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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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und unsere Welt zerbrach nicht, weil unsere Eltern sich nicht mehr vertrugen. Der Streit bedeutete lediglich, daß wir nicht schlafen konnten, und Stinne ging ins Bad; ich hörte sie das Wasser aufdrehen und sah vor meinem inneren Auge eine Meerjungfrau mit offenen Augen auf den Boden einer Badewanne gleiten. Sie hatte inzwischen so viele Schichten ihres früheren Ichs abgewaschen, daß ich manchmal Schwierigkeiten hatte, sie wiederzuerkennen. Ich selbst setzte meine Kopfhörer auf und starrte in die Leselampe. Die Bruchstücke der Geschichte eines jungen Mannes, der einen Tritt in den Arsch braucht, ließen mich glauben, daß er von mir sprach, und ich nahm mir ein Kunstbuch und blätterte darin. Es war mein erstes eigenes Kunstbuch, ich hatte es von Großvater als Geburtstagsgeschenk bekommen, denn im Gegensatz zu vielen anderen gefielen mir seine kubistischen Motive, obwohl ich mir zu diesem Zeitpunkt bereits auch die wenigen symbolistischen Kunstbücher genau angesehen hatte, die ich in einem abseits stehenden Regal im Haus am Tunøvej fand.
    »Es ist genau umgekehrt!« brüllte mein Vater im Wohnzimmer. »Siehst du das nicht ein?«
    Als der Streit vorüber und meine Schwester so rein wie überhaupt nur möglich war, bekam niemand mit, daß Vater, nachdem Mutter ins Schlafzimmer gegangen war, einen Schwindelanfall hatte, der ihn im Wohnzimmer in die Knie zwang. Es wußte auch niemand von uns, daß er die ganze Nacht auf dem Sofa saß und Kaffee in sich hineinschüttete, während sich seine neue Sicht auf die eigene Vergangenheit in ihm festsetzte. Wie kommt das? dachte er. Wieso ausgerechnet gerade jetzt? Wie ein unterseeischer Berg hatten sich diese neuen Einsichten und Erkenntnisse unter die offizielle Geschichte von Niels junior Segelohr als abwesendem Familienvater geschoben. Und die Geschichte war noch nicht zu Ende. Sie knackte und krachte noch immer.
    Dies geschah zwei Tage, bevor er eines frühen Morgens den betreffenden Brief öffnete, und als er am nächsten Vormittag nach wenigen Stunden Schlaf auf dem Sofa erwachte, hatte er keine Lust aufzustehen. Er lag auf dem Rücken, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, und ließ seinen Blick über die Decke wandern. Leila war gegangen, ohne ihn zu wecken. Die Kinder waren in der Schule. Er war zum ersten Mal seit langer Zeit allein im Haus, und die Stille erfüllte ihn mit einem merkwürdigen Gefühl – etwas war nicht in Ordnung. Er ließ seinen Blick weiter über die Wände schweifen. Der braune Rupfen, der das Wohnzimmer auskleidete, ein grauenvolles Gemälde, das er aufgehängt hatte, um Ärger zu vermeiden, die abgenutzten Möbel – für einen erfolgreichen Kaufmann wohnte er nicht sonderlich vornehm; das Haus benötigte wirklich eine liebevolle Hand, dachte er und sperrte die Augen auf, denn so, im Alter von dreiundvierzig Jahren auf dem Sofa liegend, wurde ihm plötzlich klar, was nicht in Ordnung war: Er hatte keine Lust, zur Arbeit zu gehen. Das war ein vollkommen neues Gefühl, das ihn beunruhigte, nachdem er sich immer unsagbar gefreut hatte, wenn er sich morgens in seinen Mercedes setzte, den Zigarettenanzünder und das Radio bediente und bei jedem Wetter ins Büro fuhr. Nun aber hatte er nicht die geringste Lust. Einen Augenblick später stand er am Telephon und log sich bei seiner Sekretärin krank, wobei er demonstrativ hustete.
    »Halsentzündung«, sagte er, zog sich ein paar alte Jeans und einen löchrigen Strickpullover an, fuhr in den örtlichen Farbenhandel und kaufte weiße Farbe. Kurz darauf hatte er die meisten Möbel aus dem Wohnzimmer geschleppt und war dabei, den alten Rupfen mit dicken Pinselstrichen zu bearbeiten, ansonsten opferte er der Malerarbeit allerdings nicht sehr viel Aufmerksamkeit. Während er auf der Leiter herumsprang und mit Pinseln und Farbe kämpfte, die ihm ins Haar tropfte und zahllose Flecken auf seinen Sachen hinterließ, arbeitete die nächtliche Geschichte in ihm weiter. Bis Stinne gegen drei nach Hause kam, war Niels klargeworden, daß er die falschen Schlüsse gezogen hatte. Nie hatte er sich von seiner Geschichte befreien können, und das war Askilds Schuld. Askild hatte immer in seinem Hinterkopf herumgespukt, hatte seinen unversöhnlichen Schatten über das Leben des Sohnes geworfen und ihn jeden einzelnen Tag zur Arbeit getrieben – mit dem einzigen Ziel, nicht so zu enden wie sein Vater. Konnte man auf so etwas eine Existenz bauen?
    So arbeiteten die Geschichten, während sich unser dunkles

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