Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
gewonnen zu betrachten – man sieht, welche herrliche Paradoxen in dem Gang der neueren Politik verborgen liegen!
So wie unter Nachbarn, welche Jahre lang in Frieden gelebt haben, ein schriftliches Abkommen über Gränzen oder Wände gewöhnlich die bittersten Streitigkeiten nach sich zieht, so geschieht es auch bei Nationen durch die Kunst der Tractate, welche die sich vertragenden Staaten gleichsam
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gegen einander setzen.
Tractate sind nur so lange bindend, als es der Vortheil erheischt, daher eigentlich mehr für den Schwächeren geschrieben, oder ganz aufrichtig gesagt, sie sind überhaupt gar nicht bindend. Keine Nation wird eine andre bekriegen, wenn sie nicht dabei zu gewinnen hofft, wovon sie kein Tractat abhält; nicht allein ist ein solcher mit dem Schwert leicht durchzuhauen, sondern er selbst muß oft den besten Vorwand zu dem Ausbruch der Feindseligkeiten herleihen.
Negociationen gleichen dem Brautstande; sie sind voll Süßigkeit, verliebter Blicke und Liebkosungen – aber die Vermählung (der Tractat nämlich) ist das Signal zu ewigen Feindseligkeiten.
So erging es denn auch unserem Helden mit seinem Friedensschluß; er ward Gegenstand unaufhörlicher Häckeleien mit den Gränzräubern, und ein wahrer Zankapfel zwischen ihm und den Amphictyonen. Aber wie dieß die guten Bürger von Mannahata nicht anfechten konnte, so lassen auch wir sie unberührt. Gleich jenem Spiegel der Ritterlichkeit, dem weisen und kühnen Don Quixote, überlasse ich solche Kleinigkeiten einem künftigen historischen Sancho Pansa, während ich meine Feder für wichtigere Ereignisse spitze.
Der große Peter glaubte nicht anders, als daß seine Anstrengung im Osten hinlänglich gewirkt habe, und ihm jetzt nichts mehr übrig bleibe, als der innerlichen Wohlfahrt seiner geliebten Manhatten zu leben. Obgleich er ein Mann von großer Bescheidenheit war, konnte er doch nicht umhin, von sich zu sagen, daß er endlich den Tempel des Janus geschlossen habe, und wenn alle Herrscher wie eine gewisse Person wären, die der Anstand zu nennen verbiete, derselbe nie mehr geöffnet werden solle. Aber – leider war dieß zu früh gejubelt, denn kaum war die Tinte auf dem Friedenstractat trocken geworden, als auch der listige und unhöfliche Rath des Bundes einen neuen Vorwand suchte, um das Feuer der Zwietracht aufs Neue anzuschüren.
Republikettchen und ähnliche Staatsvereine sind wie zarte Dämchen von delicater, kränkelnder Tugend, die in ewiger Furcht schweben, daß man ihrer jungfräulichen Reinheit zu nahe trete, und gleich, wenn sie nur ein Mann bei der Hand faßt, oder ihnen ins Gesicht sieht, Noth und Verführung schreien. Jede kräftige Maßregel ist solchen Regierungen eine Verletzung der Constitution, jede monarchische oder andre männliche Verfassung legt ihrer Unschuld Fallstricke, und beständig entdeckt man höllische Umtriebe, welche sie verrathen, entehren und an den Pranger stellen.
Nicht anders geht es heute einer gewissen großen Republik; sie hat so manche Anläufe gegen ihre Tugend bestanden und schreit noch immer Mord und Verrath gegen Alt-England, obgleich ich sicher bin, daß der ehrliche alte Herr keine Gewaltthätigkeit gegen sie im Schilde führt. Dagegen habe ich dieselbe Dame mehr denn einmal bei zärtlichem Händedruck und Liebäugeln mit einem Erzverführer – Bonaparte – ertappt, der so manche edle Jungfrau, Respublica genannt, um Ehre und Namen gebracht und andere ähnliche Sünden begangen hat; – aber so ist der Lauf der Welt, solche Libertins machen immer Glück bei den Damen!
Um auf unsere Geschichte zurückzukommen, so klagte die große Union im Osten den unbefleckten Peter an, er habe durch Geschenke und Versprechungen heimlich die Narraganset-, Mohawk-und Pekot-Indianer aufgemuntert, die Niederlassungen der Yankees zu überrumpeln und in ihnen ein Blutbad anzurichten. Sie bedienten sich dabei der kühnen Worte. «die Indianer rings auf mehrere hundert Meilen im Umkreise schienen tief in einen Taumelbecher, bei oder von den Manhatten, gekukt zu haben, der sie zur Wuth entflammt habe gegen die Engländer, die doch in leiblicher wie in geistlicher Hinsicht nur ihr Bestes gewollt hätten.»
Die Geschichte erwähnt nicht, wie man zur Kenntniß dieser Verschwörung kam. Indessen ist es gewiß, daß man mehrere Indianer deßhalb examinirte und betrunken machte, um die Wahrheit zu erfahren.
Ich stamme zwar schon von einer Familie ab, die sich von den hundsföttischen Yankees
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