Hurra, wir leben noch
Eier-Betrieben, von den Fertighausfabriken und von der OKAY die Gewinne an eine Reederei überweisen – wahrscheinlich werden es sogar zwei sein müssen! – und sie beauftragen, Schiffe für dich zu bauen. Damit hast du deine Millionen vor der Besteuerung gerettet, und die Bilanzen deiner Betriebe und des Verlages werden rechnerisch leider, leider, einen nicht unbeträchtlichen Verlust aufweisen.«
Wieder die Kirchenstille. Wieder das Klack-Klack der Pingpongbälle.
»Franzl«, sagte Jakob zuletzt mit erstickter Stimme, »du bist ein Genie.«
»Ich weiß«, antwortete dieser bescheiden. »Doch um fortzufahren: Zwar müssen die Rückflüsse aus den 7 d-Darlehen, das heißt, also die Tilgungsbeträge, später wieder als Einnahme versteuert werden, aber das macht uns nichts, weil ich aus absolut sicherer Quelle weiß, daß in den kommenden Jahren der deutsche Steuertarif nicht einmal, sondern zweimal gesenkt werden und – Achtung, meine Herren! – es drei Jahre lang die Möglichkeit geben wird, diese 7 d-Gelder in Form eines verlorenen Zuschusses von der Steuer endgültig abzusetzen. Endgültig, sage ich!«
»Das heißt«, flüsterte Jakob ganz aufgeregt, »wenn ich in dieser Zeit vierzig oder achtzig oder hundert Millionen als einen solchen 7 d-Zuschuß an eine Reederei – oder an zwei – transferiere und dafür Schiffe bauen lasse oder Schiffe kaufe, dann brauche ich diese Millionen überhaupt niemals zu versteuern?«
»So ist es, mein Bester, wie es so geht im menschlichen Leben. Und es kommt noch besser! Einer Reederei, die dein Geld nimmt, schlagen unsere für die Reichen so prachtvollen Steuergesetze noch einmal zum Wohle aus! In den beiden Jahren nach dem Bau eines Schiffes darf die Reederei nämlich dreißig Prozent der Baukosten vom steuerpflichtigen Gewinn absetzen!«
Da konnte der Ingenieur Jaschke, der mit der Zwanzigjährigen in Garmisch-Partenkirchen, nicht mehr an sich halten. Voller Begeisterung schrie er: »Verflucht, sprach Max, und schiß sich in die Hose!«
Und der werdende Doktor der Rechte, Wenzel Prill, der mit der Leidenschaft für Rothaarige, rief geradezu verzückt: »Das soll uns Deutschen erst einmal einer nachmachen!«
»So etwas
kann
uns keiner nachmachen«, belehrte ihn der Arnusch Franzl. »Ich habe bei einem Wirtschaftsinstitut eine Überschlagswahrscheinlichkeitsrechnung anstellen lassen. Danach werden 1965/66, also in fünfzehn Jahren, einskommasieben Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik siebzig Prozent des Produktivvermögens der deutschen Wirtschaft besitzen.«
»Mir wird schwindlig«, sagte Jakob. »So tüchtig
können
die einskommasieben Prozent unserer Bevölkerung doch gar nicht sein!«
»Müssen sie auch gar nicht«, konterte Franzl rülpsend. »Ich will dir einmal etwas sagen, lieber Freund: Aus einer Million zwei Millionen machen, das ist eine bemerkenswerte Leistung. Wenn du hingegen erst einmal hundert Millionen besitzest, was ich dir, du weißt es, von Herzen wünsche, dann kannst du, und wenn du dich bis zum Herzinfarkt anstrengst, es einfach nicht verhindern, daß daraus hundertzehn Millionen werden, wie es so geht im menschlichen Leben. Im übrigen bin ich noch nicht am Ende meiner lichtvollen Ausführungen. Zweierlei habe ich zu bemerken: Erstens, es gibt einen Haufen Reedereien im Norden, nicht wahr, mein Lieber?« Jakob nickte verträumt. »Wir könnten sie die Schiffe für uns bauen lassen, nicht wahr?« Wieder nickte Jakob verträumt. »Muß ich noch weiterreden, oder …«
»Durchaus nicht«, sagte Jakob mit samtener Stimme. »Oder wir kaufen die Reedereien und bauen uns unsere Schiffe selber und haben den Rebbach mit den 7 d-Geldern und der dreißigprozentigen Abschreibung beim Bau eines Schiffes!«
»Ich habe ja gewußt, daß du mich verstehen wirst«, sagte der Arnusch Franzl und sog an seiner Zigarre.
»Jakob Formann ist seiner Zeit immer um zwei Schritte voraus«, sagte dieser heiter.
18
In den Jahren 1951 bis 1956 kaufte Jakob Formann mit 7 d-Geldern zunächst zwei Hamburger Reedereien auf und baute sodann auf diesen, ebenfalls mit 7 d-Geldern, eine Flotte von insgesamt fünfundvierzig modernen Hochseeschiffen mit einer Gesamttonnage von dreihundertzweiundachtzigtausend Bruttoregistertonnen.
Die Baukosten für Schiffe sind nun allerdings so groß, daß für dieses Riesenprojekt Jakobs Millionen nicht reichten. Doch fiel es ihm keinen einzigen Moment schwer, die fehlenden Summen aufzutreiben. Dabei wandte er einen ebenso
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