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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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wissen, warum die plötzlich so schnell waren, als hätten sie ein Ziel.
    Sie mochte den leeren, schwachbeleuchteten Tunnel nicht und beschloss, den Weg oben über die Straße zu nehmen. Dann hätte sie auch einen besseren Überblick. Von der Straße aus konnte man in den Park schauen, an dem die Isar entlangführte.
    Sie beeilte sich, wollte den andern keinen zu großen Vorsprung lassen.
    Als sie die Straße überquerte, hatte sie plötzlich das Gefühl, als folgte ihr jemand. Doch als sie sich umdrehte, war alles ruhig, kein Mensch, kein Hund, kein Auto. Nur der gelbliche Schein der Straßenlaternen und Wolken von Insekten, die sich im Licht fingen.
    Langsam ging sie weiter. Sie verharrte im Schatten eines Baums und wartete, bis ihre Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die andern waren schon weit weg, ihr Lachen klang in der Ferne. Dieses angestrengte, zu laute Lachen, das zeigen sollte, dass man dazugehörte, dass man lustig fand, was die andern lustig fanden. Dieses entfremdete Lachen, das Menschen Angst macht, die nicht dazugehören.
    Laura bewegte sich langsam vorwärts, mied den Weg und nutzte Bäume und Büsche als Deckung. Jetzt hielten die andern an. Drüben bei dem großen Schachspiel. Sie warfen sich gegenseitig die Schachfiguren zu. Laura blieb nahe an der Straße, erstarrte neben einem Baum, als wenige Meter vor ihr zwei der Burschen in hohem Bogen auf den Rasen pinkelten. Wieder dieses hysterisch-aggressive Lachen. Es machte auch Laura angriffslustig.
    Gegenübertragung, dachte sie. Ich weiß es, und trotzdem funktioniert es wie auf Knopfdruck. Unzählige Male hatten sie das mit den Polizeipsychologen durchgearbeitet: Wer mit der Aggression eines anderen konfrontiert wird, erfährt seine eigene Aggression.
    Die beiden jungen Männer kehrten zu ihren Kumpels zurück. Dann trotteten alle in Richtung Maria-Hilf-Platz davon, plötzlich still und seltsam gesittet. Die Schachfiguren lagen auf dem vertrockneten Rasen und in den Büschen herum wie Opfer eines Massakers.
    Laura bückte sich nach einem Pferd und stellte es aufrecht hin. Sie hob einen Turm auf, hielt aber in der Bewegung inne, denn sie wusste in diesem Augenblick, dass jemand hinter ihr stand. Sie war sicher, dass man sie entdeckt hatte, sie einkreiste. Es war ihr Körper, der es wusste, der die nahende Gefahr erkannte. Ihr war, als könnte sie den Angreifer riechen, seine Körperwärme spüren, als sähe sie seinen erhobenen Arm.
    Sie holte aus und schlug mit aller Kraft hinter sich, traf irgendwas, hörte einen Aufschrei, wirbelte herum und trat gegen den Unterleib des Unbekannten. Der krümmte sich zusammen und fiel um. Laura ließ den Blick über Schatten, Büsche und Baumstämme wandern. Lauschte. Aber es blieb still, obwohl sie sicher war, dass die andern nicht nur diesen einen auf sie angesetzt hatten.
    Der Mann am Boden stöhnte und tastete mit einer Hand suchend auf dem Boden herum. Laura stellte ihren Fuß auf seine Hand – nicht sehr fest, nur so, dass die Hand fixiert war.
    «Sag mal, spinnst du?» Er sagte es sehr leise, trotzdem erkannte Laura sofort seine Stimme und zog ihren Fuß zurück.
    «Ich glaube, du spinnst! Hier draußen niemals von hinten an jemanden herangehen. Hast du mir das nicht beigebracht?»
    «Ich hab dich nich angefasst.» Er setzte sich mühsam auf.
    «Aber du wolltest mich anfassen!»
    «Verflucht, ich hab Nasenbluten!»
    Laura zog ein Taschentuch aus ihrem kleinen Rucksack und hielt es ihm hin. Er griff danach und presste es an seine Nase.
    «Was machst du hier eigentlich?» Laura richtete den Kegel ihrer Taschenlampe auf ihn. Er hatte wirklich starkes Nasenbluten.
    «Könnt ich dich auch fragen!», antwortete er undeutlich.
    «Ich hab aber dich gefragt!»
    Auf der Straße neben den Anlagen fuhr langsam ein Streifenwagen der Polizei vorbei. Sie duckten sich beide, als der Wagen auf ihrer Höhe noch langsamer wurde.
    Fahrt weiter, dachte Laura. Bitte keine Komplikationen! Fahrt einfach weiter.
    Sie fuhren weiter, allerdings nur bis zur nächsten Ampel, dort wendeten sie. Irgendwas war ihnen wohl aufgefallen.
    «Wir müssen hier weg, da kommen die Bullen!» Laura griff nach Ralfs Rucksack und half ihm hoch. «Los, komm schon!» Er taumelte ein bisschen, folgte ihr aber schnell zur Brücke und in die Unterführung. Laura warf einen Blick zurück. Der Streifenwagen hielt tatsächlich in der Nähe des Schachspiels an, seine Scheinwerfer leuchteten ins Gebüsch. Offensichtlich entdeckten die

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