Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
jener Zeit viel mußte gefallen lassen, aber obgleich sie meinem Urgroßvater ein Gespann Ochsen und seinen besten Renner stahlen, und er aus einem der Gränzkriege ein Paar schwarze Augen und eine blutige Nase heimbrachte, und obgleich mein Großvater, wie er noch als ein kleiner Junge die Schweine hütete, selbst gestohlen und gebackpfeift wurde von einem langbeinigen Schulmeister von Connecticut – so begrabe ich doch gern alle diese Schmach in Vergessenheit, und ich wollte selbst mit Stillschweigen übergangen haben, daß sie den wackern Jacobus Van Curlet und seine Garnison mit Tritten in den H— von dannen gejagt, ja ich wollte schweigen, wenn sie alle Schweine in die Gefangenschaft geführt und alle Hühnersteige auf dem Erdboden ungestraft geplündert hätten, allein dieser muthwillige Angriff auf den ritterlichsten Helden unserer letzten Jahrhunderte, ist zu stark, um verdaut zu werden – er überschreitet die Geduld des Historikers und die Selbstbeherrschung des Holländers.
O Leser, es war falsch, was man ihm schuld gab, es war himmelschreiend falsch. Ich verpfände meine Ehre und meinen unsterblichen Ruhm dafür, daß der ritterliche Peter Stuyvesant seinen Arm, ja selbst sein hölzernes Bein in’s Feuer gelegt, ehe er seinen Feind anders als in’s Gesicht angegriffen hätte; vermaledeyt seyen die Schurken, die seinen edlen Namen mit solcher Schändlichkeit zu beflecken wagten!
Peter Stuyvesant hatte zwar nie etwas von irrenden Rittern gehört, allein sein Herz war so ritterlich, als irgend eins an König Arthurs Tafelrunde schlug. Die Natur hatte zwar an ihr Meisterstück nicht die letzte Feile gelegt, aber dabei stand Stuyvesant dennoch als ein Wunder aus ihren Händen da. Die Ritterlichkeit, durch keine Bücher eingetrichtert, war ihm von der großen Werkmeisterin selbst eingehaucht und wucherte da unter kühnen Eigenschaften, wie wilde Blüthen zwischen Felsenstücken.
Kaum erreichte die schurkische Beschuldigung die Ohren Peter Stuyvesants, als er auf der Stelle seinen ritterlichen Trompeter und dienenden Cavalier Anton Van Corlear absandte, mit dem Befehl, Tag und Nacht zu reiten und den Amphictyonen als Herold ihre schmählige Anklage gegen einen Christen, einen Ehrenmann und Soldaten, ins Gesicht zu werfen, und zu erklären, daß wer diese Schmach behaupte, in seinen Hals gelogen habe. Er ließ dabei alle, die es gelüste, oder wenigstens ihren mächtigen Kämpfer Alicxsander Rebhuhn zum Zweikampf herausfordern.
Nach gehöriger Ausrichtung der Botschaft, schmetterte Van Corlear mit seiner Trompete den Amphictyonen höhnisch ins Gesicht, besonders dem Hauptmann Rebhuhn, der im Uebermaß des Erstaunens fast aus der Haut gefahren wäre, so fürchterlich war der Nasenklang des wackern Antonius. Dann schwang er sich wieder auf sein hohes mageres flandrisches Roß und trabte lustig nach Manhattan zurück, durch Hartford, Pyguay, Middletown und alle andere Gränzstädte hindurch, stieß in die Trompete wie ein wahrer Satan, daß die Thäler des Connecticut widerhallten, hielt gelegentlich an, um Kürbispasteten zu essen, auf den Kirmessen zu tanzen und mit den scharmanten Mädchen anzubinden, die er mit seinem herzerschütternden Instrument unvergleichlich entzückte.
Dem großen Rathe, der aus bedeutenden Männern bestand, fiel es nicht ein, sich mit einem so hitzigen Helden zu messen – im Gegentheil, sie schickten ihm eine Antwort in den sanftesten und ehrenrührigsten Ausdrücken, worin sie bemerkten, sein Vergehen sey aufs Beste bewiesen durch das Zeugniß verschiedner nüchterner und ehrenwerther Indianer, und sie schlossen mit der Folgerung – «so daß sie sich stets die gehörige Satisfaction und Zicherheit (
sic!
) ausbitten und suchen würden, worin sie beharrten als ihre aufrichtigsten Freunde und Diener &c.
Die obigen Verhandlungen sind von partheiischen Geschichtschreibern anders erzählt worden; sie sagen, Stuyvesant habe sich eine Commission ausgebeten, um die Thatsache zu untersuchen, als diese aber ernannt worden, gesagt, er könne sich ihrer Untersuchung nicht unterwerfen. In dieser künstlichen Darstellung liegt nur ein Schein der Wahrheit. Allerdings verlangte er eine schiedsrichterliche Entscheidung, aber von einem Ehrengericht, von Pairs – und ich will verdammt seyn, wenn sie ihm etwas anders als zwei hagere hungrige Rabulisten auf eben solchen Pferden schickten, mit Felleisen hintenauf und mit grünledernen Mappen unterm Arm, als ob sie die Gerechtigkeit über Land
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