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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Laura einen Schluck Wasser. Sie ließ ihn ein paar Sekunden warten und begann dann langsam die Geschichte der Marons zu erzählen, die irgendwann auch die Geschichte der Mayers wurde. Irgendwann öffnete Sebastian Mayer seine abwehrend verschränkten Arme, beugte sich vor und lauschte gespannt. Als Laura verstummte, sprang er auf und ging ruhelos im Zimmer umher, immer knapp bis ans Fenster oder an eine Wand, um abrupt kehrtzumachen.
    «Warum hat er mir das nie erzählt? Ich begreife das nicht! Bis heute habe ich ihn und meine Mutter für typische Mitläufer gehalten. Oh, mein Gott! Ich hätte stolz auf ihn sein können, richtig stolz!» Plötzlich schluchzte er auf, blieb endlich mit dem Rücken zu Laura am Fenster stehen und starrte hinaus.
    «Warum hat er mir das nicht gegönnt? Mir nicht und meiner Schwester nicht? Warum?»
    «Ich glaube, er hat sich schuldig gefühlt, weil er Esther Maron und die kleine Lea nicht retten konnte. Es war ein Trauma für ihn und Ihre Mutter. Mir wollte er die Geschichte eigentlich auch nicht erzählen.»
    Er fuhr herum.
    «Warum hat er’s dann getan? Ausgerechnet einer Polizistin? Was hatte er überhaupt mit der Polizei zu tun? Mein Vater hatte noch nie mit der Polizei zu tun!»
    «Das ist auch eine lange Geschichte, die wiederum mit den Marons zusammenhängt.»
    Laura fasste den Fall Dobler kurz zusammen, erzählte von Karl-Otto Mayers zweiter Heldentat und ihrer Vermutung, dass diese Aufregungen zu viel für den alten Mann gewesen waren.
    «Er hat sich selbst eines Mordes bezichtigt? Mein Vater?» Sebastian Mayer konnte es nicht fassen.
    «Deshalb habe ich Sie gebeten zu kommen. Er hatte mir nämlich gesagt, dass seine Kinder nichts von der ganzen Sache wüssten. Ich hielt es für wichtig – für Sie selbst und vielleicht auch für Ihre eigenen Kinder.»
    Ein, zwei Minuten stand er stumm da und starrte auf die Türme der Frauenkirche, dann dankte er Laura und wollte schnell aufbrechen. Aber er kehrte noch einmal um und fragte, ob er sie anrufen dürfe, falls er oder seine Schwester noch Fragen hätten, und ob sie, Laura, vielleicht mit ihm zu Abend essen würde, nur in diesem Polizeipräsidium hielte er es nicht länger aus.
    «Ich danke Ihnen, dass Sie sich nicht hinter Ihren Schreibtisch gesetzt haben», sagte er leise und lächelte beinahe schüchtern. «Schreibtische trennen so. Ich wette, dass Sie sich bei Verhören hinter den Schreibtisch setzen.»
    «Es kommt darauf an», erwiderte Laura.
    «Darf ich Sie also einladen?»
    «Nein. Ich bin noch im Dienst, und außerdem habe ich bereits eine Einladung zum Abendessen.»
    Er sah enttäuscht aus, dann ging er, und Laura schloss erleichtert die Tür hinter ihm. Beinahe halb neun. Claudia hatte die Zeitungen von morgen auf ihren Schreibtisch gelegt. «Straßenkämpfe in München – über hundert Verletzte», «Bürgerkrieg um Neonazis», «Droht die Anarchie?», «Chaoten bedrohen München!», «L.A. in München!»
    Laura überflog einige der Artikel. Angeblich beriet der Stadtrat über ein Grillverbot an der Isar, es gab Spekulationen über unzählige radikale Gruppen in der Stadt, die alle gleichzeitig die Hitzewelle nutzten, um gewalttätig zu werden. Solche Zustände seien aus anderen Klimazonen bekannt, wo ungewohnte Hitze ebenfalls zu mehr Gewalt führe. Man forderte mehr Polizeipräsenz, den ständigen Einsatz des Bundesgrenzschutzes, gar der Bundeswehr.
    «Nein», murmelte Laura, «ist wahrscheinlich alles nicht nötig. Das war eine Entladung und ist erst mal erledigt.» Sie griff nach dem Telefon und fragte in der Einsatzzentrale, wie die Situation auf den Straßen sei.
    «Alles ruhig. Ganz so, als hätte es die letzte Nacht nicht gegeben», antwortete ihr Kollege. «Ein paar Neugierige laufen an der Isar herum, aber sonst ist nichts los. Die Punker haben sich auch verzogen.»
    «So was Ähnliches hatte ich vermutet.»
    «Na, ein Glück! Bei uns fallen einige Kollegen aus, die ganz schön was abgekriegt haben.»
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, packte Laura ihre Sachen zusammen und ging hinunter zum Zellentrakt. Vermutlich waren die festgenommenen «Schwabinger Stürmer» noch nicht abtransportiert worden, weil der Haftbefehl auf sehr wackeligen Beinen stand. Und sie hatte recht, die Kollegen fragten, ob sie die fünf jungen Männer in den Verhörraum bringen sollten, doch Laura schüttelte den Kopf.
    «Ich will denen nur etwas sagen, damit sie heute Nacht darüber nachdenken können. Habt ihr sie einzeln

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