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Hundediebe kennen keine Gnade

Hundediebe kennen keine Gnade

Titel: Hundediebe kennen keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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vorgenommen, täglich zu laufen — weil
das ja gesund sein soll für alles, wirksam gegen schlechte Laune wie gegen
Sodbrennen. Aber wochentags fehlte Andrea zu oft die Zeit. Deshalb lief sie
eisern am Wochenende. Heute war sie schon seit 40 Minuten unterwegs. Die neuen
Laufschuhe quietschten. Der orangefarbene Jogging-Anzug leuchtete im
Morgendunst. Mit einem Stirnband bändigte Andrea das dunkle Haar. Ihr Puls
ackerte mit 138 Schlägen pro Minute. Der Atem hechelte.
    Begleitet wurde sie stets und ständig
von Lady, ihrer anderthalbjährigen Dackel-Hündin.
    Lady war kurzhaarig, sandfarben und
eine Schönheitskönigin unter ihresgleichen, außerdem verspielt — mit ihrer
Spiellaune hätte man fünf Fußballmannschaften der Bundesliga aufmöbeln können .
    Die junge Frau lief auf der anderen
Seite des Pavillon-Platzes vorbei, ohne Bimbo zu bemerken. Sie joggte einen Weg
entlang, der zum Ein/Ausgang Sebaldus-Platz führt.
    Lady stand schon bei Bimbo.
    Freudiges Schwanzwedeln auf beiden
Seiten. Sie beschnupperten sich. Bimbo leckte ihr über die Schnauze. Lady
sprang ihm mit beiden Vorderpfoten gegen die breite Basset-Brust, und Patulke
entschied sich.
    Grinsend kam er hinter den Büschen
hervor.
    Lady verharrte zutraulich und wedelte.
    „Ei, ei, liebes Hündchen!“ schnurrte
er.
    Er bückte sich, ergriff Lady und hielt
sie so grob, daß sich ihre Rippen einwärts bogen. Sie jaulte kläglich.
    Im selben Moment tauchte Zotte aus dem
Nebel auf. Er näherte sich im Laufschritt, joggte aber nicht, sondern schwenkte
Banknoten, als wehre er Fliegen ab.

    „Hab den Zaster, Gert! Der Alte ist im
Anmarsch. Ab durch die... Was haste denn da?“
    Patulke hielt Lady die Schnauze zu.
    „Hat ein Adressen-Herz am Halsband, ‘ne
Jogger-Tussi ist eben vorbei. Unser nächstes Geschäft!“
    „Klasse, Gert! Das zieht mich hoch! So
schön kann ein Sonntag sein. Aber jetzt putzen wir die Platte, bevor hier das
große Entsetzen ausbricht.“
    Sie liefen zum Kombi. Lady zappelte.
Patulke bändigte sie mit einem Klatsch, der ein Nilpferd beeindruckt hätte.
Lady winselte vor Schmerzen. Ihr Widerstand erlahmte. Sie ließ die Dackelohren
hängen und rechnete instinktiv (unwillkürlich) mit dem Tod, obwohl sie
nicht wußte, was das war. Nur die große, unbestimmbare Angst, die jedem höheren
Lebewesen angeboren ist, breitete sich in ihr aus.
    Während die beiden Ganoven abfuhren,
entdeckte Haudegan seinen Bimbo.
    Der Hund blaffte vor Freude.
    Haudegan ließ sich auf das gesunde Knie
sinken und umarmte den Basset. Bimbo leckte ihm das Gesicht ab, wogegen sich
der Alte nicht wehrte — war doch der Hund so wurmfrei wie ein frisches Stück
Holz. Mit Entsetzen bemerkte Haudegan den blutigen Striemen. Dann hörte er die
Frauenstimme.
    „Lääääädiiiiie!“
    Andrea trabte heran.
    Haudegan wischte sich rasch die
Rührungstränen aus den Augen und setzte die Brille wieder auf. Er löste die
Strippe, mit der Bimbo festgebunden war, und leinte ihn an.
    Aus Andreas Trab wurde Schleichschritt.
Sie blieb stehen.
    „Guten Morgen!“ japste sie. „Haben...
Sie... meinen... Dackel gesehen?“
    „Guten Morgen! Dackel? Einen Dackel?“
    „Einen Dackel.“
    Sie pustete mit rundem Mund. In den
dunklen Locken hingen Nebelperlen. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit brauner
Haut und Bambi-Augen.
    „Ich habe keinen Dackel gesehen“, sagte
Haudegan. „Seit wann vermissen Sie ihn?“
    „Ach, seit anderthalb... oder zwei
Minuten. Bin eben hier vorbeigelaufen. Lady geht schon mal rechts oder links
ins Gestrüpp. Sie ist neugierig. Aber dann wetzt sie mir nach und ist sofort
wieder bei Fuß. Aber wo ist sie jetzt, um Gottes willen?“
    Haudegan dachte an den zweiten Ganoven,
den Rasierschädel mit dem Käsedolch. Bestimmt hatte der bei Bimbo gewacht. War
die Dackelin ihm in die Hände gefallen?
    „Ist Ihre Lady gewieft — oder
vertrauensdusselig?“
    „Sie ist anderthalb Jahre alt und jedes
Gramm an ihr Freundlichkeit.“ Andreas Atem hatte sich normalisiert. „Sie würde
einem hungrigen Tiger ins Maul spazieren. Aber weshalb fragen Sie? Gibt es hier
Hundediebe?“
    „Leider ja.“ Sie tat ihm leid.
Wahrscheinlich erlitten Lady und ihr Frauchen jetzt das gleiche Schicksal wie
er.
    Haudegan stellte sich vor. Er drückte
seine Befürchtung aus und berichtete, was die beiden Ganoven ihm angetan
hatten.
    Das Entsetzen trieb Andreas Puls wieder
hoch. „O Gott!“ stammelte sie. „Hoffentlich tun sie meiner Lady nichts an. Sie
trägt ein Lederherzchen

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