Hurra, wir leben noch
steht auch nicht im neuen Telefonbuch, Herr Formann!«
»Haben Sie eines in der Nähe?«
»Ja.«
»Schauen Sie einmal nach unter JULIA-MODELLE , bitte …«
»Einen Moment, Herr Formann, bitte.«
»Ich warte«, sagte Jakob, schwer beunruhigt.
»Der Hase verschwunden?« erkundigte sich der Arnusch Franzl vor dem Fernsehapparat. Vico Torriani und viele hübsche Mädchen präsentierten auf dem Bildschirm soeben ein grandioses Finale.
»Ja«, antwortete Jakob nervös. »Ich meine nein … Das heißt, natürlich meine ich ja … Er ist …«
»… im Hotel Vic-to-ri-a!« dröhnten Torriani und der Mädchen-Chor. Der Arnusch Franzl hatte den Tonregler wieder aufgedreht.
»Bist du wahnsinnig geworden?« Jakob sprang vor Schreck richtig ein wenig in die Höhe.
»Entschuldige … Ich hab’ den Torriani so gerne, und da, siehst du, jetzt ist seine Show vorüber. Du kannst einem aber auch jede Freude verderben!« Wütend knipste der Fette das Gerät aus.
»Ich? Wieso ich? Was kann ich dafür, wenn mittendrin das Telefon … Ja? Ja, liebes Fräulein? Sie haben JULIA-MODELLE ? – Sie haben JULIA-MODELLE nicht? … JULIA-MODELLE stehen auch nicht im Telefonbuch? Aber das ist doch … aber das gibt es doch … da muß ich selber runterkommen und nachschauen. Die Rosen behalten Sie vorläufig … Nein, haben Sie keine Angst, bezahlen tu ich sie ja auf alle Fälle! Und recht vielen Dank, Fräulein …«
Jakob ließ den Hörer in die Gabel fallen, stierte den Fernsehapparat an und sagte: »Ich muß sofort nach Düsseldorf!« Dabei zog er Jacke und Schuhe wieder an, die er des Wohlbehagens wegen beim Fernsehen abgestreift hatte, und stürmte zur Tür.
»Du willst jetzt nach Düsseldorf? Mitten in der Nacht?«
»Klar! Wo schläft Otto? Oben? Ich muß ihn wecken!«
»Mensch, Jakob, sei vernünftig, jetzt mitten in der Nacht erreichst du gar nichts! Da sind doch alle Ämter geschlossen!«
»Ämter?«
»Na, das Meldeamt zum Beispiel. Ich weiß ja nicht, warum dein Hase nicht mehr in der Graf-Adolf-Straße wohnt, wenn er jedoch woanders wohnt, dann kriegst du das nur beim Meldeamt raus!«
10
»Aber sie kann doch nicht einfach vom Erdboden verschwunden sein, Theo«, sagte Jakob tags darauf. Er saß mit seinem Freund und Chauffeur Otto sowie dem ›Esquire‹-Theo an einem Tischchen des Cafés Hemesath an der Düsseldorfer Königsallee. Den Theo hatte Jakob noch nachts zuvor aus Bonn angerufen und gebeten, ihm zu helfen. Aus dem ›Esquire‹-Club, wo er Dienst tat, war sofort die Antwort gekommen: »Na klar, Herr Formann, treffen mir uns em Café Hemesath op de Kö. Dat jehört och dem Carlo. Et es wejen de Frau Martens, wat?«
»Ja. Wissen Sie, wo sie ist?«
»Nee. Awer sons en Menge.«
»Dann erzählen Sie!«
»Duert zo lange. Do es’ en Keilerei em Jang, Herr Formann, sidd net bös, ech moß do Freede stifte. Morje öm drei Uhr nommeddag? Ech moß mech doch usschlofe met min Nachtschecht.«
Jakob und Otto waren schon am Vormittag nach Düsseldorf gefahren. Da, wo einmal die Schaufenster der JULIA-MODELLE gewesen waren, fand Jakob ein Delikatessengeschäft vor. Im vierten Stock links wohnten fremde Menschen. Eine Frau Schubert öffnete. Nein, sie wisse nichts von Frau Martens, sie höre den Namen zum ersten Mal, sie sei mit ihrem Mann durch einen Wohnungsvermittler hier gelandet, früher hätten die Schuberts in Karlsruhe gelebt.
»Wann früher?«
»Na, bis vor sechs Jahren«, sagte Frau Schubert. Drei Kinder hatte sie, die eine Menge Krach machten. »1955 im September, da sind wir hier eingezogen. Seid doch mal ruhig. Kinder! Karl-Heinz, zieh der Ute nicht dauernd den Rock herunter, sonst setzt es was! Mein Mann ist bei der Steuer, wissen Sie, Herr Formann, sie haben ihn befördert und nach Düsseldorf versetzt. Tut mir wirklich leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen, Herr For … Karl-Heinz! Jetzt kriegst du es aber …«
In dem Delikatessengeschäft war Jakob auch nicht weitergekommen. Die Geschäftsführerin hatte erklärt: »Wir sind eine Ladenkette, wissen Sie? Wallner-Delikatessen. Kennen Sie sicher. Über vierhundert Filialen in ganz Westdeutschland.« Die Geschäftsführerin senkte die Stimme. »Ich will ja nichts gesagt haben, aber da hat es Stunk gegeben, als der Herr Wallner diesen Laden gekauft hat von der Dame, die Sie suchen.«
»Was für Stunk?«
»Weiß ich nicht. Wegen dem Preis vermutlich. Sie haben sich dann geeinigt, heißt es …«
Absolut unergiebig erwies sich das
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