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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Zimmermann ist grantig. Ähbäh!« brüllten alle, als Askild die Haustür schloß und sich die Treppe in den zweiten Stock hinaufkämpfte, wo Mutter Randi das Geschrei auf der Straße gehört hatte. »Was ist denn das für ein Lärm?« flüsterte sie und stand auf, um zum Fenster zu gehen. In diesem Moment flog die Tür auf, und ihr Sohn trat ein.
    »Askild?« brachte Mutter Randi gerade noch heraus, bevor ihr das Häkelzeug aus der Hand fiel.
    Vater Niels sprang aus dem Schaukelstuhl und lief an Randi vorbei auf den heimgekehrten Sohn zu, sie stießen mit den Köpfen zusammen, als er ihn in seine Arme schließen wollte. Es kam nicht alle Tage vor, daß zwei Männer der Familie Eriksson sich umarmten. Hinterher rieben sie die stoppelbärtigen Wangen aneinander, und der inzwischen pensionierte Steuermann murmelte seinem Sohn, mit dem er so lange nicht gesprochen hatte, einige unverständliche Laute ins Ohr.
    »Ich bin wieder da«, sagte Askild, als er seinen Stock vom Boden aufgehoben und sich in den Schaukelstuhl gesetzt hatte, »aber bitte fragt mich nichts.«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Mutter Randi und lief zum Fenster, um die Bengel auf der Straße zu beauftragen, zu Frau Ibsen zu laufen und Ingrid und Appelkopp Bescheid zu geben, daß Askild nach Hause gekommen sei. »Es passiert schließlich nicht jeden Tag, daß der eigene Sohn von den Toten zurückkehrt!« rief sie und hatte das seltsame Gefühl, gleich wahnsinnig zu werden. Sicherheitshalber mußte sie einen zusätzlichen Blick auf ihren dreißigjährigen Sohn werfen, der in der Nachmittagssonne mit seinem Stock wie ein alter Mann im Schaukelstuhl saß. »Jawohl«, schrie sie den Jungen auf der Straße hinterher, »er ist es wirklich!«
    Ingrid kam zur Tür hereingerannt und fiel Askild um den Hals, während Appelkopp in der Tür stehenblieb und seinen zurückgekehrten Onkel enttäuscht anstarrte.
    »Das ist Askild?« flüsterte er und schickte seiner Mutter einen vorwurfsvollen Blick. »Ich dachte, er ist viel größer.«

Die Verwandlung
    A ls Bjørk am späteren Tag in die Wohnung auf Skansen kam, wurden zwischen ihr und meinem Großvater nur drei Sätze von Bedeutung gewechselt.
    »Tja«, sagte Bjørk und legte die Hand auf Askilds Arm, »jetzt ist er zum letzten Mal gegangen.«
    »Wer?« fragte Askild.
    »Thor, der Arzt«, antwortete Bjørk, »er kennt ein paar ganz gefährliche Kunststücke.«
    Mit diesen Worten verschwand Thor Gunnarsson, aufgrund seines besonderen Charmes auch »der Däne« genannt, aus der offiziellen Geschichte meiner Familie. Elf Jahre hatte er damit verbracht, Münzen aus den kleinen bezaubernden Ohren von Bjørk zu fischen, elf Jahre, um Kaninchen aus seinem schwarzen Hut zu ziehen, obwohl er doch davon geträumt hatte, etwas ganz anderes hervorzuzaubern und damit Erfolg zu haben. Doch im Gegensatz zu meinem Großvater fehlte ihm, wenn er über sich und seine Vergangenheit sprach, dieses Rätselhafte, das den Raum für die Träume der Zuhörer entstehen läßt. Askild hatte um sich eine Aura geschaffen, wie sie in den größten Liebesgeschichten zu finden ist – eine Aura, die später zu einem fauligen Gestank nach Alkohol und Bitterkeit verkommen sollte, aber davon wußte Bjørk noch nichts, als sie im Wohnzimmer auf Skansen saß und sich den ausgezehrten Askild vorsichtig ansah. Sie wollte unbedingt erzählen, daß sie tatsächlich nach Oslo gefahren war, um ihn im Gefängnis zu besuchen.
    »Darüber sprechen wir nicht mehr«, entgegnete Askild; es entstand eine kurzen Gesprächspause, die Appelkopp nutzte, dessen Enttäuschung sich inzwischen gelegt hatte: »Hast du den Hitler gesehen?«
    »Niels!« fuhr Vater Niels dazwischen, und Appelkopp guckte seinen Großvater mit den weißen Haaren und den großen Händen erschrocken an. Einen kurzen Moment lang lag die Drohung einer Ohrfeige in der Luft, aber dann griff Askild ein und sagte: »Nein, aber ich habe seine Bluthunde gesehen, kleiner Niels, ich habe, verdammt noch mal, seine Bluthunde gesehen.« Appelkopp starrte seinen fremden Onkel voller Bewunderung an, und allmählich wurde der Familie klar, daß Appelkopp der einzige war, dem Askild irgend etwas erzählen würde. »Hört auf, mich zu quälen«, wurde nach und nach zu Askilds stehender Redewendung, bis die Familie es schließlich aufgab, ihn nach irgend etwas zu fragen und statt dessen den kleinen Appelkopp mit der Sache beauftragte.
    »Frag Askild doch mal, ob er die ganze Zeit in Sachsenhausen gewesen

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