Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
mich auf das Menschsein.
Wie die Menschen mit ihrem Essen umgehen, verstehe ich nicht. Warum hat sich der Mann im Café sein Essen wegnehmen lassen? Warum hat er so langsam gekaut? Sein Essen war ihm nicht egal, sonst hätte ich ihm ja hundert Muffins wegnehmen können. Er hat sich geärgert– er hat sogar geschimpft. Nein, das Essen ist den Menschen wichtig. Sie mäkeln nur zu viel daran herum, und sie verteidigen es nicht schnell genug.
Sobald ich ans Essen denke, gehen mir Millionen von Gerüchen durch den Kopf. Ich denke an den Geruch der Kleider von Mom und Dad, wenn sie nach Hause gekommen sind. Sie haben dann immer wie das Café gerochen, wo ich die Kürbiscookies gefressen habe. Nach öligen und salzigen Sachen und nach einem starken Reinigungsmittel. Und nach Kaffee.
Hm. Das Café. Vielleicht gehen Mom und Dad ja ins Café, wenn sie wegfahren? Die Idee ist neu. Ich runzele die Stirn. Alles passt perfekt zusammen. Ich muss ins Café gehen, wenn ich sie finden will.
» Hey«, sage ich zu Jessica. » Hast du Hunger?«
Sie sieht mich an und wedelt sofort mit dem Schwanz.
» Ha, wusste ich es doch! Mein Magen sagt, dass es Zeit für das Mittagessen ist. Ich will dahin gehen, wo wir heute Morgen waren. Dort bei dem Hund aus Metall.« Jessica wedelt noch mehr und hüpft aufgeregt auf und ab. Ich bin sehr stolz auf mich und meinen neuen Plan.
Bevor wir gehen, setze ich noch schnell meinen glitzernden Hut auf. Wenn Mom und Dad den Hut sehen, dann sehen sie auch meinen Hund. Wer weiß, vielleicht nehmen sie ja uns beide mit nach Hause. » Mir gefällt dein blaues Shirt«, sage ich stolz, weil ich die Farbe so gut erkennen kann. » Du bist verkleidet und ich auch. Los, dann lass uns gehen.«
Jessica
Ich konnte gar nicht schnell genug zum Midshipman’s Square rennen. Zwischen der dämlichen Fliege und der vertrockneten Tomate klafften einige bedenkliche Erinnerungslücken. Ich stellte fest, dass ich seit Stunden nicht mehr an das Festival oder den neuen zweiten Küchenchef gedacht hatte, so sehr war ich mit meinen hündischen Gewohnheiten beschäftigt gewesen. Zum Beispiel vom Boden zu essen. Womöglich wurde ich ja im Laufe der Zeit immer mehr zum Hund? Falls dem so war, musste ich schleunigst etwas unternehmen. Ich durfte Kerrie und das Café nicht enttäuschen.
Ich war wild entschlossen, meine Abwesenheit so schnell wie möglich wiedergutzumachen. Außerdem hatte ich eine neue Theorie darüber, wie ich in meinen eigenen Körper zurückkehren konnte. Vielleicht mussten Zoë und ich nur zusammen an den Ort des Blitzschlags zurückkehren. Diese Hoffnung beseelte mich derart, dass ich auf dem ganzen Weg wie wild um Zoë herumsprang. Die Mittagssonne brannte heiß auf mein T-Shirt, aber davon ließ ich mich nicht beeindrucken.
Je näher wir dem Ort des Blitzschlags kamen, desto aufgeregter wurde ich.
Meine Umwelt störte mich die ganze Zeit, ich konnte mich einfach nicht auf die Dinge konzentrieren, die ich mir vorgenommen hatte. Zuerst war es der Geruch eines Barbecues am Strand, der mir in die Nase stieg, dann ein Eichhörnchen, das quer über die Straße flitzte. Zoë musste kräftig zupacken, damit ich mich nicht blindlings zwischen die Autos stürzte. Echt beschämend. Tief im Innersten musste ich erkennen, dass ich immer mehr zum Hund wurde, je länger ich in diesem Körper steckte. Ein Grund mehr, um schnellstens zum Denkmal von Spitz zu rennen.
Wie immer am frühen Nachmittag herrschte auf dem zentralen Platz ein unglaubliches Gewimmel von Menschen und Hunden. Von allen Seiten wurde ich mit Düften bombardiert. Der Geruch nach Fell und Schweiß mischte sich zu einem durchdringenden Parfum. Ich roch Menschen in fein gebügelten Hemden, in Shorts und in Tanktops– und zum ersten Mal auch all die Hunde, von zittrigen Chihuahuas und hechelnden Neufundländern bis hin zu Australischen Hütehunden. Meine Nackenhaare sträubten sich, und mein Schwanz fegte aufgeregt durch die Luft. Bei der Begegnung mit den Hunden im Hyak Park (war das wirklich erst heute Morgen gewesen?) hatte ich mich achtbar geschlagen, aber ein solches Gedränge wie hier hatte ich noch nie erlebt.
Ich hoffte sehr, dass Zoë sich mehr am Rand halten würde. Aber sie tat genau das Gegenteil. Mit ihrem schimmernden Siegerhut auf dem Kopf stürzte sie sich voller Begeisterung mitten ins Gedränge. Ihren Hunger hatte sie offenbar ganz vergessen. Wieder einmal bewunderte ich die Leichtigkeit, mit der Zoë das Glück des Augenblicks
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