Hurra, wir leben noch
schneller und schneller. Warum denn die?
»Warum denn?« fragte er, etwas allzu geschäftsmäßig, aber nur, weil er es eben wie ein Geschäftsmann schon allzu häufig gehört hatte.
»Ich liebe ihn so unendlich. Ich liebe auch dich unendlich«, behauptete Natascha. »Das ist ja mein Dilemma.«
»Dein … hrm … Dilemma, mein liebes Kind?«
»Ja …« Plötzlich heulte Natascha wie ein Schloßhund. »Ich liebe dich unendlich, Jake, Darling, und ich liebe Karl-Heinz unendlich … Aber nur platonisch, verstehst du, das ist ja die größte Qual für mich gewesen in all der langen Zeit, nur platonisch …«
»Was für ein Karl-Heinz, mein Kind?« Er hielt mit Mühe an sich. Wenn sie mich noch lange so naßflennt, scheuere ich ihr eine, dachte er.
»Mein Gott, der Prinz Karl-Heinz von Heidersdorff, mit dem ich diese Weltreise gemacht habe!«
»Ah, der.« Munter, munter.
»Den ich bei deiner großen Gala in Cap d’Antibes kennengelernt habe …«
»Jajaja, ich weiß schon … Also, den liebst du auch so sehr wie mich? Aber nur … wie hast du gesagt?«
»Aber nur platonisch«, antwortete Natascha. »Weil ich dich nie betrügen wollte und konnte … Doch so geht das nicht weiter … Das halte ich nicht aus … Daran gehe ich zugrunde … seelisch meine ich … Und er auch …«
»Er auch? Ja, also das ist natürlich unmöglich.«
»Nicht wahr, das verstehst du?«
»Das verstehe ich.« Komisch, wie man eine Frau von einem Moment zum anderen völlig verschieden sieht. So, als hätte man ein Opernglas umgedreht. Zuerst war Natascha riesig groß, jetzt ist sie winzig klein.
»Ich habe gewußt, du wirst es verstehen!« Natascha schlang beide Arme um Jakobs Hals. »Du bist ein Mann, der alles versteht! Ein Mann mit einem großen Herzen und mit einer großen Seele …« Wenn mich dieses Weib nur loslassen würde, die würgt mir ja noch die Luft ab, außerdem ist das widerlich, so verschwitzt wie ich bin. Aber nein, die klebt fest. »Gott, bin ich glücklich, daß ich es dir gesagt habe. Eine Zentnerlast ist von mir gefallen.« Ist immer noch eine Zentnerlast drauf, dachte er. Schmuck zum Beispiel, Bankkonten zum Beispiel, Gold, Häuser, Pelze, eine Jagd mit Forellenzucht zum Beispiel. »Du … du bist der Mann, der vom Leben unbarmherzig durch die Welt gehetzt wird, Tag und Nacht mit deinen Geschäften belastet … ein großer, ein unvergeßlicher Mann … Aber du hast so wenig Zeit für eine Frau … Wann haben wir einander schon richtig gesehen in den ganzen letzten Monaten? Auch daran kann die größte Liebe zugrunde gehen, Jake, Darling …«
»Kann sie, ja. Und dieser Karl-Heinz, dieser Prinz, der wird nicht so herumgehetzt wie ich? Der hat Zeit für dich?«
»Hätte.«
»Pardon, hätte. Mit dem könntest du immer zusammensein?«
»Ja-ha.«
»Aber der ist doch aus der Schwerindustrie, dieser Millionär«, grübelte Jakob.
»Er hat es sich anders eingeteilt, weißt du. Er arbeitet nicht selber, er läßt andere arbeiten. Er ist ein Erbe, dem sein Geld nur so zufließt. Es gibt dafür berühmte Beispiele in Deutschland, Jake. Zum Beispiel der …«
»An den habe ich auch gerade gedacht. Hm.«
»Bitte?«
»Nichts. Ich habe nur ›hm‹ gesagt.«
»Hm, was? Darling, sprich zu deiner Natascha. Schweige jetzt nicht. Gib ihr ein Wort! Ein einziges Wort, mein Gott …«
Also, jetzt steht’s fest: Diese Natascha, die hat ja nicht mehr alle Tassen im Schrank. Diesen Karl-Heinz mir vorzuziehen! Diesen Nichtstuer! Diesen Schönling … Nein, das war der vom Hasen. Ich meine diesen Playboy, diesen Herumtreiber! Das ist nicht die Natascha, die ich geliebt habe! Was geht mich diese Natascha an? Trottel verfluchter, der ich bin. Misaras hat ganz recht gehabt, damals, in Los Angeles, als er mir die Leviten gelesen hat wegen dieser Natascha. Ausgenommen wie eine Weihnachtsgans hat das Luder mich, und jetzt, wo ich … ich meine, mit der Glatze und all der Überarbeitung … jetzt hat sie plötzlich ihre Liebe für den Karl-Heinz entdeckt. Plötzlich? Die treibt’s mit dem doch ganz bestimmt mindestens seit der Weltreise. Vorher schon! Und das ist einige Jährchen her! Und einige Jährchen schleppe ich dieses Luder mit mir herum, und wahrscheinlich kennen alle die Wahrheit, nur ich nicht, und ich mache mich lächerlich vor aller Welt, und … Jakob unterbrach seinen Gedankenschwall und sprach milde: »Wie recht du hast, Natascha.«
»Wie-ie?«
»Mit deinen Worten. Ich bin kein Mann für
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