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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Eriksson, wutschnaubend und randvoll mit Schimpfworten, mit denen er den verblüfften Direktor sofort überschüttete. Askild schwang bedrohlich seinen Stock und brüllte, daß es bis in die Schweißhallen zu hören war, ein Paar Bauernlümmel wären sie, Nordlandpack, talentlose Amateure, ungebildete Schweine . Er brüllte, daß er eine Entschädigung für den entgangenen Arbeitslohn verlange, daß an seinen Konstruktionszeichnungen nichts auszusetzen sei, es wären doch die dusseligen Schmiede, die nur einen Scheißdreck begriffen … Erst freundlich, dann bestimmt, begannen Hände, Askild zu packen, er brüllte, Finger weg, ihr rührt mich nicht an, zurückgebliebene Schleicher, die nicht begreifen, worum es hier geht … Ziemlich brutal wurde Großvater nun aus dem Büro des Chefs geschleppt, während er noch immer brüllte, ihr schuldet mir mindestens drei Monate Lohn, ich will, verdammt noch mal, eine Entschuldigung . Schließlich stießen sie ihn aus dem Büro, doch als der Direktor zur Tür griff, um den Randalierer auszusperren, mobilisierte Askild seine letzten Kräfte, riß sich von seinen ehemaligen Kollegen los und bekam den Türrahmen in dem Moment zu fassen, als der Direktor die Tür mit aller Kraft zuwarf. Ein eigenartiges Geräusch war zu hören, und einen Moment später stand der Direktor da und starrte auf einen Fingerstummel, der auf dem Boden lag und nicht so aussah, als gehöre er dahin.
    Seht euch das an! konnte Askild gerade noch brüllen, bevor in ihm die Wut versiegte. Jetzt habt ihr mich auch noch verstümmelt!
    Danach herrschte Ruhe. Auf der einen Seite der Tür starrten die ehemaligen Kollegen auf Askilds rechten Zeigefinger, aus dem ein dünner Blutstrahl wie aus einer Wasserpistole spritzte, und auf der anderen Seite der Tür bückte sich der Direktor und sammelte das äußerste Glied des Zeigefingers auf. Der Direktor war ziemlich bleich im Gesicht, aber das war noch gar nichts im Verhältnis zu Askild, der nur fassungslos auf seinen Finger starrte, während der Direktor und die ehemaligen Kollegen ihm einen notdürftigen Verband anlegten. Der Direktor versuchte, Askild zu überreden, sich ins Krankenhaus bringen zu lassen, aber Askild antwortete nur: »Nein, ich muß nicht ins Krankenhaus.«
    »Aber wenigstens zu einem Arzt. Ich kenne da einen sehr tüchtigen«, sagte der Direktor und führte Askild hinunter zum Parkplatz, wo er die Tür seines Wagens öffnete. Und wieder wehrte sich Askild. »Nein«, erklärte er, »ich kann sehr gut allein gehen.«
    Und so schwankte Askild mit seinem Stock und seinem äußersten Fingerglied in einer Papiertüte davon, allerdings fühlte sich der Direktor keineswegs wohl bei dieser Situation und beschloß, dem Ingenieur zu folgen. Zunächst ging es noch einigermaßen gut, als Askild sich jedoch der Innenstadt näherte, wurde ihm schwindlig, und er mußte sich irgendwo auf den Bürgersteig setzen. Der Direktor schaute sich verwirrt um und bemerkte einen Jungen mit einem Handwagen.
    »Rauf mit dir«, sagte er zu Askild, nachdem er den Jungen bezahlt hatte, um sich den Wagen auszuleihen, »jetzt fahren wir zu meinem persönlichen Arzt, dem besten in ganz Bergen.«
    Aber noch bevor sie losfahren konnten, war ein weiterer Junge erschienen, seine enormen Ohren vibrierten nervös, und in der einen Hand hielt er ein Netz voller lebhafter Krebse.
    »Papa!« rief er erschrocken. »Was ist passiert?«
    Es war Segelohr, er hatte schulfrei und schloß sich sofort dem Gefolge an. Askild wimmerte jetzt ein bißchen, und nach einer Viertelstunde Fußmarsch wußte Segelohr, daß sie sich auf dem Weg zu Thors Praxis befanden. Eine unangenehme Vorahnung beschlich ihn, während Askild die Jungen ungeduldig antrieb und der Direktor versuchte, beruhigend auf alle einzureden.
    »Der Finger wird bestimmt wieder so gut wie neu«, behauptete er nicht sonderlich überzeugend.
    Kurz darauf kamen sie in der Praxis an und schauten verwundert auf das seltsame Schild, das an der Tür hing:
    Ansteckungsgefahr – kein Zutritt.
    »Ansteckungsgefahr?« rief der Direktor. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ansteckungsgefahr?« fragte Askild, der einen Arm um seinen Sohn gelegt hatte, um das Gleichgewicht zu halten.
    »Ansteckungsgefahr?« murmelte Segelohr und hätte plötzlich gern einen anderen Arzt für seinen Vater gefunden.
    Hinter der Tür hatte man die Stimmen bereits erkannt. Ein panisches Durcheinander begann, Höschen, Strumpfhalter und Socken wirbelten durch die Luft –

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