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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Sie Sehstörungen haben, Punkte sehen oder ein Flimmern?»
    «Nein. Es flimmert nicht, und ich leide auch nicht unter Kopfschmerzen. Es ist schlicht und ergreifend ein Veilchen und bald wieder vorbei. Erzählen Sie mir lieber etwas über diesen armen Teufel hier.»
    Der Arzt rieb seine Handflächen aneinander, was einen seltsamen Ton ergab, denn seine Hände steckten in Latexhandschuhen.
    «Nun gut. Todeszeit etwa vier Uhr morgens. Massive Hämatome am ganzen Körper, schwere Kopfverletzungen und eine tiefe Schnittverletzung im Bereich des Kehlkopfs mit Durchtrennung der linken Halsschlagader. Ich nehme an, dass das Opfer da bereits nicht mehr bei Bewusstsein war. Es handelt sich also meiner Ansicht nach um eine besonders schwere und grausame Tat mit eindeutiger Tötungsabsicht.»
    «Und es gibt noch etwas!», mischte sich Andreas Havel, der Kriminaltechniker, ein. «Neben ihm lag ein Zettel, auf dem stand: ‹Ungeziefer wird vernichtet!›» Havel machte eine Pause, er stieß mit dem Schuh gegen einen Isarkiesel, der daraufhin ins Wasser rollte und versank. «Außerdem nehme ich an, dass sie ihn angepinkelt haben.»
    «Ja, auch das könnte sein», murmelte Laura. «Es würde passen.»
    Oben an der Absperrung wurde es laut. Eine Gruppe Obdachloser bedrängte die Polizeibeamten, die Neugierige fernhielten. Laura kletterte den Hang hinauf. «Was gibt’s denn?»
    «Die wollen den Toten sehen!», antwortete einer der Kollegen. «Sie wollen wissen, wer es ist.»
    «Dann sollten sie ihn wohl auch sehen! Damit wäre er gleich identifiziert. Außerdem ist es einer ihrer Kumpel, und das wissen sie. Lassen Sie die Leute durch.»
    Der Beamte sah Laura zweifelnd an und löste das weiß-rote Band erst, als sie eine heftige unterstützende Bewegung mit der Hand machte. Sie war sicher, dass ihr Kleid diesen Autoritätsschwund verursachte. Eine interessante Erkenntnis.
    Die Männer liefen an ihr vorbei, erst schnell, dann hielten sie an und näherten sich scheu dem Toten. Dr.   Reiss hatte ihm inzwischen die Augen geschlossen, doch auch so war der Anblick schlimm genug. Im Halbkreis blieben die Männer stehen, eine bizarre Trauergesellschaft. Einem von ihnen, einem kleinen dünnen mit gelblicher Gesichtsfarbe, wurde schlecht. Er drehte sich um und übergab sich. Die andern starrten stumm.
    Laura wartete ein paar Minuten, ehe sie die Männer ansprach, dann fragte sie, ob sie den Toten kannten. Beinahe gleichzeitig fuhren sie herum, starrten jetzt sie an, sagten aber nichts. Der kleine dünne Mann erbrach sich ununterbrochen. Sein Würgen machte die Situation noch unerträglicher, als sie ohnehin schon war, und auch Lauras Magen begann leise zu rebellieren. Noch immer hatte sie diesen entsetzlichen Schlachthausgeruch in der Nase.
    «Lasst uns ein paar Schritte hinter die Absperrung gehen. Da redet es sich leichter.» Sie drehte sich um und ging voraus. Die Männer folgten ihr zögernd. Laura atmete vorsichtig ein und aus, um ihren Magen zu beruhigen. Zum Glück kam von Süden her plötzlich kräftiger Wind auf, heißer Wind, aber er blies den Schlachthausgeruch davon.
    Sie schlüpften unter den Plastikbändern der Absperrung durch, und Laura hielt erst bei einer Gruppe von Weidenbüschen an, die etwas Schatten spendeten. Der kleine dünne Mann kletterte zum Flussufer hinunter und wusch sich das Gesicht, spülte sich den Mund aus, spuckte. Laura schaute weg.
    «Vielleicht ist es besser, wenn wir uns hinsetzen. Dann haben wir mehr vom Schatten», sagte sie.
    Die Männer setzten sich, bis auf einen, der Laura misstrauisch musterte, das Kinn vorstreckte und die Backen aufblies.
    «Wer bist ’n du überhaupt?»
    «Das wollte ich gerade erklären. Mir war nicht besonders gut – wie eurem Kollegen, deshalb mache ich es erst jetzt.»
    «Ja, und?» Er stand noch immer. Zottiges Haar, blaurotes Gesicht vom Alkohol und Bluthochdruck, aber sehr aufrecht und zornig.
    «Ich bin hier, um herauszufinden, wer euren Kollegen so zugerichtet hat. Wahrscheinlich wisst ihr schon, dass er nicht der erste ist. So was spricht sich schließlich schnell rum.»
    Alle nickten, auch der Wortführer.
    «Also, ich bin von der Kripo, Kommissarin, und ich wäre euch dankbar, wenn ihr mir meine Fragen beantworten würdet.»
    Die meisten Männer starrten sie noch immer an, verstohlen einige, andere ganz offen, und Laura wurde erneut schmerzlich bewusst, dass es auch ihr verdammtes grünes Leinenkleid war, das diese Barriere schuf. Sie beschloss, sich einfach

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