Hund aufs Herz
fühlt sich im Zwinger wohl. Wie sollte er? Aber wir haben unsere Hunde so weit gebrochen, daß sie Schuldbewußtsein zeigen, wo sie kämpfen müßten: um Anerkennung ihrer persönlichen Existenz. Um Respekt vor einer hochsensiblen, sozialen, intelligenten Art, die ein Recht hat auf ein Miteinander im Leben des Menschen, denn Menschen haben ihr diese Existenz aufgezwungen.
Zu drei: Gedemütigt geht der Hund mit zerbrochenem Selbstbewußtsein schwanzwedelnd in den Knast zurück. Er weiß nicht, was er verbrochen hat, aber irgend etwas muß es ja sein, wenn der Herr ihn einsperrt. Und was der Herr tut, das ist wohlgetan: das erbärmliche Ergebnis einer erbärmlichen Behandlung.
Und zu vier: Kriege hat es auch schon immer gegeben. Sind sie deshalb zu empfehlen?
Hunde im Knast
Und jetzt noch mal für die sogenannten Pragmatiker ganz pragmatisch: Was soll der Hund im Zwinger? Was kann er da bewirken? Er soll doch wachen und schützen, oder? (Schließlich gibt’s da ständige Kosten.) Also: Wen oder was soll er da bewachen? Den Zwinger? Mehr ist ja wohl nicht möglich. Ein Hund, der das Haus bewachen soll, kann das nur, wenn er drin ist. Im Haus. Ein Hund, der verhindern soll, daß Unbefugte aufs Grundstück kommen, kann das nur in freier Bewegung auf eben diesem Areal. So simpel ist das. Im Käfig kann er nur bellen. Unentwegt, bis zum Irrsinn eben.
Nicht zu vergessen: Tags Zwinger, nachts freilaufend auf dem Grundstück, wie groß auch immer, ist erwiesenermaßen auch kein Eratz für den vom Hund einzig ersehnten Anschluß an seine Menschen. Irgendwann rasten die beiden guternährten Rottweiler aus, finden ein Loch im Zaun des Schrott- oder Kohlenplatzes und marodieren auf den nächtlichen Straßen nach Art der Menschen: Sie rächen sich an der ganzen Gesellschaft, an der sie nicht teilhaben dürfen, und fallen über alles her, was sich bewegt.
Der Gesetzgeber schreibt eine Zwingergröße von sechs Quadratmetern vor. Exklusive Schutzhütte.
«Soviel hat unser Kinderzimmer nicht», sagen die ewigen Nachplapperer. Nur: Ein Kind, für immer in sein Zimmer eingesperrt? Sein Leben lang? Nur hin und wieder mal raus? Das ist doch wohl ein Fall für die Behörde!
Ein Kuriosum noch aus dem Land der untergehendene Sonne: In Japan wurde vor einiger Zeit ein transportabler Fertigzwinger bei Nacht auf einen Tieflader gehoben, und weg war er. Die beiden ungemein scharfen und wachsamen Akitas waren noch drin. Sie hatten, wie immer, ganz gewaltig gebellt.
Kupieren – was heißt das?
Hundezüchter sind häufig – na, sagen wir mal: arg konservativ, was die Vorstellung vom Erscheinungsbild «ihrer Rasse» angeht. Oft bis zum Unbelehrbaren, sonst stünde es besser um das Gros unserer Hunde.
In Niedersachsen, wo ich lebe, ist einer der häufigsten Sprüche, wenn man versucht, sinnlos Gewordenes mit guten Argumenten zu verändern: «Dat hefft wi all jümmer so makt»(Das haben wir schon immer so gemacht). Die meisten Züchter sind also «Jümmersomaktmenschen». Nun wird aber eine Dummheit dadurch nicht weniger dumm, daß sie schon lange Zeit praktiziert wird. Und Grausamkeiten bleiben entsetzlich, auch und gerade wenn sie auf Tradition fußen.
Denn: Kupieren ist die elegante und deshalb zynische Umschreibung für Verstümmeln. Wer einem Tier Teile seines Körpers aus modischen Gründen abschneidet, erfüllt den Tatbestand der Tierquälerei, daran gibt’s nichts zu deuteln.
Einem Hund seinen Schwanz abzuschneiden ist natürlich genauso idiotisch, aber die Prozedur ist bei weitem nicht so grausam, weil sie in den ersten Lebenstagen erfolgt, wo die Knochen noch weich sind. Erwiesenermaßen bewirkt ein Gummiring um das Schwänzchen sogar das unblutige und schmerzlose Absterben der Schwanzwirbel. Fragt sich eben nur, wozu das gut sein soll. Hunde und alle freilebenden Wildcaniden haben nun mal Schwänze. Mal länger, mal kürzer. Sind wir wirklich so bescheuert, daß wir nicht ertragen können, daß unsere Hunde Schwänze haben?
Der Gesetzgeber nun hat, zunächst, wie ich hoffe, nur das «Kupieren» der Ohren verboten: ab 1.1.1987 schon. Und seit diesem Datum findet ein heftiges Gemauschel und Getrickse statt. Die Hunde stammen entweder aus Ländern ohne dieses Verbot – Papier ist geduldig, und Hektor verrät nichts – oder sind eben im Ausland beschnitten worden. Die Befolgung dieses Gesetzes wird allenthalben so gut wie unbeachtet gelassen. Nun ja: Die Gerichte haben, das ist halbwegs einzusehen, andere Sorgen; wo kein
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