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Hunde Jahrbuch

Hunde Jahrbuch

Titel: Hunde Jahrbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dreizehn Autoren
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sie versuchen, ihre Grenzen neu auszutesten.  
    Auf der Couch liegend und nachdem ich zwei Schmerztabletten eingenommen hatte, entschlummerte ich, um erst einige Stunden später wieder aufzuwachen. „Mist, viel zu lange geschlafen. Die armen Hunde, haben noch nichts zu futtern bekommen …“ Ich humpelte die Treppen hinunter und unten angekommen empfing mich Dusty, der Riesenbär, mit vergnüglichem Geheul. Gerade machte er bereits Anstalten, mich mit seinen Freudensprüngen zu umkreisen, als er abrupt innehielt und den Kopf schief zur Seite legte. Aufmerksam schaute er mich an, als wollte er jede meiner Bewegungen verinnerlichen. Ich hinkte langsam durchs Tor und Dusty setzte sich hin. Das wunderte mich doch schon ziemlich, denn obwohl er auf Kommando ein „Sitz“ hinbekam, so hatte ich es ihm ja noch gar nicht abverlangt. Zudem kann sich der ungestüme Hovawart in freudigen und aufregenden Situationen immer recht schlecht konzentrieren, was zur Folge hat, dass ein sofortiger Gehorsam dann absolutes Wunschdenken bleibt. Dass er da nun so unaufgefordert saß und überhaupt keine Anstalten eines Anspring-Rituals einleitete, erstaunte mich mehr als nur ein bisschen. Begeistert über seine Folgsamkeit stopfte ich dem „gewandelten“ Wuschelbär ein Lob-Leckerli ins Maul und schritt zur randvollen Gießkanne, um die Trinknäpfe aufzufüllen. Der Hovawart erhob sich aus seiner Sitz-Position und bevor ich auch nur die kleinste Chance hatte, unsicher vorwärtsschlurfend die Kanne zu erreichen, war Dusty bereits vor mir am Ziel. „Jetzt wird er sie wieder umkippen, und ich kann auch noch zum Wasserhahn laufen, um eine neue Füllung vorzunehmen …“, fluchte ich gerade noch in mich hinein, als der zum Hund gewordene Bär etwas tat, das mich fast vor Schreck, aber auch vor Erstaunen und Ungläubigkeit erstarren ließ. Hätte ich doch nur diese Tabletten nicht genommen! Nun hatte ich schon Wahnvorstellungen, und das am helllichten Tag. Ich rieb mir die Augen, klatschte mir selbst eine leichte Ohrfeige auf die Wange, zwickte mich sogar in den Oberarm, doch nichts von alledem half, mich aus dieser filmreifen Szenerie aufwachen zu lassen.  
    Dusty nahm den Henkel der Gießkanne in die Schnauze, balancierte vorsichtig und ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten zu seinem Trinknapf, verlagerte, dort angekommen, das Gleichgewicht am Griff so geschickt, dass tatsächlich die Kanne kippte und das Wasser sicher und gezielt in seiner Schüssel landete. Dann stellte er die Kanne ab und begann zu trinken. Ich traute meinen Augen nicht. Niemals hätte ich auch nur im Geringsten daran geglaubt, dass solch ein Wahnsinnspotential in diesem normalen, manchmal sogar etwas schwerhörigen Haushund steckte.  
    Natürlich sind Hunde zu solchen Dingen fähig, doch dem geht ein langer und schwieriger Lernprozess voraus. Ein ausgebildeter Behindertenhund, der könnte das, aber „unser“ Dusty … Ich weiß heute nicht mehr, wie lange ich so fassungslos dagestanden habe, aber es waren wohl mindestens fünf Minuten. Keiner hatte es gesehen, ich war tagsüber meistens ganz alleine mit den Hunden. Würde ich die Geschichte abends meinem Mann erzählen – ich konnte mir jetzt schon sein Gesicht vorstellen, einerseits amüsiert, andererseits wäre er aber auch besorgt über meinen Gesundheitszustand und letztendlich wohl auch absolut ungläubig.  
    Nun gut, es half alles nichts, ich musste weitermachen. Also ging ich zu den Futtersäcken und wollte dem Hovawart gerade seinen Fressnapf füllen, als das nächste Wunder vonstatten ging. Dusty war mitgelaufen, hatte seinen Napf ins Maul genommen, was er allerdings öfter tat, das kannte ich bereits von ihm. Anstatt ihn allerdings auf die Erde kegeln zu lassen, stellte er ihn am Futtersack ab, drehte sich seitlich zum Sack hin, drückte durch eine gezielte erneute Verlagerung, diesmal seines Körpergewichtes, gegen das Futter und die Trockenfutterstücke rieselten in seine Schale. Unter abschließendem Einsatz seiner dicken Vorderpfote, die schon einer kleinen Bärenpranke gleichkommt, brachte er den Sack wieder in eine aufrechte Standposition. Dusty begann zu fressen, ich fiel fast in Ohnmacht, und zu allem Überfluss hatte ich das vage Gefühl, er zwinkerte mir ein Auge zu, als wollte er sagen: „Cool, ne?“ Jetzt bloß nicht schwach werden, es waren noch zehn andere Hunde da, die versorgt werden wollten, also galt es, das Erlebte für den Moment zu verdrängen und routinemäßig all die

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