Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
linke Schulter – ein Fehler, dem man mit einem Kreidestrich am linken Arm ein Ende machte. Aber alle diese Ungeschicklichkeiten wollten nach dem Ausspruch des weisen Kieft nichts bedeuten, und eine Campagne sollte sie schon mehr lehren als hundert Paraden; und wenn auch zwei Drittheile als Kanonenfutter anzuschlagen waren, so konnte doch aus dem übrigbleibenden Drittheil, wenn es nicht davon lief, geprüfte Veteranen werden.
Der große Stuyvesant hatte keine besondere Achtung vor den sinnreichen Maßregeln seines Vorgängers und verachtete eigentlich das Landsturmwesen, das er oft im Scherz Gouverneur Kiefts zerbrochenes Rohr nannte. Da indessen die Noth drängte, so mußte er sich die Miliz gefallen lassen, und hielt eine Musterung über seine Sonntagssoldaten. Aber, o Mars und Bellona, und ihr andern kriegerischen Himmelsmächte, was mußte er sehen! – Hier kamen Soldaten ohne Offiziere, und Befehlshaber ohne Mannschaft – lange Vogelflinten und kurze Stutzen – dort Bajonette, da keine – dort kein Flintenschloß, hier kein Ladstock, und bei einigen weder Schloß, Ladstock, noch Lauf. – Patrontaschen, Schrotbeutel, Pulverhörner, Säbel, Beile, Brodmesser, Brechstangen, Besenstiele, alles durcheinander – wie eine unserer Landarmeen beim Ausbruch der Revolution.
Als der trotzige Peter Stuyvesant diese Armee, mit welcher der edle Sancho Pansa die Vertheidigung seiner Insel Barataria hätte übernehmen können, ansichtig wurde, war es ihm zu Muthe, wie einem, der den Teufel erblickt. Doch er resolvirte sich kurz und machte aus der Noth eine Tugend. Er ließ sie ordentlich exerciren und dann die Querpfeifen im Geschwindmarsch spielen, und setzte die Mannschaft auf den Straßen und umliegenden Feldern so munter in Bewegung, daß ihnen die kurzen Beine knackten und die fetten Seiten dahinschmolzen. Aber das war noch nicht alles; der kriegerische Geist des alten Gouverneurs entflammte bei dem Pfeifengequike und er entschloß sich, seinen Leuten einen Vorgeschmack des eisernen Krieges zu geben. Zu diesem Ende schlug er am Abend auf einem Hügel ein Lager auf, um sie hier bis zum nächsten Morgen ausruhen zu lassen. Aber da geschah es, daß in der Nacht ein starker Regen eintrat, der in Strömen auf das Lager herabgoß und das gewaltige Heer völlig wegschwemmte, denn als Freund Phöbus seine ersten Strahlen über das Gefild hinschoß, war außer Peter Stuyvesant und seinem Trompeter Van Corlear fast kein einziger mehr auf dem Platz zu finden.
Ein Commandant wie Peter Stuyvesant ließ sich davon nicht irre machen; aber er verachtete jetzt nur um so tiefer das ganze Landsturmswesen. In Kurzem hatte er Soldtruppen auf den Beinen, die vor Allem die unerläßliche Eigenschaft hatten, wasserdicht zu seyn.
Die zweite Arbeit war, daß er Neu-Amsterdam befestigte und mit Pallisaden umgab, sowohl gegen die Europäer als auch gegen die Wilden. Sie wurden zwar bei den Letzteren ein Gegenstand der Bewunderung, gereichten indessen den Bewohnern nicht sehr zum Troste, als einst eine Schaar verlaufener Kühe in einer dunkeln Nacht hindurch brach und die Bürger in großen Schrecken versetzte.
Auch auf der Seeseite machte Stuyvesant Befestigungen. Es waren furchtbare Schlamm-Batterieen, die er, nach Art der damaligen niederländischen Oefen, mit Muscheln festmachte.
Mit der Zeit wuchs Gras und Klee über dieses langgestreckte Bollwerk und weit schattende Sycamoren, in deren Zweigen die Vöglein lustig umhersprangen und das Ohr mit schönen Melodieen entzückten, reihten sich an einander. Die alten Bürger rauchten dort Nachmittags ihr Pfeifchen und sahen der goldnen Sonne zu, wie sie allmählig am Horizont hinabsank, ein Bild ihres eignen friedlichen Untergangs, dem sie entgegensahen – die jungen Leutchen aber gingen dort im Mondschein spazieren und sahen die silbernen Strahlen der keuschen Cynthia auf dem stillen Meerbusen spielen oder ein dahingleitendes weißes Segel beleuchten, indem sie sich die Schwüre ewiger Treue wiederholten. Dieses war der Ursprung der berühmten Bastei, die zwar eigentlich für den Krieg errichtet wurde, doch immer nur den süßen Ergötzungen des Friedens diente. Sie ward der Lieblingssitz des wankenden Alters – der Erquickungsort gebrechlicher Invaliden – das Sonntagsplätzchen des bestaubten Kaufmanns – der Schauplatz kindischer Vergnügungen – das heimliche Oertchen zärtlicher Bestellungen – der Augapfel der Bürger – der Trost Neu-Yorks – der Stolz der lieblichen Insel
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