Hurra, wir leben noch
es das Trumm, das Jakob wünschte. Es kam über den Ozean und mit dem New Yorker Direktor von ›Cartier‹ nach Los Angeles. So einen Smaragd gab es kein zweites Mal in der Welt. Dafür kostete er auch dreieinhalb Millionen Dollar. (Und Jakob bekam bei ›Cartier‹ schon ›Special Prices‹!) Mit dem kleinen Angebinde suchte unser Freund die schöne Natascha auf und überreichte es ihr mit der geistvollen Bemerkung, er hoffe, sie damit ein wenig in ihrem Schmerz um den eingesperrten Lebensgefährten Corbett trösten zu können.
»Das kann ich auf keinen Fall annehmen, mein Herr«, sagte Natascha.
»Aber warum denn nicht?«
»Es ist nicht meine Art, Mister Formann. Meine Vorfahren – besonders die meiner armen Mutter – würden sich in ihren Gräbern umdrehen, wenn ich es täte.«
»Die Vorfahren Ihrer armen Mutter …«
Natascha nickte ernst.
»Meine Mutter war eine russische Aristokratin. Direkt verwandt mit den Romanoffs. 1918 verließ sie Rußland und gelangte nach langen Irrfahrten nach Graz. Das ist eine Stadt im Westen des Landes Österreich, wissen Sie. Österreich liegt südlich von Bayern und ist …«
»Ich bin Österreicher, Miß Ashley.«
»Oh, was für eine angenehme Überraschung. Dann wissen Sie also, wo Graz liegt.«
»Hrm … rrrmm …« (Gott, gib mir Kraft und Stärke!) »… ja, gewiß doch, verehrte Miß Ashley, weiß ich, wo Graz liegt. Ich war schon oft dort.«
»How charming. Sehen Sie, und mein Vater war da Offizier und Leiter der Niederlassung einer großen britischen Firma. Aus einer ganz alten englischen Adelsfamilie. Meine Mutter und er lernten einander kennen und lieben und …«
»Russisches und britisches Adelsblut also, Miß Ashley!«
»So ist es, Mister Formann.« Nataschas Busen wogte. Die Hasenpfote, die gar nicht die Hasenpfote war, desgleichen. »Und da haben Sie die Kühnheit, mir das da …« Sie wies mit einer Kinnbewegung auf den Fünfundneunzigkaräter. »… ins Haus zu bringen? Wo ist Ihre Erziehung, Mister Formann? Oder wollen Sie mich absichtlich beleidigen? Das wäre infam … Eine schutzlose Frau …« Der Busen wogte noch heftiger.
»Aber ich bitte Sie, verehrteste Miß Ashley, nichts lag mir ferner.«
»Dann nehmen Sie das Ding hier weg. Sofort! Ich will es nicht sehen.«
»Es sollte doch nur ein ganz kleiner Beweis meiner Verehrung für Sie …« Das ging so eine halbe Stunde.
Dann hatte Natascha einen Weg gefunden, Jakob in seiner Not zu helfen. »… Gott, ich will Sie schließlich auch nicht beleidigen, Mister Formann. Dieser Mensch, dieser Corbett, dem ich mich anvertraut habe, weil ich immer an die Ehrenhaftigkeit von Männern glaubte, die sich mir näherten – die sich mir zu nähern wagten –, dieser Mensch hat mich entsetzlich verletzt durch seine Untat. Und es ist ja auch sehr rührend von Ihnen, daß Sie mir diesen kleinen Trost bringen wollen. Der natürlich nie einer sein kann …«
»Natürlich nicht, Miß Ashley …« Zum ersten Mal in seinem Leben ließ Jakob Formann einen Idioten aus sich machen und merkte es gar nicht.
»… aber um
Ihnen
eine Freude zu bereiten, und weil Sie es doch gut gemeint haben – nun, also, ich nehme das Geschenk an.«
»Danke! Ich danke, ich danke, Miß Ashley.«
»Sie dürfen Natascha zu mir sagen.«
»Natascha …« Er fühlte heiße Erregung in sich aufsteigen – nicht die ihm schon bekannte in Gefahrensituationen (leider nicht die!). Nein, eine ganz andere, wilde, wüste und hitzige Erregung war das. Er preßte Natascha an sich und wollte sie küssen. Im nächsten Moment hatte er eine Ohrfeige weg.
»Sie sind wohl vollkommen verrückt geworden, Mister Formann«, sprach die russisch-englische Aristokratin mit eisiger Stimme.
»Verrückt, ja«, lallte er blödsinnig, »verrückt nach Ihnen, Natascha …«
»Wenn Sie noch einmal so etwas tun, müssen Sie gehen, Mister Formann!«
»Um Gottes willen … Ich will es ganz gewiß nicht mehr tun! Nur lassen Sie mich in Ihrer Nähe bleiben, Natascha, ich bitte Sie, ich bitte Sie flehentlich …«
»Es sei«, sagte die Dame.
»Und … und … und …«
»Na!«
»… und würden Sie Jake zu mir sagen?«
»Wenn es Sie glücklich macht, meinetwegen. Sie dürfen meine Hand küssen, Jake.« Er stürzte sich auf die Hand. Er preßte seine Lippen auf die Hand. Natascha entzog sie ihm sofort wieder. »Genug«, sagte sie.
(Genug für 3,5 Millionen Dollar! Und damals, 1961, stand der Dollar noch nicht so miserabel wie heute, da
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