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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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irgendwelche Geschäfte zu regeln, und der Spundpfropfen war nervös wegen einiger neuer Briefe des Finanzamts und saß gerade in seinem smarten Auto, als ich einen Schrei hörte.
    Der Spundpfropfen hatte ein Rendezvous gehabt und nicht daran gedacht, daß Vater in Kopenhagen war, als er sich ins Auto setzte. Eine dänisch-kanadische Bergsteigerin hatte ihn ziemlich durcheinandergebracht, obwohl sie ihm, kurz bevor es interessant zu werden begann, wie ein flatterhafter Schmetterling entwischt war. »Mist«, fluchte der Spundpfropfen, als er allein in sein Auto stieg. Bereits am kommenden Tag würde seine Bergsteigerin in einem Flugzeug auf dem Weg in den Himalaja sitzen, und der Spundpfropfen verspürte eine seltsame Mischung aus Irritation und Verliebtheit. Den ganzen Abend über hatte sie ihm in Intervallen von fünf Minuten das Gefühl gegeben, eine große Nummer beziehungsweise ein kleiner Junge zu sein … Und als wäre das alles noch nicht genug, gab es diese bedrohlichen Briefe vom Finanzamt: mit Vokabeln wie »polizeiliche Anzeige« und »Steuerhinterziehung« …
    Das erste, was ich hörte, war doch nicht der Schrei. Es waren ein Klopfen an der Haustür und ein paar aufgeregte Stimmen, die nach einem schnoddrigen kleinen Bruder fragten, der die Frechheit besaß, Kassetten im Stadtteil zirkulieren zu lassen, auf denen Stinne sagte, der kleinste und krummste baumele zwischen Jimmy Madsens Beinen. »Wo ist er?« fragten sie, und als Stinne sich ihnen in den Weg stellte, schubsten sie sie zur Seite und gingen auf meine Zimmertür zu.
    »Asger!« rief Stinne. »Schließ die Tür ab!«
    Ich hatte bereits eine der Stimmen erkannt. Es war Jimmys, die beiden anderen kannte ich nicht. »Schließ auf!« brüllte Jimmy und schlug gegen die Tür. »Wir wollen mit dir reden.« Ich hatte allerdings überhaupt keine Lust, mich auf eine Unterhaltung mit den unerwarteten Gästen einzulassen. Es war beinahe ein Jahr her, seit ich Bjørn dieses famose Band gegeben hatte, aber erst heute hatten ein paar kleinere Jungen Jimmy die Kassette vorgespielt, die meine perfekte Rache hätte sein sollen. Nicht alle hatten die Pointe verstanden. »Jimmy lacht sich schief und krumm!« hatten sie gerufen. »Er raucht zuviel Shit!« Andere hingegen verstanden die zweideutigen Beleidigungen aus dem Munde meiner Schwester ausgezeichnet. »Paß auf die Möwen auf!« schrien sie. »Jimmy hat keinen Schwanz, er hat einen Wurm!«
    Als ich mit klopfendem Herzen hinter der Tür stand, wußte ich noch nichts über das unglückselige Schicksal meiner Kassette.
    »Wann kommen eure Eltern nach Hause?« hörte ich von der anderen Seite der Tür.
    »Bald«, log Stinne.
    »Aber Zeit genug für ein Bier wird wohl sein?«
    »Nichts da«, antwortete Stinne.
    »Hol ein paar Bier«, erklang die unbekannte Stimme. Dann war es einige Minuten ganz still auf der anderen Seite, bis meine Schwester sagte, daß auf den besagten Bändern sehr wahrscheinlich die Wahrheit zu hören wäre. Was passierte da draußen? Ein Krieg der Blicke, Stille, das Geräusch von Haut, die auf Haut klatscht, »oder wir schlagen die Tür ein«, hieß es, und sofort danach hörte ich ein schnelles »Okay«, was nicht sonderlich ermutigend klang.
    Also holte Stinne doch Bier für unsere unerwarteten Gäste. Durch das Guckloch konnte ich die eine Hälfte eines unbekannten Gastes erkennen, der auf Stinnes Bett saß und auf den Fußboden aschte. »Hört auf damit!« schrie Stinne, und ich schaltete sofort den Kassettenrecorder ein, für den Fall, daß sich irgend etwas aufschnappen ließ, was man später gegen sie verwenden konnte. »Ist doch sehr gemütlich hier«, sagte der Unbekannte. »Ist ja ’n ziemlich berühmter Ort, hirhir … hab’ ich viel von gehört … hier passiert’s also, hirhir …«
    Meine stärkste Erinnerung an diesen Abend ist dieses »Hirhir«. Ein Lachen, das auf- und abschwoll und auf meinem Kassettenrecorder verewigt wurde, ein boshaftes Lachen, das auch nicht leiser wurde, als einer der Unbekannten einen Beutel aus der Tasche zog und einen Joint zu drehen begann.
    Auch Stinne rauchte Hasch, nachdem sie sie lange genug gedrängt hatten, aber sie lachte nicht. »Finger weg!« schrie sie statt dessen. Früher war meine Schwester berühmt für ihre ziemlich harten Fäuste. Früher hatte sie alle mit einem einzigen Blick zum Schweigen bringen können, aber an diesem Abend konnte sie nicht verhindern, daß die Gäste immer unangenehmer wurden. »Vielleicht kommen

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