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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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schwachsinnig sein mag. Das ist genau das, was du jetzt machst, Laura Gottberg!
     
    «Gut. Ich weiß, was Platzangst bedeutet. Wir lassen alle Türen offen, die Wohnung ist groß, die Zimmerdecken sehr hoch. Du kannst dir aussuchen, wo du schlafen willst, und du wirst hier nicht eingesperrt! Morgen früh kannst du wieder abhauen.»
    «Ich will aber nich schlafen. Ich halt das nich aus!»
    «Dann schlaf auf dem Balkon!»
    Ralf antwortete nicht. Er saß nahe der offenen Balkontür auf einem von Lauras blaulackierten Küchenstühlen, eine Packung Eis im Nacken, ein Glas Wasser vor sich. Sie hatte ihm frische Tampons für seine Nase gerollt und erleichtert gesehen, dass die Blutung allmählich versiegte.
    «Du kannst duschen», sagte sie. «Deine blutigen Klamotten ziehst du besser aus und lässt sie im Bad. Ich leg dir frische Sachen von meinem Sohn hin. Der hat ungefähr deine Größe. Deine Sachen schmeißen wir in die Waschmaschine.»
    «Mann!», murmelte er wieder. «Mannomann! Sagst du immer allen, wo’s langgeht? Ganz schön heftig!»
    Laura stand gerade vor dem Kühlschrank, als er das sagte, wollte nachsehen, was sie essen könnten. Bei seinen Worten vergaß sie, was sie vorhatte.
    Wieder heftig, dachte sie. Zum zweiten Mal an diesem Tag sagt mir jemand, dass ich zu heftig bin. Interessant. Ralf kennt meinen Beruf nicht, und trotzdem erfasst er instinktiv, dass ich jemand bin, der Anweisungen gibt. Ob Sofia und Luca sie auch so erlebten? Und Angelo?
    Langsam drehte sie sich zu Ralf um, setzte sich auf einen zweiten blaulackierten Stuhl und legte beide Hände auf den Küchentisch.
    «Ich bin müde», sagte sie leise und griff nach der halbvollen Rotweinflasche. Sie stand auf, um ein Glas aus dem Schrank zu nehmen, setzte sich wieder, schenkte sich ein und trank einen Schluck. Dabei war ihr die ganze Zeit bewusst, dass Ralf jede ihrer Bewegungen beobachtete.
    «Was hast ’n du da unten gemacht?», fragte er so unvermutet, dass sie erschrocken aufsah. Seine Stimme war heiser und wegen der verstopften Nase undeutlich. Er räusperte sich ein paarmal. Obwohl sie genau wusste, was er meinte, fragte sie: «Wo unten?»
    «Na, bei den Sängerknaben!»
    «Du wirst es nicht glauben, aber ich wollte wissen, wer die sind und was die so machen.»
    «Und wieso? Ich meine, du bist ’ne Frau. Da geht man doch nich einfach zu solchen Typen. Mitten in der Nacht. Nee, das glaub ich dir nicht!»
    Laura drehte das Weinglas zwischen ihren Händen.
    «Und was glaubst du?»
    Ralf legte den Kühlbeutel auf den Tisch und massierte seinen Nacken. Er ließ sich Zeit, wie immer, und Laura spürte schon wieder Ungeduld in sich aufsteigen. Warum eigentlich? Warum konnte sie nicht einfach hier sitzen und warten, bis sich die Angelegenheit zwischen ihnen auf die eine oder andere Weise klärte?
    «Ich weiß nich», sagte er langsam. «Erst hab ich gedacht, dass du eine von denen bist. Liegt ja nahe, was? Aber jetzt hab ich keinen Schimmer. Ich weiß nur, dass du gut zuschlagen kannst, ’nen BMW fährst. Mannomann, ’nen dunkelblauen BMW! Und ’n Sohn hast.»
    «Und dass ich allen sagen kann, wo’s langgeht, nicht wahr?»
    Ralf grinste verlegen.
    «Na ja, ist mir eben aufgefallen. Kann ich diese verdammten Dinger endlich rausnehmen?» Er wies auf die Tampons in seinen Nasenlöchern.
    «Ganz vorsichtig!»
    Ralf zog behutsam erst den rechten, dann den linken Tampon aus seiner Nase. Die Blutung hatte aufgehört. Laura gab ihm eine kleine Plastiktüte. Erleichtert packte er die blutigen Mullbinden hinein und knüllte die Tüte zusammen.
    «Mannomann, jetzt krieg ich wieder Luft!»
    Laura lächelte ihm zu.
    «Hast du Hunger?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Nur Durst.»
    Ein großer Nachtfalter umkreiste die Lampe über dem Küchentisch. Sie sahen ihm beide zu, bis Ralf ihn mit einer schnellen Bewegung einfing, auf den Balkon trug und dort freiließ.
    «Mit offener Tür geht’s», sagte er.
    «Was?»
    «Die Platzangst.»
    «Mhm.»
    Er setzte sich vorsichtig und nahm zwei große Schlucke aus seinem Wasserglas. Laura sah auf die Uhr. Es war halb zwei. Sie hatte Frühdienst und musste spätestens um sieben im Präsidium sein.
    «Wenn du willst, kannst du dir eine Matratze in die Küche legen, vor die offene Balkontür.»
    «Könnte gehn.»
    «Ich zeig sie dir. Weißt du, ich muss ziemlich früh aufstehen und zur Arbeit. Wär ganz gut, wenn ich langsam ins Bett käme.»
    Er nickte, ruckelte ein bisschen nervös auf seinem Stuhl.
    «Ich könnt ja auch

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