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Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Titel: Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Schnitt
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Glückwünsche und gelbe Wasserkanister
    Provinz Kunduz, Nord-Afghanistan
    Ein Jahr und einen Monat nach diesem Telefonat stehe ich mit deutschen Soldaten morgens um 8 Uhr an einer Brücke in Nord-Afghanistan. Die Brücke führt über ein ausgetrocknetes Flussbett und ist noch im Bau. Temperatur: 45 Grad. Und natürlich trage ich eine schwere Schutzweste samt Helm wie die anderen Männer um mich herum. Alles Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz.
    Ich bin »embedded« bei der sogenannten Task Force Kunduz und habe einen Platz auf dem Dingo mit der Funk-Bezeichnung »Foxtrott 4« – also dem vierten Fahrzeug des Foxtrott-Zuges. Die Soldaten sollen an diesem Morgen den Fortschritt am Bau einer Brücke untersuchen und im Anschluss daran eine Patrouille durchführen. Die Bauarbeiten laufen schleppend, die afghanischen Vertragspartner haben die Vorgaben der Deutschen nicht eingehalten. Der Ingenieur der Bundeswehr bemängelt die Bauweise. Die afghanischen Bauarbeiter begreifen nicht, was er meint, und verweisen auf den Bauleiter. Worte werden ausgetauscht, doch verstehen tun beide Seiten sich nicht. Die Stimmung ist gereizt. Deutsche Gründlichkeit trifft auf afghanische Improvisation, deutsches Wunschdenken auf afghanische Realität. Nicht das erste Mal und nicht das letzte Mal in diesem Einsatz. Heute am Beispiel eines zivilen Aufbauprojekts.
    Mitten hinein in die Besprechung rauscht es aus dem Funkgerät von Oberfeldwebel Schröder: »Mögliche IED im Bewässerungsgraben hinter uns.«
    IEDs sind »Improvised Explosive Devices«, selbstgebaute Sprengfallen. Erst ein paar Minuten ist es her, da hat unser Zug mit allen Fahrzeugen die Fundstelle passiert.
    Nun hat der Pionier des Zuges in einem Abwasserrohr einen gelben Wasserkanister entdeckt. »Wahrscheinlich wirklich nur ein Wasserkanister, dann war der Aufwand mal wieder umsonst. Aber untersuchen müssen wir es … Ich hasse gelbe Wasserkanister!«
    IEDs, diese verborgenen oder als harmloser Abfall kaschierten Sprengfallen, sind derzeit die größte Gefahr für die Soldaten in Afghanistan. Einerseits habe die Situation sich beruhigt, sagt Kompanie-Chef Hauptmann Schellenberger, andererseits verschärft: »Vor einem halben Jahr herrschte bei den Vor-Vorgängern noch beinahe tagtäglich hochintensives Feuergefecht vor. Das haben wir heute nur noch sehr selten. Dafür setzen die Aufständischen jetzt viel mehr IEDs ein. Immer aus der Deckung heraus, das macht eine Aufklärung in dem Bereich so schwer.«
    Vergraben, versteckt, schwer zu entdecken, leicht herzustellen – geringer Aufwand, schreckliche Wirkung. Die meisten Verwundungen und Todesfälle deutscher Soldaten gehen auf den Einsatz dieser selbstgebauten Sprengsätze zurück.
    Über Funk ruft Schellenberger die Sprengstoffbeseitiger, die sogenannten EODs (Explosive Ordnance Disposal), aus der drei Kilometer entfernten Polizeistation von Chahar Darreh. Dort ist der deutsche Außenposten, in dem wir seit acht Tagen und Nächten leben. Die Soldaten räumen die Umgebung des Fundorts, ein ausgetrockneter Bewässerungsgraben am Rand einer Staubpiste.
    Nach einer Viertelstunde treffen zwei Kampfmittelbeseitiger in ihrem Fuchs-Transportpanzer ein. »Falls es wirklich nur ein Kanister ist – tut mir leid«, sagt der Pionier. Die EODs winken ab. Ran an die Arbeit. Einer der beiden klettert in den Abwassergraben, in dem die Sprengfalle liegen soll. Der andere steht hundert Meter entfernt und hält Funkkontakt. Wir, die Soldaten und ich, stehen weit entfernt. Die EODs arbeiten immer so: in einer menschenleeren Blase. Sie gelten unter den Soldaten als die Verrückten. »Verrückt ist der, der nicht weiß, was er tut«, so sehen die EODs das.
    Der Erste von ihnen taucht wieder aus dem Graben auf: »Definitiv eine IED.« Der Zweite funkt die Meldung weiter: »Wir haben eine IED im Wassergraben.« Die Blase um die beiden jungen Männer wird nun noch etwas größer.
    Warum der Sprengsatz nicht explodiert ist, als wir mit den Fahrzeugen vorbeifuhren? »Keine Ahnung«, sagt der EOD: »Könnte an den Schutzmaßnahmen am Auto liegen, oder der Typ am Auslöser hat verschlafen. Wir werden das Ding jetzt entschärfen und dann sprengen.« Kleine Pause. »Da haben wir aber heute alle ein Scheiß-Glück gehabt.«
    Die Detonation ist gewaltig: Gesteinsbrocken fliegen herum, Erdballen, Staubwolken. Hätte unser Dingo-Radpanzer dem standgehalten? Keiner von uns spricht die Frage aus, die in unseren Köpfen umgeht: Was wäre gewesen, wenn

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