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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Monster-Geschäfte werden normalerweise über einen Vermittler abgewickelt. Der Vermittler bekommt eine saftige Provision. Bei ein paar hundert Millionen ist so eine Provision dann schon ganz schön saftig, wie es so geht im menschlichen Leben.
    Um ganz sicher zu sein, hatte der Arnusch Franzl einen Experten für deutsches Steuerrecht aufgesucht und ihm Fragen gestellt.
    »Wenn«, hatte der Experte gesagt, »ein Vermittler da ist, und er bekommt von einer Gesellschaft oder einer Firma Provision für ein durch ihn zustande gekommenes Geschäft, dann kann diese Firma oder diese Gesellschaft die Provision von der Steuer absetzen; sie erklärt dann, daß sie Herrn Soundso soundsoviel Mark für die Vermittlung eines Geschäfts gegeben hat.«
    »Das ist mir klar«, hatte der Arnusch Franzl zu dem Experten gesagt. »Was ich wissen möchte, ist: Muß so eine Gesellschaft oder Firma auch genau Namen und Adresse des Vermittlers angeben?«
    »Nein. Angegeben werden muß nur, auf welche Bank die Provisionssumme überwiesen worden ist. Und die Firma oder Gesellschaft selber muß nachweisen, daß das Geld von einem ihrer Konten abgebucht wurde.«
    »Das ist alles?«
    »Das ist alles. Natürlich muß der Empfänger der Provision auch seine Steuern zahlen. Aber das geht Sie nichts mehr an, dafür haben Sie keine Verantwortung.«
    »Ich danke für die Auskunft«, hatte der Arnusch Franzl höflich gesagt und sich ans Werk gemacht.
    Von Stund an gab es bei sämtlichen Großunternehmen des Wirtschaftsimperiums Jakob Formann Vermittler, und diese Vermittler bekamen natürlich die ihnen zustehenden Provisionen. Als Chef des Rechnungswesens hatte der Franzl selbstredend Vollmacht über Jakobs Konten. Das ging alles ungeheuer ordentlich zu bei ihm! Auch bei den Provisionszahlungen.
    Der Franzl hob die anfallenden Millionenbeträge ab und überwies sie den Vermittlern. Wie es sich traf, war bei den drei, die er sich zuletzt als Chefvermittler aussuchte, der Sitz ihres Geschäfts in Liechtenstein. Liechtenstein ist ein sehr kleines und sehr schönes Land. Das schönste an Liechtenstein sind die Kanzleien der Anwälte, die es in diesem kleinen Land gibt. So ein Anwalt vertritt zweihundertfünfzig bis dreihundert Klienten, sprich Firmen oder Einzelpersonen. Mit Leichtigkeit! Das geht wie’s Brötchenbacken.
    Der Franzl suchte sich unter den Liechtensteiner Anwälten einen aus, der ihm besonders vertrauenswürdig erschien, und an den überwies er dann, auf ein Liechtensteiner Konto, die Provisionen für seine drei Chefvermittler. Der deutschen Steuer gab er die Überweisungen gesetzestreu bekannt. Der Anwalt in Liechtenstein, der dem Franzl besonders vertrauenswürdig erschienen war, überwies die eintreffenden Beträge – nach Abzug seiner Gebühren – prompt weiter auf ein schwarzes Konto in Amerika, wo Jakob ja auch einen großen Ableger seines Imperiums installiert hatte.
    All das erklärte der Arnusch Franzl dem staunenden Jakob am Abend des 8. August 1962 in seiner schönen Villa in Bonn.
    »Wie lange machst du das schon, Franzl?«
    »Na, seit drei Jahren.«
    »Und … und was ist denn so alles in allem nach Liechtenstein und dann nach Amerika überwiesen worden?«
    »Ich sage ja, diese Natascha ruiniert dich noch! Du kümmerst dich nicht ums Geschäft! Du weißt nicht, was auf deinen Konten liegt! Du …« Der Franzl schob die Faust beiseite, die Jakob ihm unter die Nase hielt. »Du bist mit Blindheit geschlagen. Wie es so geht im menschlichen Leben. Etwa zweihundertzweiunddreißig Millionen.«
    »Was?«
    »Sind nach Liechtenstein und dann nach Amerika überwiesen worden bisher.«
    »Und keiner von den Vermittlern ist der Steuer aufgefallen dadurch, daß er keine Steuern bezahlt hat?«
    »Keiner, mein Bester.«
    »Aber wieso denn nicht?« wunderte sich Jakob.
    »Jakob, mein Guter, manchmal bist du wirklich so blöd, daß man dich mit einem nassen Fetzen erschlagen müßte«, äußerte der Franzl und lutschte genüßlich an einer Kognakkirsche, was seine Aussprache etwas undeutlich werden ließ.
    »Wieso bin ich so blöd?«
    »Na, es gibt doch überhaupt keine Vermittler«, sagte der Franzl.
    »Es gibt keine …« Jakob saß mit offenem Mund da.
    »Natürlich nicht. Sonst wäre das doch nie ein Geschäft für uns, du Trottel! Und außerdem: Brauchen wir vielleicht Vermittler? Das mache ich alles selber!«
    »Du bist dein eigener Vermittler?« fragte Jakob überwältigt.
    »Siehst du, es wirkt schon, mein Bester!« Der Arnusch

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