Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
Vom Netzwerk:
erstarrte, die mit in den Kniekehlen hängender Hose im Bett lag (in Übereinstimmung mit meinem mitgeschnittenen Manuskript hatten sie ihr also die Hose nicht ganz ausgezogen). Es war auch der Spundpfropfen, der zwei flüchtende Schatten durch das Fenster verfolgte, über eine Bank stolperte und Grasflecken auf sein Hemd bekam, während die Unbekannten durch das Loch in der Hecke verschwanden und sich in der dunklen Nacht zerstreuten. Wir konnten ihn draußen fluchen hören, doch zu unserer großen Überraschung bewegte Jimmy sich nicht. Er stand noch immer hinter der Tür, mit einer Beule an der Stirn, die meiner wahrscheinlich ziemlich ähnlich sah.
    »Hau ab!« schrie Stinne. »Mach bloß, daß du wegkommst!«
    Er wollte etwas sagen, aber es kam kein Wort aus seinem Mund. Stinne zog ihre Hose hoch und spuckte mehrmals auf den Boden. Waren sie in sie eingedrungen? Und wie lange …
    Erst als der Spundpfropfen wieder ins Haus kam, geschah etwas mit Jimmy. Der Spundpfropfen griff ihn ohne großes Federlesen am Kragen und versetzte ihm einen Kopfstoß, daß Jimmy mit blutender Nase auf den Fußboden stürzte.
    »Du bleibst hier«, schnaufte er.
    »Hau ab!« brüllte Stinne, während das Blut Jimmy aus der Nase tropfte und einen kleinen dunklen Fleck auf dem Teppich hinterließ.
    »Aber …«, stöhnte der Spundpfropfen.
    »Fahr zur Hölle!« heulte Stinne.
    »Wir wissen, wer du bist«, fauchte der Spundpfropfen, als er den Täter widerstrebend gehen ließ. Noch immer blaß, mit tropfender blutiger Nase und ohne uns den Rücken zuzuwenden, verschwand Jimmy aus unserer Geschichte, während sein Mund versuchte, die Worte zu formen, die niemals über seine Lippen kamen. Seither sollte er sich in einen Schatten verwandeln, der mir immer aus dem Blickfeld glitt, um die Ecken verschwand und sich in zufälligen Einfahrten versteckte, wenn ich vorbeikam. Die beiden anderen waren Freunde von Jimmy. Stinne kannte einen von ihnen, aber nicht besonders gut, erzählte sie viele Jahre später. Den anderen kannte niemand von uns, und das einzige, was ich heute noch mit ihm verbinde, ist sein Lachen.
    Jimmy schloß die Haustür hinter sich, tropfte sich den ganzen Weg durch unsere Einfahrt, und einen Moment später stand der erregte Spundpfropfen im Wohnzimmer, um die Polizei anzurufen.
    Stinne wollte es am liebsten so sehen: Es handelte sich lediglich um einen verlorenen Kampf, eine Beule auf der Stirn, eine seltene Niederlage unter vielen Siegen, und schließlich gelang es ihr, den Spundpfropfen davon abzubringen, die Polizei anzurufen, und sie rang ihm das Versprechen ab, nichts davon Vater zu erzählen.
    »Ich habe sie selbst hereingelassen«, sagte sie Jahre danach, »ich habe Hasch mit ihnen geraucht. Wie hätte das denn ausgesehen?«
    Eine halbe Stunde später hatte Stinne den Spundpfropfen auch überredet, nach Hause zu fahren. Er wollte unbedingt auf dem Sofa schlafen, meine Schwester wollte ihn jedoch um jeden Preis loswerden.
    »Wir würden jetzt gern allein sein«, sagte sie entschuldigend, und ein wenig verwirrt setzte er sich in seinen roten Sportwagen. »Danke«, sagte sie leise zu ihm, bevor sie die Wagentür zuschlug.
    Dann waren wir wieder allein zu Haus. Wo waren unser Vater und unsere Mutter? Wieso spielten sie eine so geringe Rolle in unserer Geschichte? Eine unangenehme Stille empfing uns, und wir setzten uns an den Eßtisch wie zwei Automaten, die auf das Abendbrot warteten. Stinne faßte sich mehrmals an den Hals. Ich bekam keinen Blickkontakt zu ihr, und es war auch nicht sie, die endlich die Stille brach und an diesem Abend, nachdem der Spundpfropfen heimgefahren war, zu weinen anfing. Es war ihr kleiner Bruder.
    »Tut es weh?« fragte Stinne sofort. Sie selbst war nicht in der glücklichen Situation, eine Beule an der Stirn zu haben. Am folgenden Tag bemerkte ich zwei blaue Flecken an ihren Handgelenken, aber das war auch alles. »Haben sie …«, fragte ich, »sind sie ganz …?«
    »Nur der eine«, antwortete sie und fügte kurz darauf mit der vertrauten Verachtung in ihrer Stimme hinzu: »Vorzeitiger Samenabgang.«
    Darüber mußten wir ein bißchen lachen, aber dann kehrte die Stille zurück. Was wäre, wenn sie schwanger würde? Stinne griff sich wieder an den Hals. »Ich will ins Bad«, sagte sie schließlich. Ich nickte.
    »Und dann möchte ich gern allein sein.«
    Die Beule verschwand. Die blauen Flecken meiner Schwester verschwanden. Sogar die Kratzer auf Spundpfropfens Kühler waren nach einem

Weitere Kostenlose Bücher