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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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gefährlich sind!«
    »Man wird doch noch fragen dür …«, begann Hobson. Da hatte der Gesprächspartner schon den Hörer in die Gabel geknallt.
    Colonel Hobsons Antlitz war weiß wie Schnee.
    So ist das Leben, dachte Jakob voll wilder, aber stiller Begeisterung. Gott, ich danke Dir dafür, daß Du auch Volltrottel geschaffen hast.
    Der Volltrottel stierte ihn an und flüsterte mit feuchten Augen: »Sagen Sie mal, Formann, wie heißen Sie mit dem Vornamen?«
    »Jakob.«
    »Darf … darf … darf ich Jake und du zu Ihnen sagen?«
    »Meinetwegen.«
    »Aber du mußt Peter zu mir sagen!«
    »Okay, Peter.«
    »Niemals werde ich dir das vergessen, Jake. Niemals, hörst du?«
    »Hab’s gehört, Peter.«
    »Glaub mir das, Jake!« (Ich glaub’s dir aufs Wort, dachte Jakob.) »Mein Gott, warum hast du auf der anderen Seite kämpfen müssen? Einen Mann wie dich … einen Mann wie dich, Jake, hätte ich mir in meinem Offizierskorps gewünscht!«
    »Danke, Peter.«
    Der Colonel erhob sich federnd und sprach mit gepreßter Stimme: »Ladung wird sofort ausgeladen und verbrannt, alles klar?«
    Jakob sah zu den anderen.
    Die anderen sahen, wie die riesige ›Fliegende Festung‹ zur Landung ansetzte. Nur Tommy, der Lotse mit dem Kinderkaugummi, sah Jakob an. Und kniff wieder ein Auge zu.
    Jakob trat schnell zu ihm.
    Tommy flüsterte: »Ich spreche Deutsch – aber das weiß keiner.«
    »Und?«
    »Und außerdem studiere ich Biologie.«
    »Mit zehn Prozent bist du dabei«, flüsterte Jakob.
    »Mit zwanzig.«
    »Mit fünfzehn.«
    »Okay, mit fünfzehn, Jake«, flüsterte Tommy und blies seinen Gummi so weit auf, daß er platzte. Im gleichen Moment hatte die ›Fliegende Festung‹ Bodenberührung und schoß mit den radierenden Pneus ihrer Räder über die seit langem beleuchtete Landebahn.
    Es war genau 18 Uhr 58.
    Es war ein historischer Augenblick: der Beginn von Jakob Formanns meteorhafter Karriere.

7
    Der Hase mußte sich an seinem Fahrrad festhalten und dreimal ansetzen, bevor er flüsterte:
»Vierzigtausend?«
    »Ja«, sagte Jakob mit einem freundlichen Blick seiner tiefdunklen Augen.
    »Und du radelst sofort weiter nach Theresienkron und alarmierst sämtliche Bauern. Sie sollen sich darauf vorbereiten, daß die vierzigtausend kommen – im Lauf der Nacht!«
    »Aber das ist doch Diebstahl, Bärchen!« sagte der Hase.
    »Jetzt gilt Moral nur für die Sieger!«
    »Da hast du natürlich auch wieder recht«, sagte der Hase.
    Das Gespräch zwischen dem Bären und dem Hasen fand außerhalb des Fliegerhorsts statt, neben dem oben stromgeladenen Stacheldrahtzaun. Gleißendes Licht warfen Scheinwerfer über das ganze Gelände, über Tower, Hangars, Mannschaftsunterkünfte und draußen, weit entfernt, am Ende einer Landebahn, über die ›Fliegende Festung‹. Denn da in der Nähe, auf einem Flecken ausgedörrten Ackers, sollte nun auf Befehl des Colonel Hobson die gesamte Fracht der Eins-acht-eins mit Benzin übergossen und verbrannt werden.
    Der Hase war schlank, hatte aufregende Kurven genau dort, wo sie hingehören, außerdem rehbraune Augen mit langen Wimpern und braunes Haar. Der Hase hieß Julia Martens. Er trug ein kornblumenblaues Kleid mit weißen Abnähern und weiße Schuhe. Der Hase hatte am 3. November 1946 nur ein einziges Kleid und ein einziges Paar Schuhe. Sonst besaß er noch selbstgefertigte, einigermaßen abenteuerlich aussehende Hosenanzüge. Und für seinen Bären hatte der Hase einen ebenso abenteuerlichen Anzug genäht. Derselbe war jedoch so beschaffen, daß Jakob – Multimillionär von 1965 – doch lieber in seinen eingefärbten Sachen herumlief. Im übrigen ist es jedermann bekannt, daß Verliebte sich zärtlich Tiernamen geben. Und Julia, genannt Hase, und Jakob, genannt Bär, liebten einander.
    Jakob hatte aus Gründen, über die noch zu sprechen sein wird, seine Stellung als Dolmetscher bei der amerikanischen Militärpolizei in Wien Knall und Fall aufgeben und mit Hilfe des liebenswerten Generals Mark Clark in einer Verbindungsmaschine nach Linz fliegen müssen. Im gleichen Flugzeug: George Misaras, Mojshe Faynberg und Jesus Washington Meyer. Jakobs Problem war gewesen, in Linz eine Wohnungzu finden. Und etwas zu essen. In den großen Städten verhungerten die Menschen, als würden sie dafür bezahlt. Und im Radio konnte man hören, das ehemalige Großdeutsche Reich sei so zerstört, daß dreißig Kubikmeter Schutt auf den Kopf der Bevölkerung kamen. Und daran waren die Deutschen selber schuld

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