Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
Wir müssen ja nicht mehr kämpfen– wenn du mit dem Betaplatz zufrieden bist, ist das okay. Komm endlich raus, damit wir Auto fahren können.«
Ich hörte ein gepresstes » Nein«, und danach probierte jemand, ob die Tür auch wirklich abgeschlossen war. Und das zweimal. Kopfschüttelnd kam Zoë zu mir und kraulte mir das Kinn.
» Na, Doggie, willst du mir helfen?«, fragte sie mit honigsüßer Stimme. » Ich muss etwas zeichnen.«
Eine Minute lang war ich so hingerissen davon, wie gefühlvoll sie mich kraulte, dass ich überhaupt nichts hörte. Dann hielt sie plötzlich inne. Als ich aufsah, begegneten sich unsere Blicke. Es war eigenartig, mir selbst in die Augen zu sehen. Meine Augen waren wirklich hübsch… unzählige Brauntöne mischten sich darin mit Honig, Kaffee und Eiche und den schönsten Lichtreflexen, die man sich vorstellen kann. Ich meinte, hinter den Iris ein mitfühlendes Wesen zu erblicken. War das Zoë? Oder war es ein kleiner Rest von mir, der bei der Verwandlung zurückgeblieben war?
Im Grunde war ich davon überzeugt, dass ich mich mit allen meinen Fähigkeiten, meinem Gehirn und meiner Seele, wenn man so will, im Hundekörper befand. Allerdings verfügte ich auch über neue Eigenschaften. Zu dem außergewöhnlichen Geruchssinn schien zum Beispiel ein wahres Lexikon an Bildern zu gehören, die jedem einzelnen der Gerüche zugeordnet waren. Das war mit Sicherheit noch ein Teil von Zoë. Umgekehrt galt dasselbe für sie– man musste sie nur ansehen. Sie konnte nicht nur sprechen, sondern auch laufen und selbständig essen, was menschliche Kinder erst nach Jahren lernten. Ein klarer Beweis dafür, dass ein Teil meiner Fähigkeiten in meinem Körper zurückgeblieben war. Ob es mir gefiel oder nicht– wir waren beide zum einen Teil Hund und zum anderen Teil Mensch. Ich dachte daran, wie die Gerüche im Park meine Sinne völlig überwältigt hatten. Der hündische Teil war natürlich vorhanden– und er war stark.
Zoë neigte den Kopf ein wenig zur Seite, als ob sie ein Ohr aufstellen wollte. » Hilfst du mir jetzt, ein Bild zu zeichnen? Ich kraule dich auch.«
Allein das Wort setzte meinen Schwanz in Bewegung. Ehe ich wusste, was ich tat, saß ich vor meinem Schreibtisch und stupste mit der Nase an eine Schublade. Natürlich öffnete sie sich nicht. Zoë beugte sich hinunter und prüfte die Konstruktion. Dann klappte sie ihre Hand auseinander wie ein Pfadfinder sein Taschenmesser und suchte nach einem geeigneten Werkzeug. Sie entschied sich für den Zeigefinger und stieß damit gegen die Schublade. Nichts geschah. Sie versuchte es noch ein zweites Mal.
Mit einem Seufzer versuchte ich, den Griff mit Hilfe meiner Zunge zu mir zu ziehen. Zoë sah genau zu. Dann ließ sie sich auf die Knie nieder und leckte mit der Zunge an dem Griff herum. Ich musste ein Kichern unterdrücken. Dann packte ich ihre Hand mit den Zähnen und zog sie vorsichtig in Richtung Schublade.
Diesmal begriff Zoë, was ich meinte, und zog die Schublade auf. » Oh!« Sie schob sie wieder hinein und öffnete sie gleich darauf ein zweites Mal. » Huch, was da alles drin ist! Toll.« Sie schob die Schublade mehrmals auf und zu. Dann neigte sie sich zur Seite und beobachtete, wie die Schublade auf Schienen lief.
Mitten in der Schublade lag ein Stapel Papier und daneben, nach Regenbogenfarben geordnet, viele Bleistifte und Buntstifte. Vermutlich war es die übliche Ordnung, doch ich nahm nur unterschiedliche Grautöne wahr.
Ich überließ Zoë ihrer Zeichnung und widmete mich wieder meinem dringendsten Problem, nämlich dem Glimmerglass. Das arme, arme Glimmerglass. Wie um alles in der Welt sollte ich nur zusätzliche Kunden in unser Café locken?
Wem machte ich hier eigentlich etwas vor? In menschlicher Gestalt war es schon schwer genug, die Leute über die Schwelle zu ziehen. Was das Essen anging, folgten die meisten Menschen einer Laune. Wer sich nicht nach Preis und Leistung richtete, machte die Entscheidung oft an winzigen Kleinigkeiten fest. An der Farbe der Markisen zum Beispiel oder an der Titelseite der Speisekarte oder einer plötzlichen Vorliebe für Guacamole. Es waren die Kleinigkeiten wie eine eigens gedruckte Wuffstock-Speisekarte, die das Publikum in bestimmte Cafés oder Bistros lockten. Was konnte ich da schon ausrichten? Ich war nur ein Hund, der keine Werbung machen konnte– selbst wenn ich es gewollt hätte. Ein Hund ohne Stimmbänder und ohne Daumen. Nur ein großer weißer Hund mit langen Beinen, den
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