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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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hatte Appelkopp nie kennengelernt, er lebte bei seinen Großeltern, seine Mutter Ingrid wohnte in einer Einzimmerwohnung außerhalb der Stadt. »Das sagen sie auf der Straße. Sie sagen, er ist Zimmermann, weil er einmal einen Deutschen mit einem Stock auf den Kopf geschlagen hat.«
    »Zimmermann?« erwiderte Mutter Randi. »Was ist das denn für ein Unfug?«
    »Askild!« rief die Krankenschwester und beugte sich über meinen apathischen Großvater. »Komm jetzt aus dem Bett. Schreib einen Brief. Fahr nach Hause zu deiner Familie. Du kannst nicht den Rest deines Lebens hierbleiben.«
    Warum eigentlich nicht? dachte Askild und starrte abwesend vor sich hin, bevor er ihr wieder den Rücken zuwandte und sich in seinen eigenen Gedanken verlor. Zwei lange Jahre hatte ihn das Bild von Bjørk, eingehüllt in eine rosafarbene Decke unter den Birken am Kalfarvei, am Leben erhalten, aus dem stinkenden Latrinengraben getrieben und den entsetzten Herman Hemning auf einer Ebene in Ostdeutschland totschlagen lassen, aber nun, da er endlich als freier Mann nach Hause fahren konnte, weigerte er sich, Ramlösa zu verlassen. Bjørks Bild in einem leuchtenden Birkengarten schien plötzlich in ein ganz anderes Leben zu gehören, damals, als Askild noch jung und naiv war, ein Bursche mit jugendlichen Träumen, Schmugglerträumen von Reichtum, Seefahrten … Nein, Askild überlegte tatsächlich ernsthaft, in Schweden zu bleiben und in einem Land von vorn zu beginnen, in dem ihn niemand kannte. Eines Tages, als ihn der entsetzte Blick Herman Hemnings nicht mehr länger im Bett hielt, erkundigte er sich nach den Möglichkeiten, bleiben zu können – unmöglich sei es nicht, antwortete ihm der Oberarzt. Und in der folgenden Woche bekam er die Adresse eines Schwagers des Oberarztes in Göteborg, der ihm möglicherweise helfen konnte.
    Am nächsten Morgen saß Askild auf der Bettkante und wippte anderthalb Stunden mit den Füßen. Soll ich – soll ich nicht, ja oder nein …
    Dann fuhr er heim nach Bergen.

Der Zimmermann
    D er Kalfarvei sah genauso aus wie immer, doch ihn hatten die Leute schon am Bahnhof so eigenartig angestarrt; und als er, gestützt auf seinen Stock, den Gartenweg hochhinkte und an die Haustür klopfte, aus der ihn Thorsten vor ewig langer Zeit einmal verwiesen hatte, wurde es nicht viel besser.
    »Nein, Sie sind das?« fragte eine verblüffte Frau, als sie die Tür öffnete und den klapperdürren Askild sah. »Der Zimmermann!«
    »Ich bin Ingenieur, gute Frau«, erklärte Askild, der sich nicht daran erinnern konnte, diese Frau schon einmal gesehen zu haben, »ich würde gern Bjørk Svensson besuchen, danke.«
    »Nein, tatsächlich«, fuhr sie fort und starrte Askild bewundernd an, »ja, er hat aber auch einen ordentlichen Hieb abbekommen, der deutsche Hund.«
    Askild konnte natürlich nicht wissen, daß man ihm – nachdem eine Zeitungsnotiz über die unglückliche Episode am Hafen berichtet hatte – in seiner Abwesenheit den Spitznamen »der Zimmermann« gegeben hatte. »Nun hören Sie endlich mit diesem Zimmermannsunfug auf«, fauchte er, »ist sie zu Hause?«
    »Nein, mein Gott, nein«, brach es aus der Frau heraus, »die Deutschen haben doch alle Schiffe versenkt, und dann bekam Herr Svensson dieses Gerinnsel, der arme Mann. Sie wohnen jetzt am Skivebakke, sie mußten verkaufen …«
    »Psst …«, fuhr sie fort, als Askild Anstalten machte zu gehen, »erzählen Sie mir … wie war das eigentlich da unten?«
    »Beschissen«, antwortete Askild und ging den Gartenweg hinunter, wo er einst jeden Donnerstag gestanden und auf Bjørk gewartet hatte. Nach einem Stück auf dem Kalfarvei mußte er stehenbleiben, weil sein Herz raste und er plötzlich an seinen Vater denken mußte. War er auch untergegangen? Von einem deutschen Torpedo irgendwo im norwegischen Meer getroffen? Das linke Ohr machte sich bemerkbar, und Askild überlegte, ob er zunächst nach Skansen gehen sollte, um seine Eltern zu sehen, doch er entschied sich anders und ging weiter zum Skivebakke. Er stellte sich vor, wie Bjørk in einem undichten Holzhaus im Schaukelstuhl saß und melancholisch in die Luft starrte. Das tat sie allerdings nicht.
    »Hoppla!« rief Thor, der Arzt, und zog ein Zehnørestück hinter Bjørks Ohr hervor. »Da haben wir ja die gute Laune!«
    Bjørk lachte laut auf; seit sie sich Thor anvertraut hatte, der ihr sofort eine tägliche Vitaminkur verordnete, blutete ihr Zahnfleisch nicht mehr. Sie legte ihre Hand auf Thors Arm

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