Hundert Facetten des Mr. Diamonds, Band 4: Glitzernd (German Edition)
nur dort sein. Eine weitere furchtbare Frau an der Vermittlung lässt mich abblitzen. Unfähig, zu Hause zu bleiben, ziehe ich meinen Trenchcoat an, der am Haken neben der Tür hängt, schlüpfe in ein Paar Tennisschuhe und springe in das erste Taxi, das vorbeifährt. Als ich am Parkplatz des Krankenhauses ankomme, überrascht mich ein unglaublicher Regenschauer.
Scheißwetter!
Hey, Süße, auch wenn du nass bis auf die Knochen bist, wirst du sicher nicht schlimmer aussehen als noch vor einer halben Stunde. Wenigstens kannst du dich auf den Regen ausreden.
Ich flüchte unter ein Vordach, um mich wieder zu fangen. Dort sehe ich mich um und denke über die beste Strategie nach. Etwa zehn Meter links von mir erkenne ich eine Silhouette, die mir seltsam vertraut erscheint. Groß, blond, breite Schultern, gelassen und mit natürlicher Klasse … Doch trotzdem steigt ein Zweifel in mir hoch.
Du bist verrückt, Süße, jetzt siehst du ihn schon überall.
Wenn ich ihn genauer betrachte, sieht er etwas anders aus als der, für den ich ihn halte. Er ist vielleicht etwas schlanker oder weniger muskulös (
er kann abgenommen haben …
), seine Haare sind länger (
nach zwei Wochen im Krankenhaus kann das schon vorkommen …
), seine Kleidung ist cooler (
man brezelt sich während der Rekonvaleszenz wohl nicht auf …
) und er hält eine Zigarette in der Hand (
das liegt ganz sicher am Stress nach dem Absturz …
).
Jetzt stellst du dir nicht nur Fragen, sondern beantwortest sie sogar, du bist ja noch verrückter, als ich gedacht habe!
Trotz alledem spüre ich meinen Herzschlag bis in die Schläfen pochen, während ich ihn beobachte, und meine Beine beginnen zu laufen, noch bevor mein Gehirn sich dazu entschließt. Ich stürze mich auf den Unbekannten, der mir umso bekannter erscheint, je näher ich ihm komme. Als ich sicher bin, dass es wirklich Gabriel ist, werfe ich mich ihm, vollkommen außer Atem und tränenüberströmt, wortlos um den Hals. Er erwidert meine Umarmung und hält mich fest, dann tritt er einen Schritt zurück, sieht mich überrascht an und schenkt mir ein ehrliches, freundliches Lächeln.
„Sehr erfreut! Ich liebe direkte Frauen, aber Sie sind wirklich sehr nass! Kennen wir uns?“
„Haha, wirklich sehr witzig!“
„Ich liebe auch Komplimente, aber ich glaube, Sie verwechseln mich.“
„Komm schon, es reicht. Ich hatte solche Angst, Gabriel.“
„Jetzt ist mir alles klar. Mein Name ist Silas, ich kann Sie aber zu ihm führen, wenn Sie wollen.“
Als er sieht, wie verblüfft ich bin, nimmt sich Gabriels Doppelgänger meiner an und begleitet mich in das Krankenhaus, während er mir erklärt, dass er nur eine blasse Kopie ist, der missratene Zwilling, der seit 35 Jahren im Schatten seines Bruders lebt. Ich traue meinen Augen nicht, als ich ihn genauer ansehe, während wir weitergehen. Er erzählt mir vom Flugzeugabsturz vor 13 Tagen, vom Tod des Piloten und einer der beiden Stewardessen, von den Verletzungen, die Gabriel erlitten hat, der wie durch ein Wunder überlebt hat, aber drei Tage lang im Koma lag, danach aufwachte und sich jetzt langsam erholt. Ich versuche, all diese Informationen abzuspeichern und muss dabei daran denken, dass Gabriel es in den vergangenen zehn Tagen, seitdem er wieder erwacht ist, nicht für nötig befunden hat, mich anzurufen.
Wie es ihm wohl geht? Will er mich überhaupt an seinem Krankenbett sehen?
„Gab, du hast Besuch. Ganz besonderen Besuch. Sie ist tropfnass, aber sehr nett … Und sehr herzlich, wenn du mich fragst.“
„Wer ist es?“
Er hat nur gemurmelt, doch ich würde seine Stimme unter tausend anderen erkennen. Mein Puls steigt erneut. Ich bin in der Türe stehen geblieben und Silas gibt mir ein Zeichen, einzutreten. Ich schleiche verstohlen in das luxuriöse Krankenzimmer und sehe, wie Gabriel im Bett liegt. Ein Arm ist eingegipst, er hat zahlreiche Wunden im Gesicht und seine Wangen und sein Kiefer sind schmerzverzerrt. Sein Anblick bricht mir das Herz. Ich erkenne ihn kaum wieder. Doch sogar in seinem Zustand, im Bett liegend, sieht er trotzdem beeindruckend, mysteriös und unglaublich sexy aus.
„Kenne ich nicht. Ich bin müde, ich will allein sein.“
„Gabriel, ich bin's. Amande.“
Meine Stimme ist fast flehend, mitleiderregend. Eine junge blonde Krankenschwester unterbricht diesen Dialog, der auf taube Ohren stößt, als sie das Zimmer betritt. Silas mustert sie von Kopf bis Fuß und wirft ihr einen gekonnt verführerischen
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