Hutch 05 - Odyssee
und eine bittere Enttäuschung für Millionen von Menschen überall auf der Welt, die gehofft hatten, vermutlich sogar erwartet hatten, wenigstens ein bisschen Gestrüpp zu entdecken.
Die nächste große Hoffnung war Europa.
Lange Zeit hatte man geglaubt, in ihren Ozeanen könnte Leben zu finden sein, das sich sicher unter den mehr als zwanzig Kilometer dicken Eisschichten verberge. Es gab flüssiges Wasser, das durch die Gezeitenwirkung vergleichsweise warm gehalten wurde.
In der dritten Dekade des einundzwanzigsten Jahrhunderts wurde eine vollautomatische Mission gerüstet. Die Sonde bohrte sich durch die Eisschicht, fand aber weder Leben noch einen Hinweis darauf, dass je welches existiert hatte.
Eine Weile wurde über lebensspendende Substanzen auf Kometen diskutiert, aber auch diese Theorie konnte nie bestätigt werden. Und so wurde im Lauf des Jahrhunderts offensichtlich, dass das Solarsystem mit Ausnahme der Erde leblos war. Spektrografische Analysen planetarischer Atmosphären in nahen Sternsystemen lieferten keine Hinweise auf einen Sauerstoff-Kohlendioxid-Kreislauf. Zu jener Zeit glaubte niemand ernsthaft daran, die Menschen würden das Solarsystem je verlassen. Und als dann, kurz nach seinem achtzigsten Geburtstag, SETI aufgegeben wurde, war es, als wäre das Buch über die Frage nach außerirdischem Leben zugeschlagen worden.
Dann, am Neujahrstag 2079, machte eine Sonde Aufnahmen von einer modellierten Figur auf dem Saturnmond Iapetus. Zuerst dachten die Forscher, es handele sich um etwas Ähnliches wie das Marsgesicht oder die Zickzackmauer auf Miranda, also um nichts weiter als eine Illusion. Aber eine bemannte Mission lieferte bald die elektrisierende Bestätigung, dass jemand das Saturnsystem besucht hatte. Die Figur war beängstigend, eine alptraumhafte Schöpfung aus Klauen, surrealen Augen und fließenden Muskeln. Gleichermaßen humanoid und reptilartig, wie ein Ding aus einer Geisterbahn, und doch fand sich eine stille Sanftmut in ihren Zügen. Ihr Alter wurde auf etwa zehntausend Jahre geschätzt.
Ein Satz Abdrücke im Staub deutete darauf hin, dass es sich um ein Selbstportrait handelte.
Deren Ursprung aber blieb während des überwiegenden Teils eines ganzen Jahrhunderts ein Geheimnis. Bis Ginny Hazeltine bewies, dass überlichtschnelles Reisen entgegen der vorherrschenden Meinung doch möglich war. Und demonstrierte, wie es vollbracht werden konnte. Binnen zwei Jahren zogen die ersten Lichtschiffe, wie man sie nannte, aus nach Alpha Centauri und Lalande 8760, nach Epsilon Eridani und Prokyon. Diese Reisen stellten herausragende Erfolge dar, aber die Feierstimmung wurde erneut gedämpft, als sich herausstellte, dass auch hier kein Leben zu finden war.
Besonders enttäuschend war, dass bei Lalande und Prokyon terrestrische Welten entdeckt wurden, mit Ozeanen und warmem Sonnenlicht. Und nicht ein Grashalm wollte sich entdecken lassen. Für eine Weile kehrte der Glaube, die Menschen wären die Begünstigten einer besonderen Schöpfung, zurück. Die Figur auf Iapetus geriet in vielen Köpfen zur Falschmeldung. Andere glaubten, sie sei von diabolischen Mächten zurückgelassen worden. Und die Vorstellung, die Menschen wären allein im Universum, gewann wieder an Akzeptanz.
Die fünfte Expedition führte nach Alpha Cephei, wo zwei terrestrische Planeten innerhalb der Biozone entdeckt wurden. Aus dem Orbit sahen beide steril aus. Und tatsächlich gab es auf Cephei IV kein Leben. Aber die Schwesterwelt erwies sich als Hauptgewinn.
Sie wimmelte vor Leben. Es waren Einzeller, aber sie waren da! Ein halbes Jahrhundert danach debattieren die Wissenschaftler immer noch darüber, wie es möglich sein konnte, dass zwei Welten mit übereinstimmenden Umweltbedingungen in einer Biozone existierten, Leben sich aber nur auf einer von beiden entwickelte.
Als die Salvator in dem historischen System eintraf, dachte MacAllister an diese erste Expedition und fragte sich, was genau die Menschen zu ihren Bemühungen trieb, anderenorts nach Leben zu suchen. Er hatte dieses Trachten nach fremden Lebensformen schon früh als infantil abgetan. Seine Haltung war absolut rational: Wir sind besser dran, wenn wir Abstand zu sämtlichen wie auch immer gearteten Nachbarn hielten. Gott habe die Dinge schon richtig gemacht, hatte Mac einmal geschrieben, als Er so große Entfernungen zwischen die technisierten Gesellschaften gelegt habe, sowohl in zeitlicher wie in räumlicher Hinsicht.
»Da ist er«, sagte Valya und
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