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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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aus sowjetischer Gefangenschaft ausgebrochen …«
    »Es hat mir alles so lange gedauert, Herr General!«
    »Ruhe! Ausgebrochen und haben gleich hundertundfünfzig deutsche Gefangene mit befreit und sind mit einem gewissen Sergeanten Jelena Wanderowa verschwunden. Deshalb muß jetzt alles sehr schnell gehen.«
    »Was, Sir?« fragte Jakob.
    »Ich hasse es, einen guten Dolmetscher zu verlieren«, sagte Mark Clark,
    »Aber Sie müssen aus Wien verschwinden, augenblicklich! Und zwar in westlicher Richtung! Die Sowjets haben noch einiges Interesse an Ihnen, Herr Formann.«
    »Man kann’s verstehen«, sagte Jakob demütig. »Aber wie komme ich aus Wien raus? Nach Tulln, zum Flughafen, müßte ich doch durch die Russische Zone. Und mit einem Auto wäre es dasselbe. Also ausgeschlossen.«
    »Absolut ausgeschlossen! Wien ist eine Insel in der Sowjetischen Zone. Genau wie Berlin. Das wird noch einmal sehr unangenehme Folgen haben – für Berlin. Oder für Wien. Oder für beide Städte!« (Merke: Es ist nicht wahr, daß
alle
Generäle Idioten sind.)
    »Also wie komme ich nach dem Westen?«
    »Hinten im Park auf der Wiese steht eine Kuriermaschine. Muß ich noch weitersprechen?«
    »Keinesfalls«, beteuerte Jakob.
    »Und Sie drei«, Mark Clark wandte sich an Jakobs MP -Freunde, »werden ebenfalls schleunigst Wien verlassen. Strafversetzt. Zum Fliegerhorst Hörsching bei Linz. Die Säcke mit all Ihren Sachen werden Ihnen nachgeschickt. Nur raus jetzt!«
    »Warum strafversetzt, Sir?« fragte Misaras. »Wir haben doch überhaupt nichts getan!«
    »
Sie
nicht, aber
ich
«, sagte der Generalmajor. »Wenn das rauskommt, schiebe ich es natürlich auf
Sie!
«
    »Natürlich«, sagte Mojshe. »Wie’s der Brauch ist.«
    »Seien Sie bloß ruhig, Private Faynberg! Wissen Sie, wer dieser Connelly ist?«
    »Na, ein …«, begann Mojshe, aber Jesus hielt ihm schnell den Mund zu.
    »Das natürlich auch«, sagte Mark Clark. »Und außerdem ist er der Sohn eines der einflußreichsten Senatoren in Washington! Mit dem hat er heute nacht noch telefoniert! Und heute früh hat dieser Senator mit mir telefoniert und mich zusammengeschissen! Also keine Widerrede! Sie müssen
alle
raus aus Wien –
sofort!
«
    »Und diese junge Frau …«
    »Stammt aus Deutschland. Displaced Person. Wird mit dem nächsten Transport abgeschoben. Keine Spuren! Dieser Senator kommt jetzt nach Wien!« sagte Mark Clark.

30
    »Der Werwolf!« hatte Jakob gekeucht, während er gegen ein Fenster im Schlafwagengang des ›Orient-Expreß‹ taumelte.
    In der Tat, er war es.
    Präziser gesagt: Es war die Werwölfin.
    »Der Formann!« sagte die Frau im Bett (man könnte hinzufügen: schmatzend) und räkelte sich noch ein wenig mehr. Eine Schulter war schon blank. Die Achsen des ›Orient-Expreß‹ pochten. Zu beiden Seiten des Zuges, der da durch die Nacht raste, stoben weiße Schneeflügel empor bis zu den Wagendächern. Die Stimme der schwarzen Hilde hatte sich in den letzten Monaten völlig verändert. Sie war rauh und tief geworden. Der heulende Werwolf von einst als ganzer hatte sich verändert! Den schmiß so leicht nichts mehr um. Der heulte so leicht nicht mehr los.
    »Ha … hallo«, sagte Jakob und schluckte, denn die eine Nachthemdseite rutschte lebensgefährlich. Die schwarze Hilde räkelte sich wie ein Aal.
    »Sonst hast du nichts zu sagen, Formann? Keine Freude? Keine Überraschung?«
    »Wenn Sie sich noch ein bißchen mehr räkeln, stehen Sie im Freien, Fräulein Korn«, sagte Jakob. Er war auf einmal gleichfalls heiser.
    »Seit wann denn ›Sie‹?« fragte die schwarze Hilde beleidigt. Und räkelte sich. Na also. Eine war draußen. Und was für eine. Mein lieber Mann! Hilde bedeckte lässig ihre Blöße.
    »Na, schließlich hatte ich bisher nur die Ehre, Sie ein einziges Mal zu sehen, Fräulein Korn, und da mußte ich Sie einsperren.«
    »Aber da
hast
du ›du‹ zu mir gesagt, Formann! Und außerdem heiße ich nicht Fräulein Korn, sondern Mrs. Fletcher.«
    Es war alles ein bißchen viel auf einmal für Jakob.
    »Mrs. Fletcher … Wieso? … Sie wurden doch längst nach Deutschland gebracht … gleich damals, nachdem …«
    »Denkste.«
    »Und du bist der … hrm … Boß vom Franzl?«
    »Das ist der Boß von uns allen«, sagte Jakobs Schulfreund Franz Arnusch hastig. »Wir sind eine … eine Organisation, verstehst du?«
    »Organisation von was?«
    »Na von …«
    »Laß mich mit dem Kleinen allein, Franzl! Hau ab!«
    »Jawohl, Boß!«
    Der Franzl

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