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Hundestaffel

Hundestaffel

Titel: Hundestaffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Abermann
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Frage. Er wusste nichts, er tat nur, was du von ihm verlangtest. Ich weiß nicht, ob du dir darüber im Klaren warst, dass ich die Ohrfeige gesehen hatte. Sicher hätte es deinen Ärger noch gesteigert, dass diese Schmach in der Welt war; ein Teil der Welt war und sich trotzdem deiner Kontrolle entzog. Ein blinder Fleck, der dir schlaflose Nächte bereitete, weil er nun in meinen Händen lag. Du hättest lieber gesehen, wie dieser Moment unter die Erde käme, weit weg von neugierigen Blicken. Und doch habe ich diese Szene wieder ausgegraben. Beinahe wäre sie verloren gegangen, doch ich habe sie gerettet. Nun kann ich sie gegen dich verwenden wie eine Waffe. Ich kann dich mit der Erinnerung an diesen Moment an die Wand stellen und abdrücken. Verzeih mir, Hannes. Aber dieser Moment gehört nun mir.
    Also Hände hoch. Und zurück ins Loch.

    Jetzt spuck es aus, Hannes. Gib es zu. Wann hast du Leo losgeschickt? Ich weiß, dass noch weitere Kränkungen in dieser Woche auf dich gewartet haben. Musste sich dein Entschluss erst festigen, oder hast du ihn noch in der Nacht beauftragt? Gleich nach der Ohrfeige? Sag, wann hast du ihn losgeschickt? Jetzt, wo deine Geschichte mir gehört, kann ich mit dir machen, was ich will. Ich stelle ihn mir also vor, deinen Mittelsmann, unruhig in seiner Wohnung auf und ab gehend, ein Mobiltelefon in der Hand, im Gedächtnis den Namen der Tabletten, von denen du gelesen hattest:
    Leo stürzte den dritten Kaffee hinunter. Noch immer keine Wirkung, noch immer blieb das Mobiltelefon still. Keine Nachricht, kein Anruf, nichts, nur die ständige Versuchung, selbst anzurufen. Er hielt sich jedoch zurück. Die Unruhe kam nur von der Müdigkeit. Und was sollte man auch tun? Gonzo war einer jener Dealer, denen ihr eigenes Geschäft irgendwann zu Kopf gestiegen war. Er würde nie zum großen Drogenboss aufsteigen, doch um sich groß zu fühlen, hatte er sich eine Vielzahl von Marotten zugelegt. Dazu gehörte auch, dass er nur früh am Morgen verkaufte. Langschläfer kauften anderswo. Aber wenn man Sonderwünsche hatte, war Gonzo die einzige Adresse. Und es drehte sich doch um einen Sonderwunsch. Das war das Wort gewesen, das Hannes gebraucht hatte, ein Sonderwunsch. Oder war es ein anderes Wort gewesen? (Oft hatte Leo Probleme, seine eigenen Worte von denen anderer zu unterscheiden.) Doch wie immer man es auch nennen wollte, war es doch ein klar definiertes Gesetz, dass man nicht bedient wurde, wenn man Gonzo missfiel. Wer nervös wurde, war seiner Dienste nicht würdig. Leo hatte unzählige Male mitangesehen, wie Gonzo die Hand zu einer scheinbar entschuldigenden Geste gehoben hatte – man könne nichts tun, sagte er, alles ausverkauft. Leider. Selbst wenn die Ware in diesem Moment noch offen auf dem Tisch lag: Seine Entscheidungen waren unvorhersehbar und zumeist ohne Grundlage. Doch vor allem waren sie unabänderlich. Leos Auge flackerte, er blickte wieder auf die Anzeige des Telefons. Nichts. Leo erinnerte sich an den Abend, als Hannes von der Toilette zurückgekommen war, der Gang beschwingt. Leo erinnerte sich, dass er sich gefragt hatte, wo Hannes so lange geblieben war. Er habe soeben eine wundervolle Idee gehabt, sagte Hannes mit verschwörerischer Stimme. Er glaube, dass er endlich zu einer Lösung gefunden habe für ein überaus lästiges Problem. Er stieß Leo an, lachte, es gebe doch immer eine Lösung. Hannes bestellte Cocktails für sie beide, zur Feier des Tages, sagte er. Oft seien die einfachsten Lösungen die besten. Was zusammengehörte, müsste nur zusammengebracht werden, hatte Hannes gesagt. Wenn nötig mit Gewalt. Nein, das war nicht das Wort gewesen, das er gebraucht hatte, dachte Leo. Was war es gewesen? Wenn nötig mit Hilfsmitteln, hatte er gesagt. Ja, Hilfsmittel
. A little help from my friends.
Ob Leo das auftreiben könne, hatte er gefragt. Und dieser erinnerte sich, genickt zu haben, ohne dass er jemals über die Antwort nachgedacht hatte. Im Nachhinein schien es ihm, dass ihm eine andere Antwort wohl gar nicht möglich gewesen wäre. Er gehorchte selbst dann noch, wenn sich in ihm alles sträubte. Er handelte schon, wenn der Befehl noch nicht ausgesprochen war. Als sei er verpflichtet, Hannes entgegenzukommen
.
    Nun wartete er unruhig auf Gonzos Rückruf. Auch wenn Leo gewohnt war, in Hannes Auftrag irgendwelche Pillen zu besorgen, drehte es sich hier doch um etwas anderes als den gewohnten Stoff. Die Sache war komplizierter, als sie aussah: Konnte Gonzo das

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