Hunde Jahrbuch
Artgenossen, bis sie versteht, dass bei uns jeder Hund jeden Tag sein Futter und seine Streicheleinheiten bekommt, egal ob als Erster oder als Vierter, und dass man hier nicht mehr kämpfen muss, um zu überleben. Der weitaus unangenehmere Teil sind eine Vielzahl von Tierarztbesuchen mit den entsprechenden Rechnungen, die uns auch immer wieder die Sprache verschlagen. Sieben eitrige verfaulte Zähne, vereiterte Ohren, Milbenbefall mit Folgeerscheinungen – nichts wurde je zuvor behandelt – sind nur wenige Beispiele ihrer „kleinen“ Wehwehchen, die der medizinischen Pflege bedürfen.
Meine griechische Hündin hat mich immer wieder sprachlos gemacht. Ich war sprachlos, als sie mir zum ersten Mal deutlich mitteilte: „Leine? Gut, ich komme mit.“ Ich war sprachlos, als sie trotz ihrer Magen-Darm-Probleme ihre ersten fünfhundert Gramm zugenommen hatte. Ich war sprachlos, als endlich ihr Fell nachwuchs. Ich war sprachlos, als sie meinte, die Leckerlidose sei eine Selbstbedienungstheke. Ich war sprachlos, als sie zaghaft versuchte zu wedeln, anstatt ihre Rute schlaff hängen zu lassen. Ich war sprachlos, als sie begann, sich mit einem freundlichen und huskytypischen Gesang zu Wort zu melden, anstatt zu grummeln.
Und heute – heute konnten sich erstmals meine Augen mit Tränen füllen. Tränen der Freude und Erleichterung. Zum ersten Mal sprintete sie auf Zuruf mit dem restlichen Hunderudel quer durch den Garten, um ihren Futternapf entgegenzunehmen. Ein Hund, der damals nicht mehr in der Lage war aufzustehen, sagt heute mehrmals täglich mit einem einzigen Blick: Danke, dass du mich nicht aufgegeben hast!
Magische Momente
Elke Parker
Diesen unglückseligen Tag, an dem ich mir den großen Zeh brach, werde ich wohl nicht so schnell vergessen. Im Rahmen meiner Tätigkeit in einer Tierpension unterliege ich zweifelsohne einem erhöhten Unfallrisiko, doch es passierte keineswegs während der Arbeitszeit. Weder war mir unsere Fünfzig-Kilo-Irish-Wolf-Dame Lilli auf den Fuß gelatscht noch hatte mich der bärengleiche Hovawart Dusty so zur Seite geschubst, dass ich das Gleichgewicht verlor und umknickte – nein, ich trat einfach nur völlig unspektakulär auf der drittletzten Stufe im Treppenhaus fehl und schwupp war die Zehe gebrochen. Es erfasste mich ein Schmerz von der Fußsohle bis zum Scheitel. Wie sollte ich nun, humpelnd und kaum auftreten könnend, die vielen täglichen Arbeiten, die man nur flott laufend und wenn man gut zu Fuß ist erledigen kann, in den nächsten Tagen und Wochen bewältigen? Jeden Morgen beginne ich um sechs Uhr mit der Fütterung der Hunde, lasse sie reihum in kleineren Gruppen in die Ausläufe, mache derweil ihre Unterkünfte sauber, lege täglich erneut die Decken wieder ordentlich hin – was zwar meistens eine Art vergebene Liebesmüh bedeutet, mir aber das gute Gewissen verschafft, den vorübergehend in meine Obhut gegebenen Tieren ein kleines Zuhause-Gefühl zu vermitteln –, bürste der einen oder anderen Fellnase die Unterwolle aus dem dicken Fell und spiele auch schon mal mit denen, die sich so gar nicht alleine oder mit ihresgleichen beschäftigen können. All das und vieles mehr mit einem angeschwollenen Fuß und argen Stichen im Zeh … Ich durfte gar nicht daran denken.
„Zwischendurch immer schön Pause machen, den Fuß hochlegen, kühlen und ja die Tabletten gegen die Schmerzen nicht vergessen“, so der Rat des Arztes. Ich nickte brav, stellte mir allerdings innerlich die leise Frage, wie ich „Pause machen, Fuß hochlegen, kühlen und Tabletten nehmen“ – die Tabletten machten zudem noch müde – in meinen gut ausgefüllten Tagesrhythmus einschieben sollte, denn immerhin hatte ich zu diesem Zeitpunkt, es war Ende Mai, bereits täglich zwischen zehn bis fünfzehn Hundegäste in Pflege, bei denen es sich überwiegend um ziemlich große Familienwölfe handelte. Zweifelsohne alles sehr liebe Tiere, jedoch größtenteils mit einem recht übermütigen Temperament ausgestattet. An mir und mit mir ihre körperlichen Kräfte zu messen, gehörte zu ihren größten täglichen Vergnügungen. Bisher hatte ich, da fit genug, immer die nötige Standhaftigkeit entgegenzusetzen. Verbunden mit einer bei den meisten Hunden akzeptierten liebevollen, jedoch rigorosen Autorität überließen sie mir großzügig den Rang der „Rudelchefin“. Doch sicherlich würden die schlauen Fellnasen schnell herausbekommen, dass ich nicht so dabei war wie sonst, und ganz bestimmt würden
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