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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Plivier, »Stalingrad«; Erich Kästner, »Das fliegende Klassenzimmer«; Eugen Kogon, »Der SS -Staat«. Die ersten drei ro-ro-ro-Zeitungsdrucke: Hemingway, »In einem anderen Land«; Tucholsky, »Schloß Gripsholm«; Gide, »Die Verliese des Vatikan«.
    Filme:
»La Belle et la Bête« (Frankreich, Cocteau); »Die besten Jahre unseres Lebens« ( USA , William Wyler); »Gilda« ( USA , Charles Vidor). Erster deutscher Nachkriegsfilm: »Die Mörder sind unter uns« von Wolfgang Staudte.
    Schlager:
»Gib mir einen Kuß durchs Telefon.«
    »George, Mojshe und Jesus machen mit«, sagte Jakob am Abend des 3. November 1946 zu Julia, vor dem Stacheldrahtzaun stehend. »Andere auch.«
    »Dann kann ja nichts schiefgehen«, rief Julia aufgeregt.
    »Unberufen«, sagte Jakob.
    »Da kaufen wir dir aber auf dem Schwarzmarkt feste, warme Schuhe!« rief der Hase.
    »Und du bekommst einen Wintermantel, einen ganz feinen«, sagte Jakob.
    »Auch schwarz. Im NEUEN ÖSTERREICH wird und wird keiner zum Tausch angeboten, ich hab’ wieder im Annoncenteil nachgeschaut, bevor das Theater hier angefangen hat. Jetzt fahr aber los, Hase!«
    »Okay, Bärchen!« Der Hase schwang sich auf das klapprige Rad und trat in die Pedale wie ein Sechstagefahrer.

8
    In einer Höhe von dreitausend Metern über der Stadt St. Pölten kreisend, konnte Hauptmann Grigorij S. Oronewitsch zwei Stunden später aus der Kanzel einer Jak-Maschine seinem Vorgesetzten über Funk mit Genugtuung melden, daß die Amerikaner neben dem Fliegerhorst Hörsching die Ladung der ›Fliegenden Festung‹ auf freiem Feld verbrannten. Frohen Herzens vernahm der Kommandeur des Jak-Geschwaders die Meldung des Hauptmanns Grigorij S. Oronewitsch. Kurze Zeit später war Außenminister Molotow im etwas weiter entfernten Moskau frohen Herzens. Und gleich darauf stopfte sich der Genosse Stalin schmunzelnd sein Pfeifchen und bemerkte zu seinem Geheimdienstfreund Lawrentij Berija: »Das ist die einzige Art, wie man mit unseren Waffenbrüdern im Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion, mit diesen Wallstreet-Gangstern, umgehen kann!«
    Colonel Peter Milhouse Hobson lag zur gleichen Zeit am Stadtrand von Linz im requirierten Haus eines getürmten Ortsgruppenleiters gleichfalls frohen Herzens im Bett und lächelte jedesmal selig, wenn es in seinem Schlafzimmer besonders hell wurde, weil wieder Kisten ins Feuer geworfen worden waren. Na, wie habe ich das hingekriegt? dachte er. Weltkrieg verhindert. Seuche verhindert – wenn das nicht eine Beförderung gibt! Vielleicht werde ich Brigadegeneral?
    Diese Nacht war erfüllt von emsiger Tätigkeit zahlreicher Amerikaner und befreiter Österreicher. Die ›Operation Chicken‹, wie George Misaras sie getauft hatte, leiteten Jakob Formann und Tommy Lewis, der dritte Fluglotse, der deutsch sprach und Biologie studierte. Tommy Lewis wurde im Laufe der folgenden Jahre auf Grund seiner fünfzehnprozentigen Beteiligung reicher und reicher. Heute ist er in Chicago ein ganz ungewöhnlich reicher Mann, der zur Verblüffung seiner Freunde und Nachbarn nach der Entlassung aus der Army (1948) niemals auch nur einen einzigen Tag gearbeitet hat. Die fünfzehn Prozent haben genügt.
    Jakob und Tommy hatten einen idiotensicheren Plan entwickelt, nachdem die Mannschaft der ›Flying Fortress‹ sich aufs Ohr gehauen hatte und sofort tief und traumlos eingeschlafen war. Auch die beiden anderen Lotsen des Nachmittags waren abgelöst worden. Jakob machte in dieser Woche immer von 16 bis 24 Uhr Dienst, und für den gleichen Zeitraum waren seine drei MP -Freunde eingeteilt, die er in den Plan eingeweiht hatte. Sie waren voller Hilfsbereitschaft. Misaras sorgte dafür, daß seine Crew sofort von einer anderen abgelöst wurde. Die neue Crew war der alten durch gemeinsame Schiebereien innig verbunden.
    Am aufgeregtesten war Mojshe. »Mein Großvater«, gab er bekannt, »hat zehn Kilometer hinter Tarnopol auch Hühner gehabt!«
    Als er dann mit seinen Freunden in das Innere der ›Fliegenden Festung‹ kletterte, sackte er allerdings auf dem Pilotensitz zusammen vor Schreck und stöhnte: »Gott der Gerechte …!« Alle stöhnten. Fast alle.
    Misaras: »Gott steh uns bei!«
    Jesus: »Das muß der alte Herr mit dem weißen Bart jetzt aber auch wirklich tun!«
    Jakob stöhnte nicht. Ihm hatte es vor Schreck das Stöhnen verschlagen: Eintausend Kisten zu je vierzig Stück – da waren sie, im Laderaum der umgebauten ›Fliegenden Festung‹. Ein furchterregender Anblick.

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