller auch der beste unserer alten holländischen Gouverneure; Wouter übertraf nämlich alle seine Vorgänger und Pieter oder Piet, wie die alten holländischen Bürger ihn vertraulicherweise nannten, alle seine Nachfolger. Er wäre der Trost seiner unglücklichen Provinz geworden, wenn nicht die Schicksalsschwestern, diese mächtigsten und unbarmherzigsten Spinnerinnen des Alterthums, ihn zu unentwirrbarer Confusion bestimmt hätten.
Ihn bloß einen Helden zu nennen, wäre eine große Ungerechtigkeit – er war in der That ein Verein von Helden, denn er hatte derbe lange Knochen wie Ajax Telamonius, runde Schultern, um welche Hercules seine Haut gegeben haben würde (nämlich seine Löwenhaut), als er dem alten Atlas die Himmelslast abnahm. Außerdem war er, wie Plutarch den Coriolan schildert, nicht allein schrecklich durch die Stärke seines Arms, sondern auch durch die Kraft seiner Stimme, welche einen Ton gab, wie aus einem hohlen Faß, und wie derselbe Krieger, nährte er eine souveraine Verachtung gegen das souveraine Volk, und hatte eine eiserne Miene, welche seinen Feinden die Eingeweide im Leibe zittern machte. Die ganze köstliche martialische Erscheinung wurde durch eine zufällige Auszeichnung vollendet, welche, wie mich in der That wundert, weder Homer noch Virgil bei einem ihrer Helden benutzt haben. Es war nichts mehr und nichts weniger als ein hölzernes Bein, welches der einzige Lohn war, den er aus den Schlachten davontrug, worauf er aber so stolz war, daß er oftmals sagte, er schlage es höher an, als alle seine übrigen Glieder zusammen; er ehrte es so hoch, daß er es mit Silber einfaßte, welches zu der Sage Anlaß gab, es sey ganz von Silber gewesen.
Wie der cholerische Krieger Achilles, war er augenblicklichen Ausbrüchen von Leidenschaft unterworfen, welche seinen Dienern und Lieblingen oftmals nicht sehr angenehm waren, indem er ihrem Begriffsvermögen auf die Art seines berühmten Nachahmers, Peters des Großen, zu Hülfe kam, daß er nämlich ihre Schultern mit seinem Spazierstock salbte.
Obgleich ich nicht finden kann, daß er Plato, Aristoteles, Baco, Hobbes, Algernon Sidney und Tom Paine gelesen, so offenbarte er doch zuweilen einen Scharfsinn und feinen Blick, die man kaum von einem Mann erwarten sollte, der kein Griechisch verstand und die Alten nicht studiert hatte. Wahr ist es, und ich muß es mit Bekümmerniß gestehen, daß er einen unvernünftigen Widerwillen gegen Experimente hatte und seine Provinz gern auf die einfachste Art regierte – dann aber sorgte er, daß sie in besserer Ordnung gehalten wurde als durch den gelehrten Kieft, den alle Philosophen alter und neuer Zeit unterstützten und verwirrten. Er machte wenig Gesetze, sorgte aber dafür, daß diese wenigen streng und unpartheiisch gehandhabt wurden, und die Gerechtigkeit ging eben so gut ihren Gang, als ob ganze Stöße weiser Verordnungen und Statute jährlich erschienen und täglich überschritten oder vergessen worden wären.
Ganz das Gegentheil seiner Vorgänger, war er weder still und träge wie Walter der Zweifler, noch unruhig und ängstlich wie Wilhelm der Eigensinnige; er besaß eine so ungewöhnliche Thätigkeit und Entschlossenheit des Geistes, daß er nie den Rath Anderer suchte oder annahm, sich wie ein Held der alten Zeiten auf seinen Arm, sich auf seinen Kopf verlassend,
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