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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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in’s Gehirn, umnebelte es, sog alle liebreiche Feuchtigkeit auf und machte die Menschen so wirblich und eigensinnig wie ihren berühmten kleinen Gouverneur – ja, was mehr ist, aus einer gedeihlichen, aufgequollenen Race wurden, gleich unsern würdigen holländischen Landwirthen, welche kurze Pfeifen rauchen, Laternengesichter, rauchgedörrte, lederhäutige Kerls!
    Das war aber noch nicht Alles. Denn von da datirten sich die Entzweiungen in der Provinz. Einige der reicheren und wichtigeren Bürger, die der alten Sitte treu blieben, bildeten eine Art Aristokratie, die den Namen Lang-Pfeifen annahm; die niederen Stände dagegen, die sich der Neuerung gutwillig unterwarfen, weil sie sich auch zu ihren Handthierungen besser eignete, wurden mit dem Namen Kurz-Pfeifen gebrandmarkt. Es entstand nun noch eine dritte Parthei, von beiden verschieden, unter Anführung der Nachkommen des berühmten Robert Chewit, dem Gefährten des großen Hudson. Diese gaben den Gebrauch der Pfeifen ganz auf und kauten den Taback, daher sie den Namen Quids erhielten. Diese Benennung hat man seitdem auf alle jene Spielarten ausgedehnt, die zuweilen aus zwei großen feindlichen Geschlechtern hervorgehen, wie der Maulesel vom Pferd und Esel abstammt.
    Hier ist denn auch der Ort, wo ich die große Wohlthat jener Parthei-Unterschiede bemerklich machen muß, welche die große Masse des Volkes des Denkens überhebt. Schon Hesiod theilt die Menschen in solche, die für sich selbst denken, solche, die andere für sich denken lassen, und solche, die weder das eine, noch das andere thun. Die zweite Classe begreift die große Masse der bürgerlichen Gesellschaft, und daher kommt der Ausdruck Parthei, worunter man eine Menge Menschen versteht, wovon die einen denken und die übrigen schwatzen. Die ersteren, die man die Führer nennt, discipliniren die letzteren, lehren sie, was sie billigen, bei was sie schreien und ins Zeug gehen, was sie unterstützen, doch vor allem, wen sie hassen müssen – denn Niemand kann ein guter Partheigänger seyn, wenn er nicht ein entschiedener und entschlossener Hasser ist.
    Wenn aber das souveraine Volk so recht in den Harnisch gebracht, angeschirrt, mit einer Kinnkette versehen und unterm Zügel ist, so kann es nur erfreulich seyn, wie sie nun den Dreckkarrn ihrer Parthei, durch Koth und Schlamm fortziehen nach dem Willen ihrer Treiber. Wie viele patriotische Congreßmitglieder habe ich gesehen, die nicht im Stande gewesen wären, zu einem Votum den Verstand zu öffnen, wenn sie nicht solche Vordenker gehabt hätten.
    Nun konnten die erleuchteten Bewohner von Manhattan sich zum Zwiespalt organisiren und sich systematisch hassen, das Geschäft der Politik ging wacker seinen Gang; die Partheien versammelten sich in besonderen Bierhäusern und rauchten mit unversöhnlichem Groll gegen einander, zu nicht geringem Nutzen des Staates und der Bierwirthe. Die Eifrigeren gingen weiter und salbten einander mit jenen Spitznamen und infamen kleinen Schimpfwörtern, womit die holländische Sprache gesegnet ist. Waren aber die Partheien noch so aufsässig gegen einander, so stimmten sie doch darin überein, daß sie über alle Maßregeln der Regierung raisonnirten und sie verdammten; denn Niemand interessirte sich für einen Gouverneur, den sie nicht geschaffen hatten, noch für das Glück des Landes, so lange es unter ihm stand.
    Unseliger Wilhelm Kieft! dem die inneren wie die äußeren Feinde alles zunichte machten. Wollte er ein Heer auf die Beine bringen, so hieß es, das seyen Heuschrecken, welche das Land verwüsteten, und eine eiserne Ruthe in den Händen der Regierung. Sammelte er im Augenblick der Gefahr allerlei Vagabunden, so schrie man über die ohnmächtige und gelderschöpfende Maßregel. Nahm er seine Zuflucht zu dem ökonomischen Schritt einer Proclamation, so lachten ihn die Yankees aus; hob er den gegenseitigen Verkehr auf, so wurden ihm seine eignen Unterthanen ungehorsam. Wo er sich hinwandte, überall Petitionen, «von zahlreichen und würdigen Versammlungen», die aus einem halben Dutzend zänkischer Kannenhelden bestanden. Er las sie alle, und was noch schlimmer war, er richtete sich nach allen. Die Folge war, daß nichts seinen geraden Weg mehr ging und vor lauter Thun am Ende gar nichts geschah.
    Man würde sich sehr irren, wollte man glauben, daß er alle diese Promemoria’s und Bittschriften gutwillig angenommen habe; dieses würde seinem ritterlichen Geist sehr ungleich sehen. Im Gegentheil, er nahm nie

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