Hundediebe kennen keine Gnade
goldene Ohrring schimmerte.
„Du Saukerl! Haudegan, du Saukerl! Wo
kriegst du jetzt Geld her? Oder glaubst du, wir warten, bis deine Rente
eintrifft!“
„Ich beziehe Pension“, sagte Haudegan.
„Wo ist da der Unterschied? Geld ist
Geld, du Steinzeitrest. Schaff den Tausender ran. Auf den sind wir scharf wie
tausend Russen. Klar? Borg’s dir von deiner Haushälterin. Oder sonst wem! Geht
das?“
Haudegan preßte die Lippen aufeinander.
Dann nickte er. „Meine Bank hat eine Nachtschalter. Da kann ich Geld ziehen.“
„Dann zieh’s. Und jetzt zieh Leine! Hol
die Kohle! Danach wartest du am Telefon. Wir melden uns im Laufe der Nacht. Und
keine Polizei! Das sage ich nur noch einmal. Sonst ist dein Köter... Sieh mal
hin! Mein Kumpel hat schon sein Messer in der Hand.“
Katzentod hörte das. Er hob die Hand
mit dem Messer, zeigte es wie eine Sehenswürdigkeit. Es war ein gewaltiger
Käsedolch. Auf Klinge und rasiertem Schädel spiegelte der Mond sein Licht, das
in dieser Nacht wie Gaslicht aussah.
Bimbo machte „Wuff!“ und wollte sich zu
seinem Herrchen trollen. Aber Patulke, genannt Katzentod, hatte eine Strippe
durchs Halsband gezogen und hielt den Vierbeiner fest.
„Du weißt jetzt, was Sache ist!“ fuhr
Zotte den Alten an. „Mach ‘ne Mücke — und das, was ich dir gesagt habe. Klar!“
Haudegan fühlte einen pfundschweren
Kloß im Hals, als er dem Befehl nachkam. Er hörte, wie sein Hund winselte. Er
spürte Bimbos traurigen Blick im Rücken wie Schläge.
Jetzt kann ich dir nicht helfen, Bimbo!
dachte er verzweifelt. Aber ich kaufe dich frei, mein Hund! Sofort fahre ich
zur Bank! Sofort besorge ich das Geld. Für dich, Bimbo, meinen einzigen Freund.
Er beeilte sich. Als Berufsoffizier
hatte er mancher Gefahr ins Auge gesehen. Er war nie mutlos gewesen. Jetzt
wurde ihm klar, wie hilflos er war als alter Mensch. Die Angst um Bimbo legte
sich wie ein Reif um sein Herz.
Er brauchte fast eine Stunde, bis er
mit dem Wagen aus der Stadt nach Hause zurückkam.
Zehn Hunderter steckten in einem
Umschlag. Wann meldeten sich die Erpresser?
Haudegan setzte sich neben das Telefon.
Er wartete. Sein Herz war schwer und ängstlich. Er trank ein Glas Rotwein,
wartete, lief auf und ab, beobachtete den Zeiger der Standuhr und blickte immer
wieder hinaus auf die Straße.
Sie ließen ihn zappeln.
Erst um sechs Uhr früh riefen sie an.
„Punkt sieben an derselben Stelle im
Kronen-Park“, meinte Zotte, nachdem Haudegan versichert hatte, das Geld sei
jetzt da.
„Ich werde pünktlich sein“, sagte Haudegan.
Er legte auf und war plötzlich entsetzlich müde.
Was die beiden Dognapper unter
Pünktlichkeit verstanden, sah anders aus. Eine halbe Stunde vor der Zeit parkte
Katzentod den siechen Kombi am Eingang Westufer-Straße, wo jetzt total tote
Hose war. Die Dunkelheit wich nur langsam. Nebel war aufgekommen. In den
Häusern auf der anderen Straßenseite ratzte noch jedermann/frau in den
Sonntagmorgen hinein, wozu der schließlich da ist — es sei denn, man hat was
besonderes vor.
„Saubere Sache!“ Zotte kratzte sein
Stoppelkinn. „Hier sind wir ungestört.“
Sie zerrten Bimbo aus dem Wagen. Ein
blutiger Striemen zog sich über seinen Rücken. Bimbo war nicht so folgsam
gewesen, wie Katzentod sich das dachte. Jetzt war Bimbo verschüchtert. Angst
stand in den braunen Hundeaugen. Er duckte sich, kroch fast auf dem Boden und
wurde brutal zum Pavillon gezerrt, wo sie ihn kurzerhand an einem Laternenpfahl
festbanden.
Patulke, genannt Katzentod, sah auf die
Uhr. „Ist noch Zeit. Ich roooche noch eine.“
Er rammte sich die Zigarette ins
Breitmaul und tat dann mit den Zündhölzern rum. Drei blies der Morgenwind aus,
bevor der Sargnagel glimmte. Tückisch schielte Katzentod um sich, und wäre der
Wind körperlich gewesen, hätte er ihm sein Messer zwischen die Rippen gestoßen.
Kurz vor sieben ging Zotte dem Alten
entgegen. Sie wußten, aus welcher Richtung er kommen mußte.
Patulke blieb im Hintergrund und schob
ab in die Büsche. Er verstand sich als Eingreif-Truppe — für den Fall, daß was
schief lief.
Während er an der oberen Wulstlippe lutschte,
entschwand Zotte im Morgennebel. Augenblicke später ergab sich eine neue
Situation.
Erst knirschte nur Kies. Dann hechelte
Atem. Eine junge Dackel-Hündin sprang heran aus der Tiefe des Parks. Aber nicht
sie verursachte das Hecheln, sondern ihr Frauchen.
Andrea Altgraf joggte. Sie war extra
früh aufgestanden. Eigentlich hatte sie sich
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