Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall
Kaninchen und einem Freund, der bei ihm blieb.
Sie versuchte es noch einmal in England, aber diesmal meldete sich nur der Anrufbeantworter. Danach überlegte sie kurz, ob sie bei Guerrini in der Questura anrufen sollte, ließ es aber bleiben. Im Moment fehlte ihr die Kraft dazu.
GUERRINI WAR auf dem Weg zum Landhaus der Malerin Elsa Michelangeli. Wie stets – außer spätnachts – war der Verkehr rund um Siena völlig chaotisch, knäuelten und verkeilten sich die Fahrzeuge, entluden sich Fahrer in verzweifelten Hupkonzerten, sprangen aus den Wagen und vollführten seltsame Pantomimen. Aufgrund der extremen Hitze verschärfte sich die Situation natürlich, und Guerrini steckte das blaue Blinklicht auf das Dach seines Lancia, um zu entkommen. Selbst mit Blinklicht und einem etwas kläglich jaulenden Sirenenton dauerte es fast eine halbe Stunde, ehe er die ruhigen Landsträßchen Richtung Asciano und Monte Oliveto erreicht hatte.
Die großen Getreidefelder der Crete waren bereits abgeerntet, und die ausgetrocknete Erde wirkte mehr grau als braun, sah aus, als hätte jemand Salz auf ihr verstreut. Jede Luftbewegung ließ Staubfahnen aufsteigen, ab und zu jagten Windhosen über die Hügel wie Minitornados. Schutzlos war der nackte Boden der Sonne ausgesetzt, die seit Wochen Tag um Tag auf ihn herabbrannte. Und alle Menschen wussten, dass irgendwann wahnwitzige Regenströme kommen, die Erde aufreißen und mit sich schwemmen würden. Aber man konnte nichts dagegen tun, musste warten und es auf sich nehmen.
Als Guerrini in den Feldweg einbog, der zum Haus der Malerin führte, fragte er sich, warum sie in diese glühende Einöde zurückgekehrt war. Warum sie sich nicht bei Freunden in Rom oder Florenz ausruhte. Sie war irritiert gewesen, als er an diesem Morgen sein Kommen angekündigt hatte. Es sei alles gesagt, meinte sie. Was er noch von ihr wissen wolle?
«Ich würde Sie nur gern sehen», hatte Guerrini geantwortet. «Vielleicht einfach, weil ich wissen will, ob es Ihnen wieder gutgeht, Signora.»
«Dann kommen Sie.» Damit hatte sie aufgelegt.
Guerrini lenkte seinen Wagen durch einen Olivenhain, der in die kurze Zypressenallee vor dem Haus der Malerin überging, und parkte im Schatten einer Pinie. Haus und Hof wirkten weniger freundlich als noch im Juni. Die Hitze setzte den Pflanzen zu. Viele Rosen hingen verdorrt an den Sträuchern, selbst die Oleanderbüsche, Überlebenskünstler in der heißen Zeit, rollten die Blätter zusammen und warfen ihre Blüten ab. Guerrini blieb neben seinem Wagen stehen und ließ dieses Bild auf sich wirken. Er atmete den intensiven Geruch der Piniennadeln ein und horchte auf das Knistern der Rinde und der Zapfen, die sich in der Hitze ausdehnten und platzten.
Die Nacht, als er Elsa Michelangeli halb tot auf einem Feld in der Nähe gefunden hatte, wurde wieder in ihm lebendig. Unbekannte hatten zuvor ihr Haus durchsucht und verwüstet, offensichtlich auf der Suche nach dem Laptop des toten deutschen Schrifstellers Altlander. Doch da hatte sie den Computer längst an Altlanders ehemaligen Lebensgefährten Raffaele Piovene weitergegeben, der wiederum später eine Kopie der Festplatte Guerrini übergab.
Alles schien also klar zu sein – auf der Festplatte befanden sich Altlanders Recherchen über die Aktivitäten der italienischen Modeindustrie und ihre Vernetzungen mit der China-Mafia.
Elsa Michelangeli hatte Beweismaterial gesichert und wäre dafür beinahe umgebracht worden. Eine Heldin also. Und doch … Sowohl er als auch Laura hatten Zweifel empfunden. Beide waren sie zu erfahren, um relativ einfache Lösungen hinzunehmen, ohne sie zu hinterfragen.
Langsam ging Guerrini auf das Haus zu, betätigte erst den Türklopfer, drückte außerdem noch kurz auf die Klingel und wartete. Der ockerfarbene Sandstein der Hausmauer wirkte wie ein Heizstrahler. Guerrini trat zwei Schritte zurück und fächelte sich Luft zu. Erst jetzt entdeckte er den schwarzen einäugigen und einohrigen Kater, der ihm auch bei seinen früheren Besuchen aufgefallen war. Hechelnd wie ein Hund lag das Tier im Schatten eines Oleanderbuschs. Sein Schwanz bewegte die trockenen Blätter, und leises Grollen drang aus seiner Kehle.
«Du bist ein gefährlicher Bursche, was?» Guerrini beugte sich zu ihm hinunter. Der Kater zog die Lefzen hoch und zeigte seine spitzen Fangzähne.
«Das ist Diavolo», sagte Elsa Michelangeli. Sie hatte die Tür geöffnet und stand in der halbdunklen Eingangshalle.
«Passender
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