Hurra, wir leben noch
seiner Unterhose. In diesem Brief teilte Rubi seinem lieben Freund Franzl Arnusch mit, auf welchen Banken der
echte
Miguel Santiago Cortez, der – bislang ohne Erfolg, Gott sei’s gedankt – in Davos versuchte, die Tuberkulose loszuwerden, sein Vermögen verwahrte. Es handelte sich um (allein in den USA ) sechs Banken, und die Beträge, die dort lagen, waren phantastisch.
»Phantastisch«, murmelte Jakob. »Unser Franzl ist ein Genie!«
»Darum arbeitet er ja auch für mich«, sagte Laureen.
Sie zeigte Jakob, in dessen Schoß wühlend, einen Haufen Papiere. »Was ist … nicht doch, Laureen, bitte! … was ist das?«
»Industriekataloge, Aktienofferten, Bankrundschreiben … Die schicke ich dir nach Brüssel ins Hotel. Weil du doch jetzt ein internationaler Finanzmann bist. Ein ganz großer. Ein ganz großer internationaler Finanzmann bekommt solche Post.«
Er sah sie zärtlich an.
»Woran denkst du, Liebling?« forschte sie.
»An meine Eier«, gestand er.
»Jakob!«
»Nein, wirklich, Laureen. Ich bin ja so glücklich. Ich könnte dich abschlecken vor Glück!«
»Na endlich!« Sie nahm ihn an der Hand und zog ihn mit sich. Alle Papiere fielen zu Boden. Laureens Negligé auch. »Dem steht nicht das geringste im Wege, Sweetheart«, sagte Mrs. Fletcher.
45
Den Abschied von ihrem geliebten Gatten gestaltete Mrs. Laureen Fletcher auf Jakobs ausdrückliches Geheiß (»Daß es dir aber auch wirklich erstklassig das Herz zerreißt!«) in der Halle des HÔTEL DES CINQ CONTINENTS so herzzerreißend sie konnte, und das war eine Menge. Sie küßte Jakob ununterbrochen, während sie mit ihm zum Ausgang schritt. Das gesamte Personal war zutiefst gerührt. Mit Liebe kann man jeden Franzosen zutiefst rühren. Und darauf kam es jetzt an. Der Human touch! Der mußte nach Jakobs Plan von allem anderen ablenken. Wenn man seiner oder Laureens später gedachte oder über sie befragt wurde, dann durfte niemandem etwas anderes einfallen als die Erinnerung an diese übergroße Liebe!
Laureen war eine prächtige Partnerin. Gotterbärmlich schluchzte sie im Taxi, das sie beide zum Bahnhof brachte. Sie heulte auf der Gare du Nord wie ein Schloßhund. Sie klammerte sich an Jakob und barmte bitterlich. Bahnpolizisten, Zugpersonal und sehr viele Reisende betrachteten das so interessante Paar voller Wohlwollen.
»Wie lange wird das Ganze dauern, Darling?«
»Eine Woche vielleicht«, sagte der Darling, »oder zehn Tage.«
»Nein! Das ertrage ich nicht! Das ertrage ich nicht!« Jetzt – Jakob bemerkte es voller Entsetzen – weinte Laureen echt! Verflucht, dachte Jakob, das Luder wird sich doch nicht in mich verknallt haben? Ich meine, verstehen könnte ich es ja. Aber dann hätte ich ja schon wieder eine am Hals …
»Sweetheart«, sagte er, ihren bebenden Rücken streichelnd, indessen sie sich an ihn preßte, »du mußt jetzt vernünftig sein. Zweihunderttausend Dollar verdient man nicht im Bett … äh, im Schlaf, wollte ich sagen!«
46
Von Paris bis Brüssel sind es zweihundertachtundneunzig Kilometer.
Dazwischen liegt die Grenze. Polizei- und Zollbeamte kontrollierten Jakobs amerikanischen Paß auf den Namen Jerome Howard Fletcher und fanden nichts zu bemängeln. Mein lieber Freund Josef Mader, der Münchner Fälscher, ist wirklich Weltklasse, dachte Jakob frohen Mutes. Ich darf nicht vergessen, ihm ein paar Dosen Schmalz mit genug Zwiebeln und feinen Grieben mitzubringen.
Auch in den vielen Gepäckstücken fand sich nichts, was die Zöllner zu beanstanden gehabt hätten. Sie wünschten Mr. Fletcher eine angenehme Reise. Mr. Fletcher dankte. Die erste Station auf belgischem Gebiet hieß Frameries.
In Frameries stieg Jakob aus. Zwei Träger transportierten seinen Schweinslederkofferberg durch das Bahnhofsgebäude auf den Platz davor.
Unter einem verschneiten Baum am Ende des Platzes stand ein Bentley mit französischer CD -Nummer. Die Scheinwerfer flammten auf, der Wagen kam angesummt und hielt. Der abnorm häßliche Handelsattaché Amadeo Juarez mit dem abnormen Frauenverschleiß stieg aus. Die Gepäckträger verstauten Jakobs Koffer. Zum Glück war es ein großer Bentley. Jakob entlohnte die Träger. Die Träger verbeugten sich geradezu ehrfürchtig. Wieder zuviel Trinkgeld, dachte Jakob verärgert. Aber schon war die Rechtfertigung da: Warum sollen die armen Hunde, die sich für mich abmühen, nicht auch eine Freude haben? (Solch Alibi brachte es mit sich, daß Jakob niemals davon zu heilen war, viel zu hohe
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