Hutch 06 - Hexenkessel
der das Kraftfeld das Gesicht bedeckte, war, dass man sich nicht mal eben über die Augen fahren konnte.
Als Hutch sich wieder im Griff hatte, stand sie auf. »Geht es euch gut?«, fragte sie.
»Wir sind okay«, antwortete Matt. Hutch hatte eine Rhino-Gun in der Hand. »Wo ist Jon?«
»Auf der McAdams. Ich hatte keine Zeit, ihn abzuholen.« Sie blickte den Berghang hinauf, musterte den eingestürzten Turm, sah dann Antonio an. Sie versuchte, noch etwas zu sagen. Und schließlich brachte sie es heraus: »Ist es schnell gegangen?«
Matt nickte.
Darüber hinaus sagte sie nicht viel. Dankte Matt und Antonio. Umarmte sie. Und schlug schließlich vor, hier keine unnötige Zeit zu vergeuden. Sie öffneten die Frachtluke und hoben Rudy hinein.
Als sie wieder auf der McAdams waren, froren sie Rudys Leiche ein und brachten sie in den Lagerraum. Als Captain des Schiffs, auf dem er Passagier gewesen war, als langjährige Freundin, würde Hutch die Beisetzung vornehmen. Sie hatte sogar eine Captainsuniform mitgenommen, obwohl sie nicht damit gerechnet hatte, sie je anlegen zu müssen.
Im Zuge der Zeremonie wurde Hutch bewusst, wie wenig sie eigentlich über Rudy wusste. Sie wusste von seiner Leidenschaft für interstellare Forschung, von seinem lang gehegten Wunsch, eine außerirdische Kultur zu finden, mit der eine Kommunikation möglich wäre. Sie kannte seine politische Einstellung, seine Verachtung für eine Regierung, die, aus seinem Blickwinkel, den endlosen Kampf gegen Treibhausgase als Ausrede benutzt hatte, um die Finanzierung der Akademie einzustellen. Aber sein eigentliches Ich, seine private Seite, war Hutch all die Jahre hindurch verborgen geblieben. Sie hatte beispielsweise trotz seiner Anfänge als Seminarist keine Ahnung, ob er noch immer einer offiziellen Religion angehört hatte. Angesichts diverser Kommentare, die er zu diesem Thema über die Jahre hinweg abgegeben hatte, bezweifelte sie es allerdings. Sie wusste nicht, warum seine Frauen ihn verlassen hatten. Er war ein attraktiver Mann gewesen, sympathisch, ausgestattet mit Sinn für Humor. Im Zuge ihrer langjährigen Bekanntschaft war dann und wann eine Frau in Erscheinung getreten, aber Rudy schien wohl nie eine echte Beziehung zu einer dieser Frauen aufgebaut zu haben. Zumindest keine, von der Hutch gewusst hätte.
Er war ein bescheidener Mensch gewesen, ein guter Freund, ein Mann, auf dessen Unterstützung sie immer hatte zählen können, wenn sie sie gebraucht hatte. Was konnte man von einem Menschen mehr erwarten?
Rudy hatte einen Bruder in South Carolina und eine Schwester in Savannah. Der Schwester war Hutch vor Jahren einmal begegnet. Sie wünschte, es wäre möglich, mit seinen Geschwistern zu sprechen, sie zu informieren. Aber Hutch würde warten müssen, bis sie wieder zu Hause waren, was bedeutete, dass sein Tod bis dahin ihr Dasein überschatten würde.
Als Hutch ihre Rede vor den anderen begann, als sie ansetzte zu erklären, warum Rudy so ein wertvoller Mensch gewesen sei, stellte sie überrascht fest, dass ihre Stimme zitterte. Sie musste mehrfach abbrechen. Wieder und wieder versuchte sie, sich so unauffällig wie möglich die Tränen aus den Augen zu wischen, und schließlich sprudelte alles aus ihr heraus. Rudy stehe für all die Dinge, an die sie selbst glaube. Er habe sich nie gedrückt, obwohl er andere Laufbahnen hätte einschlagen können, Laufbahnen, die weitaus lukrativer gewesen wären als die Leitung der Foundation. Und am Ende habe er alles geopfert, ein halbwegs geregeltes Eheleben, den Respekt seiner Kollegen und schließlich sogar sein Leben selbst. Das alles habe er hingegeben für seine Überzeugung, dass den Menschen Größeres bestimmt sei, als nur zu Hause auf der Veranda zu sitzen.
Antonio sagte nur, dass er Rudy gemocht, sich in seiner Gesellschaft wohlgefühlt habe und ihn vermissen werde.
Jon drückte seine Anerkennung für Rudys Unterstützung aus. »Ohne ihn«, sagte er, »hätten wir gar nicht hierherkommen können.«
Matt begann seine Rede für Rudy mit der Feststellung, dass er Rudy nur kurze Zeit gekannt habe. Überraschend für die anderen drei dankte er ihm dafür, dass er ihm etwas gegeben habe, wofür es sich zu leben lohne. Und am Ende gab er sich die Schuld an seinem Tod. »Ich habe das Ende der Treppe nicht im Auge behalten. Die Stufen waren so schwer zu bewältigen. Das Vieh tauchte einfach aus dem Nichts auf. Und ich geriet in Panik. Er hat sich auf mich verlassen, und ich geriet in
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