Hundsköpfe - Roman
Metzgern, Kaufleuten und diversen Botenjungen zu melden, die dreist einen Fuß in die Tür stellten, das Haus umschlichen oder ihren Kopf durchs Fenster steckten. »Herr Eriksson«, hieß es immer häufiger, »wir wissen, daß Sie da sind!«
Askild stand im Garten und malte, als Segelohr früher als gewöhnlich aus der Schule nach Hause kam.
»Wieso kommst du denn jetzt schon?« wollte Askild wissen, als er seinen blassen Sohn sah.
»Und wieso bist du zu Hause?« fragte Segelohr.
»Ich habe Urlaub genommen«, antwortete Askild und riß die Augen auf, als sein Sohn im Gras zusammensank.
»So schlimm ist das doch wohl auch wieder nicht«, murmelte er, als er Segelohr ins Haus trug, »seit wann habe ich denn, um Himmels willen, einen so zartbesaiteten Sohn?«
An jenem Morgen, an dem Thorbjørn noch lebte und wie ein Besessener die Handkurbel drehte, war Askild ins Büro des Direktors gerufen worden. »Ich weiß, daß Sie während des Krieges Großes geleistet haben«, sagte der Direktor, »ich weiß auch, daß Sie mit manchem fertig werden müssen …«
»Fertig werden?« fragte Askild verständnislos.
»Ja, daß auch Sie Ihre Probleme haben.«
»Probleme!« entgegnete Askild. »Habe ich bestimmt nicht!«
»Die Flasche«, sagte der Direktor.
»Die Flasche!« fauchte Askild und schlug auf den Tisch. »Ist es jetzt schon verboten, sich zum Mittagessen einen kleinen Schluck zu genehmigen?«
Ausgemustert , dachte Askild auf dem Nachhauseweg, vor die Tür gesetzt von Bauern, kleinlichen Personen und ungebildeten Schweinen, pfui, zum Teufel!
»Ich habe Urlaub genommen«, erzählte Askild bloß, als er heim zu Bjørk kam – und das war nicht einmal ganz unkorrekt. Natürlich war es unbezahlter Urlaub, Urlaub auf unbestimmte Zeit, Urlaub, bis mein Großvater das Kubistische ein für allemal hinter sich gelassen hatte, es aber zumindest als Urlaub zu bezeichnen, war ein letzter kleiner Freundschaftsdienst von seiten des Direktors.
Als Segelohr wieder zu sich kam, schüttelte Askild resigniert den Kopf. Nimm dich doch zusammen, Kerl , wollte er gerade sagen, als Bjørk ihm mit ihrem besorgten Schwatzen zuvorkam: »Gott, was ist denn passiert, leg die Füße hoch, atme tief ein …« Segelohr, der Bjørks melodramatische Stimmführung kannte, schaute seine Eltern ausdruckslos an und erzählte, was an diesem Tag in der Schule mit Thorbjørn geschehen war.
»Oh nein«, jammerte Bjørk, während im Kopf meines Vaters vier Wörter zu kreisen begannen. Ich kenne diese Typen , dachte er, als er kurz darauf zu seiner Malerei zurückkehrte, ich kenne diese Typen , fluchte er, als die Spritgeister und Terpentindämpfe nach und nach dafür sorgten, daß er die Übersicht verlor, ich kenne diese Typen , mahlte es in ihm, als er plötzlich ins Haus stürmte und seinen Entschluß verkündete, zur Weißen Schule zu gehen, um mit dem Rektor ein paar deutliche Worte zu sprechen.
Es machte Segelohr das Leben nicht unbedingt leichter, daß sein Vater in einer Auseinandersetzung mit dem Rektor der Schule gesehen wurde und infolge der staunenden Augenzeugen eine ausgesprochen komische Figur abgegeben hatte, als er ihn auf dem Schulhof mit Beleidigungen überhäufte, die eigentlich dem Direktor der Werft zugedacht waren. Am Ende hatte sich um die beiden Männer ein Ring aus den Lehrern und Schülern gebildet, die sich in den Stunden nach Thorbjørns Tod noch in der Schule aufhielten. Ganz vorsichtig nahm der Geschichtslehrer Magnus Askilds Arm und versuchte, ihn aus der peinlichen Situation zu befreien. »Pfoten weg!« brüllte Askild und stieß ihn weg, aber statt daß er den Lehrer zu Boden schickte, setzte er sich mitten auf dem Schulhof selbst auf den Hosenboden.
»Wo ist mein Stock?« zeterte Askild. »Wer hat meinen Stock geklaut?«
In der folgenden Zeit erleichterte es auch niemandem das Leben, daß Appelkopp, dessen Besuche bei Askild normalerweise für gute Laune sorgten, nicht mehr sehr oft zu Besuch kam. Zu vernarrt war er in die rothaarigen Zwillinge und die einzigartigen Gummibänder. Dagegen erschien Mutter Randi mit ihren rund einhundert Kilo und unangebrachten Vorschlägen, die die ökonomischen Probleme der Familie lösen sollten. »Versuch’s doch mal in der Knochenmehlfabrik«, war ein beliebter Vorschlag von ihr, »dort brauchen sie immer Leute.« Allerdings war es unter Askilds Würde, sich in einer ganz gewöhnlichen Knochenmehlfabrik sehen zu lassen. »Kadaver hab’ ich wahrlich genug gesehen«, erklärte
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