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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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nicht annähernd so gewonnen wie Frankreich, sinnierte Jakob.
    »Auch auf kulturellem Gebiet ist alles in Ordnung …« Der Taxichauffeur war äußerst gesprächig. »Sartre, Anouilh, Wilder …«
    Keine Ahnung, wer die Herren sind, dachte Jakob. Nie gehört. Schieber offenbar nicht. Er sagte: »Großartig!«
    »Und ›Egmont‹!« Der Chauffeur kam immer mehr in Fahrt. »›Don Giovanni‹ und ›Tristan‹ sind zu erwarten – mit österreichischen Solisten! Ah, und Schönberg! Lieben Sie die deutsche Musik auch so sehr?«
    Fragen kann ein Mensch stellen!
    »Hm …«
    »Fast den ganzen Tag hören Sie deutsche Musik im Radio – von Bach bis Reger, alles! Wenn Sie amerikanischen Jazz wollen, müssen Sie einen deutschen Sender wählen …« Jakob döste sanft, bis das Taxi hielt.
    Aus dem Innern des PLAZA kamen Hausdiener und Portiers geeilt. Bei der Reception wieselten Herren um Jakob herum. Der Name Miguel Santiago Cortez schien allenthalben einen märchenhaften Klang zu haben. Na, wartet mal, bis ich meinen Krieg gewonnen habe, dachte Jakob. Der Klang von meinem Namen dann!
    »Appartement dreihundertsieben, Señor Cortez – das schönste unseres Hauses!«
    »Haben wir sofort für Sie reserviert, nachdem Ihr Pariser Büro anrief.« (Braver Franzl.)
    »Es ist Post für Sie da, Señor Cortez!« (Brave Laureen.)
    Der weltberühmte (falsche) Cortez, der in Wahrheit ein armes Landserschwein gewesen war, steckte Expreßbriefe und größere Kuverts lässig in die Tasche seines Flanellmantels. Der Hoteldirektor persönlich brachte ihn nach oben. Jakob überlegte: Kann man einem derartigen Gentleman Geld geben? Wird er es ablehnen? Ein so imposanter Mann! Der so imposante Mann nahm mit tausend Dank. Von diesem Moment an war Jakob davon überzeugt: Es gibt keinen Menschen auf der Welt, dem man
kein
Geld geben darf. Vielleicht mit Ausnahme des Heiligen Vaters. Er sollte noch daraufkommen, daß auch …
    Er badete.
    Er saß im Salon still vor einem anderen herrlichen Louis- XV -Schreibtisch (ohne eine Ahnung davon zu haben, daß es ein Louis- XV -Schreibtisch war) und räusperte sich ein paarmal, um für seine Rolle als Milliardär fit zu sein. Dann wählte er die Nummer, die der Handelsattaché auf die Rückseite des Fotos des Herrn Robert Rouvier geschrieben hatte. Er verabredete sich – man sprach Englisch – mit Rouvier für den nächsten Vormittag im Hotel. Rouvier äußerte ungeheure Freude darüber, mit einem Mann wie Miguel Santiago Cortez ins Geschäft zu kommen.
    Zufrieden ging Jakob schlafen, nachdem er noch einmal sein Prachtappartement inspiziert hatte. Das Ding konnte sich sehen lassen, wahrhaftig! Unser Freund schlief sehr unruhig in dieser Nacht. Immer wieder schreckte er aus gräßlichen Alpträumen auf. In ihnen sprachen mit ihm vertraulich Herren, die er nicht kannte, nie gesehen hatte, von denen er nicht das geringste wußte. Die Herren hießen Egmont Wilder, Reger Anouilh, Giovanni Sartre und Don Schönberg …

47
    »Hören Sie, lieber Monsieur Rouvier, es ist eigentlich für den Moment nur eine Gefälligkeit, um die ich Sie bitten möchte«, sagte Jakob zu dem Brüsseler Monsterschieber. Der saß ihm in dem prachtvollen Salon von Jakobs Appartement im Hotel PLAZA gegenüber, rank, schlank, glänzend gekleidet, griechisch edle Gesichtszüge, exotische feuchte Glutaugen mit langen Wimpern.
    »Was immer ich für Sie tun kann, Señor Cortez … es ist mir eine Ehre und Freude, Sie persönlich kennenzu …«
    »Mir auch. Ich bin erst gestern angekommen, verstehen Sie.« Mit einer weiten Armbewegung umrundete Jakob den Salon solcherart, daß der Schreibtisch und die vielen Aktienofferten und Industriekataloge dem Schieber ins Auge stechen mußten (und stachen). »Ich denke, ich werde hier in ein solides Unternehmen … äh, einsteigen. Für den Moment brauche ich etwas Kleingeld. Haha. Sie verstehen? Könnten Sie mir – reiner Freundschaftsdienst von Ihnen, ich weiß, das bringt Ihnen nichts ein, aber wie gesagt, ich bin eben erst angekommen –, könnten Sie mir wohl ein paar Dollar wechseln?«
    »Mit Freuden, Señor Cortez. Wieviel darf’s denn sein?«
    »Ach, nur ein Klacks. Sagen wir, vielleicht fünftausend?«
    Der traumhaft schöne Rouvier sprach mit Betonung: »Ich wechsle Beträge in jeder Höhe, Señor Cortez. Auch in der höchsten. Ich stehe Tag und Nacht zu Ihrer Verfügung, wenn Sie … ich meine, wenn Sie später mehr …«
    »Ja, natürlich, gewiß. Ich muß Ihnen aber

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