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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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und sagte, er solle ihr den mit dem Hut zeigen. Normalerweise gehörte der mit dem Hut nicht gerade zu den Zauberkunststücken, die man im Wohnzimmer zeigte, aber Thorsten lag krank im Bett, Ellen war in der Stadt, Schwester Line nicht zu Besuch, und Ejlif hatte direkt nach Kriegsende Arbeit in einem Sägewerk in Børkersjø gefunden und war ins Nordland gezogen.
    »Dazu bedarf es ein wenig Organisation«, sagte Thor und lief in den Flur, um einen Hut zu holen, während Askild auf dem Weg zum Skivebakke schnaufte wie ein alter Mann.
    »Abrakadabra«, grinste Thor und zog ein paar weiße Baumwollhöschen aus dem großen Hut, den Bjørk vorher nach verborgenen Räumen und losen Klappen untersucht hatte, »was sagst du nun?« Eigentlich war der mit dem Hut ein Kneipenwitz: »Wo mag deine Frau heute nacht wohl gewesen sein?« fragt der Zauberkünstler, zieht das Höschen aus dem Zylinder und ruft: »Beim Herrn Direktor!«
    Bjørk lachte so laut, daß sie das vorsichtige Klopfen an der Tür überhörte. »Noch einmal«, rief sie, und Thor, der Arzt, sagte »Hokuspokus«, ging vor Bjørk in die Knie und beschrieb mit einer Hand eine Kreisbewegung.
    »Normalerweise gehen die Leute einfach rein«, rief ein kleiner Junge Askild zu, der daraufhin die Tür aufmachte und sich in den Flur schlich, plötzlich klamm am ganzen Körper. Auf seinem schlimmen Ohr konnte er nichts hören, und so trat er in dem Moment ins Wohnzimmer, als Thor das weiße Baumwollhöschen zum zweiten Mal aus dem Hut zog und Bjørk damit vor der Nase wedelte. Doch anstatt zu lachen, fing sie zu Thors Verblüffung laut an zu schreien, erschrocken über den ausgemergelten Askild, der so sehr den Bildern der europäischen Juden glich, die sie in der Bergens Tidende gesehen hatte.
    »Was zum Teufel!« entfuhr es Thor, der verwirrt das weiße Baumwollhöschen in die Tasche stopfte.
    Großmutter hörte auf zu schreien, und eine eigenartige Stille legte sich über das neue Haus am Skivebakke. Großvater drehte sich in der Tür um, trat mit dem großen Zeh gegen die Schwelle und verließ das Haus. Auf der Straße beeilte er sich, nun wollte er nach Hause, er wollte nichts hören von Bjørk, die hinter ihm herlief – ja, als sie versuchte, ihn am Arm zu halten, schlug er mit seinem Stock nach ihr. Askild hatte genug, er wollte heim nach Skansen, wo er sieben Jahre nicht gewesen war.
    »Askild! Wo willst du hin?« schrie Bjørk und folgte ihm noch ein paar hundert Meter, bis sie umdrehte und zurück zum Haus am Skivebakke ging, währenddessen der kleine Junge seinen Kameraden zurief: »Dort geht der Zimmermann, der, der den Deutschen niedergeschlagen hat!«
    »Was soll ich bloß machen?« flüsterte Bjørk, als sie zurück war. Thor antwortete, daß sie sich nun wirklich entscheiden müsse, warum also sich nicht für ihn entscheiden, sagte er und fluchte, weil er es leid war, Kaninchen aus seinem schwarzen Hut zu ziehen, abzuwarten und den geschickten Zirkusclown zu spielen. Ein halbes Dutzend Jahre waren vergangen, seit er Bjørk zum ersten Mal anläßlich eines Abendessens bei Herrn ehemaligen Reeder und nun ziemlich imbezilen Thorsten Svensson gesehen hatte, der im Zimmer nebenan in sein Bett sabberte und alles mit angehört hatte. Wähl Thor, wähl Thor, wähl Thor , hätte er gesagt, aber er mußte sich damit begnügen, sich unruhig im Bett hin- und herzuwälzen, weil er nicht wie der Mann, der er einmal gewesen war, aufstehen und auf den Tisch hauen konnte.
    Vor dem Haus auf Skansen blieb Askild einen Augenblick stehen und schaute hinauf zu der Wohnung, in der Mutter Randi häkelte und Vater Niels im Schaukelstuhl eingenickt war. Die Schar von Burschen, die um ihn herumstanden, wurde allmählich größer. »Hast du fest zugeschlagen?« wollten sie wissen und schlugen sich mit Stöcken auf den Kopf, um ihre Frage zu illustrieren.
    »Ja!« sagte Askild in einem Anfall von plötzlichem Leichtsinn und fuchtelte zum Spaß mit dem Stock herum, »er hat ordentlich was auf die Nuß gekriegt, ha!« Die Jungen jubelten hingerissen, nur Askild mußte an den unglücklichen Russen denken, den sie wie einen Hund erschossen hatten. Er war es doch, nicht Askild, der den deutschen Soldaten am Holzlager niedergeschlagen hatte.
    »Verzieht euch, zur Hölle noch mal«, stöhnte er und schlug mit dem Stock um sich, »sonst bekommt ihr so viel Prügel, daß eure Mütter euch nicht mehr wiedererkennen, wenn ihr heimkommt.«
    »Och!« schrie einer der Burschen. »Schade! Der

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