Hurra, wir leben noch
die in Corbetts Machenschaften eingeweiht? Was würde die schnellstens noch an Belastungsmaterial gegen ihren Geliebten verschwinden lassen? Das hatte er Misaras auf der Rückfahrt von Puma Point zugeflüstert.
Nun glitten sie in ihrem Wagen also durch diese feinste aller feinen Gegenden von Los Angeles, erreichten Corbetts Palast, wurden von einem verschreckten Pförtner, der sein Häuschen neben dem Eingang hatte, eingelassen und fuhren durch einen Palmenhain auf das Schloß in kitschig maurischem Stil zu.
Ein Diener. Noch ein Diener. Ein Butler.
Die gnädige Frau werde sogleich kommen, verhieß der Butler, der aussah wie drei englische Hocharistokraten zusammen. Er verhieß es in einer Marmorhalle, von der eine herrlich geschwungene Treppe in den ersten Stock emporführte. Unmittelbar darauf kam eine herrlich geschwungene junge Frau in einem rotseidenen Hausmantel die Treppe herabgeschritten, sich leicht in den Hüften wiegend, brünett, grünäugig, mit Schmuck behängt wie ein Weihnachtsbaum mit Glitzerzeug. Diese Dame, dachte Jakob, während er sie mit aufgerissenen Augen anstierte, hat den schönsten Busen, den süßesten Popo und die längsten Augenwimpern, die ich jemals bei einer Frau gesehen habe. (Wir aber wissen, daß Jakob bei Begegnungen mit hübschen oder gar schönen Frauen gern in Superlativen dachte – oft freilich mit Recht.) Die hohen Backenknochen – leicht slawisch sieht diese Dame aus. Und grüne Augen … grüne Augen, die in meinem Leben doch schon solche Verheerungen verursacht haben! dachte Jakob bebend.
Misaras betrachtete den Freund tief besorgt. Jetzt geht
das
wieder los, dachte er.
Die Detektive wiesen sich aus und erklärten den Grund ihres Besuchs. Die Traumfrau bewegte hilflos (oder war es Wurschtigkeit?) die Schultern und verzog die vollen Lippen zu einem bitteren Lächeln. Die Detektive machten sich sofort daran, den maurischen Palast zu durchsuchen. Plötzlich standen Jakob und Misaras mit der Traumfrau allein. Sie musterte beide durch halbgeschlossene Augen, eine Hand in der Hüfte, eine überlange Spitze mit Zigarette in der anderen. Jakob fühlte, wie es ihm heiß in die Lenden schoß.
»Sie müssen Mister Formann sein!« Ihre Stimme klang rauchig, tief.
»Stimmt«, sagte unser Freund mühsam.
Ich bin ja schlimmer als der Wenzel mit seinen Rothaarigen, dachte er, indessen seine Schläfennarbe zu zucken und die Hasenpfote, nein, das war ja gar nicht die Pfote – verflucht, immer diese Peinlichkeit, und die Dame schaut genau hin! – lebendig wurde.
»Ich bin Natascha Ashley«, erklärte die Dame.
Er verneigte sich und küßte ihre Hand, wie die Edle es ihm beigebracht hatte. Ohne Schwierigkeiten, denn Natascha Ashley hob ihre weiße Hand seinem Mund zart entgegen. Jakob staunte darüber, wußte er doch, daß Amerikanerinnen einen Handkuß nicht gewohnt sind und deshalb diesen, beziehungsweise den die Hand Küssenden, besonders gern mögen. Misaras hingegen fluchte stumm. Als Jakob sich aufrichtete, traf ihn etwas schmerzhaft am Kopf. Das Etwas war ein enormer tropfenförmiger Smaragd, der Natascha Ashley, an einer Platinkette, vor dem Prachtbusen baumelte. Dem Zusammenstoß, den Jakob mit seinem bekannt charmanten Lächeln parierte, folgten blitzschnell zwei Jakob-Gedanken.
Erster Gedanke: Allmächtiger im Himmel, das Ding hat mindestens neunzig Karat, wahrscheinlich hundert. Lupenrein. Inzwischen versteht Jakob Formann sich auf so was. Kostet? Also, drei Millionen Dollar sicherlich. Mindestens! Das Ding zieht die Lady ja richtig zu Boden! Die steht so herausfordernd aufrecht ja nur, damit der Klunker sie nicht umschmeißt! Zweiter Gedanke: Ich, Jakob Formann, meiner Zeit immer um zwei Schritte voraus, stehe hier vor der Geliebten dieses Lumpen Corbett, dieser Göttin mit dem phantastischen Busen und dem phantastischen Popo und den längsten Augenwimpern, die ich jemals gesehen habe, und meine Hasenpfote, die gar nicht meine Hasenpfote ist, meint es auch: Diese Göttin muß ich haben, und wenn’s mich das Leben kostet! Na, nicht gerade das Leben. Aber wenigstens einen Smaragd, der noch größer ist als dieser Brummer da.
16
Um einen Brummer zu bekommen, der noch größer war als der, den Natascha schon hatte, mußte Jakob, der wegen der Verhandlungen und Verhöre, die nun folgten, Los Angeles nicht verlassen konnte, den Chef der New Yorker Filiale von ›Cartier‹ per Flugzeug holen lassen. Der New Yorker Direktor hatte mit Paris telefoniert, und dort gab
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